Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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ja er­gieb, Grau­sams­ter Feind, Mir – dich! – – Da­von! Da floh er sel­ber, Mein letz­ter ein­zi­ger Ge­noss, Mein gros­ser Feind, Mein Un­be­kann­ter, Mein Hen­ker-Gott! – – Nein! Komm zu­rück, Mit al­len dei­nen Mar­tern! Zum Letz­ten al­ler Ein­sa­men Oh komm zu­rück! All mei­ne Thrä­nen-Bä­che lau­fen Zu dir den Lauf! Und mei­ne letz­te Her­zens-Flam­me – Dir glüht sie auf! Oh komm zu­rück, Mein un­be­kann­ter Gott! Mein Schmerz! Mein letz­tes – Glück!

      2

      – Hier aber konn­te sich Za­ra­thustra nicht län­ger hal­ten, nahm sei­nen Stock und schlug mit al­len Kräf­ten auf den jam­mern­den los. »Halt ein! schrie er ihm zu, mit in­grim­mi­gem La­chen, halt ein, du Schau­spie­ler! Du Falsch­mün­zer! Du Lüg­ner aus dem Grun­de! Ich er­ken­ne dich wohl!

      Ich will dir schon war­me Bei­ne ma­chen, du schlim­mer Zau­be­rer, ich ver­ste­he mich gut dar­auf, Sol­chen wie du bist – ein­zu­hei­zen!«

      – »Lass ab, sag­te der alte Mann und sprang vom Bo­den auf, schla­ge nicht mehr, oh Za­ra­thustra! Ich trie­b’s also nur zum Spie­le!

      Sol­cher­lei ge­hört zu mei­ner Kunst; dich sel­ber woll­te ich auf die Pro­be stel­len, als ich dir die­se Pro­be gab! Und, wahr­lich, du hast mich gut durch­schaut!

      Aber auch du – gabst mir von dir kei­ne klei­ne Pro­be: du bist har­t, du wei­ser Za­ra­thustra! Hart schlägst du zu mit dei­nen »Wahr­hei­ten,« dein Knüt­tel er­zwingt von mir – die­se Wahr­heit!«

      – »Schmeich­le nicht, ant­wor­te­te Za­ra­thustra, im­mer noch er­regt und fins­ter­bli­ckend, du Schau­spie­ler aus dem Grun­de! Du bist falsch: was re­dest du – von Wahr­heit!

      Du Pfau der Pfau­en, du Meer der Ei­tel­keit, was spiel­test du vor mir, du schlim­mer Zau­be­rer, an wen soll­te ich glau­ben, als du in sol­cher Ge­stalt jam­mer­test?«

      »Den Büs­ser des Geis­tes, sag­te der alte Mann, den – spiel­te ich: du sel­ber er­fan­dest einst diess Wort –

      – den Dich­ter und Zau­be­rer, der ge­gen sich sel­ber end­lich sei­nen Geist wen­det, den Ver­wan­del­ten, der an sei­nem bö­sen Wis­sen und Ge­wis­sen er­friert.

      Und ge­steh es nur ein: es währ­te lan­ge, oh Za­ra­thustra, bis du hin­ter mei­ne Kunst und Lüge kamst! Du glaub­test an mei­ne Noth, als du mir den Kopf mit bei­den Hän­den hiel­test, –

      – ich hör­te dich jam­mern »man hat ihn zu we­nig ge­liebt, zu we­nig ge­liebt!« Dass ich dich so­weit be­trog, dar­über frohlock­te in­wen­dig mei­ne Bos­heit.«

      »Du magst Fei­ne­re be­tro­gen ha­ben als mich, sag­te Za­ra­thustra hart. Ich bin nicht auf der Hut vor Be­trü­gern, ich muss ohne Vor­sicht sein: so will es mein Loos.

      Du aber – musst be­trü­gen: so weit ken­ne ich dich! Du musst im­mer zwei- drei- vier- und fünf­deu­tig sein! Auch was du jetzt be­kann­test, war mir lan­ge nicht wahr und nicht falsch ge­nung!

      Du schlim­mer Falsch­mün­zer, wie könn­test du an­ders! Dei­ne Krank­heit wür­dest du noch schmin­ken, wenn du dich dei­nem Arz­te nackt zeig­test.

      So schmink­test du eben vor mir dei­ne Lüge, als du sprachst: »ich trie­b’s also nur zum Spie­le!« Es war auch Ernst dar­in, du bist Et­was von ei­nem Büs­ser des Geis­tes!

      Ich er­rat­he dich wohl: du wur­dest der Be­zau­be­rer Al­ler, aber ge­gen dich hast du kei­ne Lüge und List mehr üb­rig, – du sel­ber bist dir ent­zau­bert!

      Du ern­te­test den Ekel ein, als dei­ne Eine Wahr­heit. Kein Wort ist mehr an dir ächt, aber dein Mund: näm­lich der Ekel, der an dei­nem Mun­de klebt.« – –

      – »Wer bist du doch! schrie hier der alte Zau­be­rer mit ei­ner trot­zi­gen Stim­me, wer darf also zu m i r re­den, dem Gröss­ten, der heu­te lebt?« – und ein grü­ner Blitz schoss aus sei­nem Auge nach Za­ra­thustra. Aber gleich dar­auf ver­wan­del­te er sich und sag­te trau­rig:

      »Oh Za­ra­thustra, ich bin’s müde, es ekelt mich mei­ner Küns­te, ich bin nicht gross, was ver­stel­le ich mich! Aber, du weisst es wohl – ich such­te nach Grös­se!

      Ei­nen gros­sen Men­schen woll­te ich vor­stel­len und über­re­de­te Vie­le: aber die­se Lüge gieng über mei­ne Kraft. An ihr zer­bre­che ich.

      Oh Za­ra­thustra, Al­les ist Lüge an mir; aber dass ich zer­bre­che – diess mein Zer­bre­chen ist ächt!« –

      »Es ehrt dich, sprach Za­ra­thustra düs­ter und zur Sei­te nie­der­bli­ckend, es ehrt dich, dass du nach Grös­se such­test, aber es ver­räth dich auch. Du bist nicht gross.

      Du schlim­mer al­ter Zau­be­rer, das ist dein Bes­tes und Red­lichs­tes, was ich an dir ehre, dass du dei­ner müde wur­dest und es aus­sprachst: »ich bin nicht gross.«

      Da­rin ehre ich dich als einen Büs­ser des Geis­tes: und wenn auch nur für einen Hauch und Husch, die­sen Ei­nen Au­gen­blick warst du – ächt.

      Aber sprich, was suchst du hier in mei­nen Wäl­dern und Fel­sen? Und wenn du mir dich in den Weg leg­test, wel­che Pro­be woll­test du von mir? –

      – wess ver­such­test du mich?« –

      Also sprach Za­ra­thustra, und sei­ne Au­gen fun­kel­ten. Der alte Zau­be­rer schwieg eine Wei­le, dann sag­te er: »Ver­such­te ich dich? Ich – su­che nur.

      Oh Za­ra­thustra, ich su­che einen Äch­ten, Rech­ten, Ein­fa­chen, Ein­deu­ti­gen, einen Men­schen al­ler Red­lich­keit, ein Ge­fäss der Weis­heit, einen Hei­li­gen der Er­kennt­niss, einen gros­sen Men­schen!

      Weisst du es denn nicht, oh Za­ra­thustra? Ich su­che Za­ra­thustra

      – Und hier ent­stand ein lan­ges Still­schwei­gen zwi­schen Bei­den; Za­ra­thustra aber ver­sank tief hin­ein in sich sel­ber, also dass er die Au­gen schloss. Dann aber, zu sei­nem Un­ter­red­ner zu­rück­keh­rend, er­griff er die Hand des Zau­be­rers und sprach, vol­ler Ar­tig­keit und Ar­g­list:

      »Wohl­an! Dort hin­auf führt der Weg, da liegt die Höh­le Za­ra­thustra’s. In ihr darfst du su­chen, wen du fin­den möch­test.

      Und fra­ge mei­ne Thie­re um Rath, mei­nen Ad­ler und mei­ne Schlan­ge: die sol­len dir su­chen hel­fen. Mei­ne Höh­le aber ist gross.

      Ich sel­ber frei­lich – ich sah noch kei­nen gros­sen Men­schen. Was gross ist, da­für ist das Auge der Feins­ten heu­te grob. Es ist das Reich des Pö­bels.

      So Man­chen fand ich schon, der streck­te und bläh­te sich, und das Volk schrie: »Seht da, einen gros­sen Men­schen!« Aber was hel­fen alle Bla­se­bäl­ge! Zu­letzt fährt der Wind her­aus.

      Zu­letzt platzt ein Frosch, der sich zu lan­ge auf­blies: da fährt der Wind her­aus. Ei­nem Ge­schwoll­nen in den Bauch ste­chen, das heis­se ich eine bra­ve Kurzweil. Hört das, ihr Kna­ben!

      Diess Heu­te ist des Pö­bels: wer weiss da noch, was gross, was klein ist! Wer such­te da mit Glück nach Grös­se! Ein Narr al­lein: den Nar­ren glück­t’s.

      Du suchst nach gros­sen Men­schen, du wun­der­li­cher Narr? Wer lehr­te’s dich? Ist heu­te dazu die Zeit? Oh du schlim­mer Su­cher,