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Liebesbriefe großer Frauen


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Angelika auf Wunsch ihres Vaters, der nicht mehr lange zu leben hatte, den fünfzehn Jahre älteren Maler Antonio Zucchi und kehrte mit ihm zurück nach Rom, das sie als ihre eigentliche Heimat betrachtete. Ihr Haus wurde bald zu einem kulturellen Zentrum der Stadt; eine Italienreise, wie sie die großen und nicht so großen Geister der Zeit so gerne unternahmen, war nicht vollständig ohne einen Besuch bei Angelika Kauffmann. Auch Johann Wolfgang von Goethe fand den Weg zu ihr. Zwischen den beiden entwickelte sich eine enge künstlerische Freundschaft; Goethe nahm bei Angelika Zeichenunterricht, sie illustrierte eine Reihe seiner Werke und schien ein so großes Verständnis für sein Schaffen aufzubringen wie nur wenige sonst. Ob das Verhältnis zwischen Angelika und Goethe über Freundschaft hinausging, ist schwer zu sagen. Er nannte sie »Engel« und schrieb über sie: »Man muss ihr Freund sein.« Ihre Verehrung und Liebe für ihn übertrifft wohl alles, was sie für die Männer in ihrem Leben empfand, mit denen sie auf konventionellere Art und Weise verbunden war.

      Rom, den 10. Mai 88

      Teurer Freund!

      Ihr Abschied von uns durchdrang mir Herz und Seele, der Tag Ihrer Abreise war einer der traurigen Tage meines Lebens. […] Mir träumte vor ein paar Nächten, ich hätte Briefe von Ihnen empfangen, und war getröstet und sagte, es ist gut, dass er schreibt, sonst wär ich halb aus Wehmut gestorben. Mich vergnügt, zu wissen, dass Sie wohl sind, der Himmel erhalte Sie immer so. Ich lebe so ein trauriges Leben, in einer Art von Gleichgütigkeit, weil ich nicht sehen kann, was ich zu sehen wünsche, ist mir alles eins, was ich sehe oder wen ich sehe. […] Die Sonntage, auf die ich mich sonst so sehr gefreut, haben sich in traurige Tage verändert, und sie sagen, die Sonntage kommen nicht wieder, das will ich nicht hoffen. Das Wort Nicht-Wieder-Kommen tönt zu hart […]. Ihr kleiner Feigenbaum steht nun in meinem Garten, das ist nun meine liebste Pflanze. Noch etwas habe ich, das ich Ihnen gewidmet, ehe denn es mein war, die Figur, von der ich Ihnen gesprochen, die Muse; nur fehlt mir an sicherer Gelegenheit, sie Ihnen zu schicken. Zu dem werden Sie mir verhelfen, denn mir wär es leid, wenn sie sollte verloren gehen.

      Befehlen Sie mir in allem, was ich Ihnen dienen kann, gönnen Sie mir doch das einzige Vergnügen, von Ihnen zu hören; wenn ich weiß, dass Sie wohl und vergnügt sind, so will ich versuchen, mit meinem Schicksal zufrieden zu sein.

      Angelica

      Rom, den 5. Aug. 88

      Schon wieder Träume, werden Sie

      sagen – aber ich weiß, Sie ver-

      zeihen mir. –

      Mir träumte verwichne Nacht, Sie waren wiedergekommen, ich sah Sie von ferne – und eilte Ihnen entgegen bis zur Haustüre, fasste Ihre beiden Hände, die ich so fest an mein Herz gedrückt, dass ich davon erwachte, und ich war böse auf mich, dass ich mein geträumtes Glück zu lebhaft gefühlt und mir selbst dadurch das Vergnügen abgekürzt. […]

      Ich lebe so das Leben, in Hoffnung eines besseren Lebens – nun etwas von der Kunst – – –

      – – – Mein Porträt oder besser zu sagen das Gemälde, das ich für die Galerie in Florenz gemacht habe, ist gütigst aufgenommen worden, vor ein paar Tagen hat ich Briefe, dass man mich in sehr gutes Licht und neben einen ernsthaften Mann gestellt, nichts weniger als Michel Angiolo Buonarroti – ich wünschte, in Werken neben ihm stehen zu dürfen, aber er ist zu fürchterlich.

      Rom, den 1. Nov. 1788

      Wissen Sie wohl, mein treuer Freund, ich komme nach Weimar – […] das glückliche Weimar, das, seitdem das Glück mir gegönnt, Sie zu kennen, ich so beneidet habe, wo ich mich mit Gedanken so oft und so gerne aufhalte. Sollte ich das sehen und Sie da sehen, o schöner Traum! Doch noch bevor die Reise angeht, hoffe ich, Sie noch einmal in Rom zu sehen. Indessen habe ich Ihnen zu danken, mein bester Freund, dass die Frau Herzogin [Anna Amalia] sich so gnädig gegen mich erzeigt. Diese gnädige Fürstin hat meine Wohnung schon verschiedene Male beehrt und erlaubt mir, zu ihr zu kommen. Wie oft wird von Ihnen gesprochen, und welche Freude fühle ich in meiner Seele. Vor einigen Abenden gingen Ihre Durchlaucht mit der ganzen Gesellschaft, nämlich Herr Baron von Dalberg, die Frau von Sedendort, Herr Herder nach dem Museum. Zucchi und ich hatten die Ehre, auch mitzukommen. Das war für mich ein großes Fest, aber mir fehlte noch etwas, mein Vergnügen vollkommen zu machen, Ihr Name erschallte im Saale der Musen, ich sah mich um und sehe Sie, aber nur im Geiste.

      Rom, den 23. Mai 1789

      --- Den 19. sind Ihre Durchlaucht wieder von hier abgereist, den Sommer in Neapel zuzubringen, mir scheint der Genuss so guter Nachbarschaft ein Traum zu sein, von dem ich zu früh erwacht. Und lebe wieder in meiner Einsamkeit so traurig – auch der gute und vortreffliche Herder ist abgereist, wünschte, er wäre schon bei den Seinigen, die ich ehre und liebe. Heute vor 14 Tagen war ich noch mit der respektabeln Gesellschaft in Tivolu, in der Villa D’este. Unter den großen Zypressen hat Herr Herder uns den übersandten Teil von Ihrem Tasso vorgelesen; mit welchen Vergnügen ich zugehört, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich denke, es ist unter Ihren schönen Werken eines der schönsten, wer kann ein so vortreffliches Musterstück sehen, ohne begierig zu werden nach dem Ganzen – Herr Herder hat mir die Schrift gelassen. Habe ihm auch recht herzlich dafür gedankt.

      Längstens hätte ich Ihnen danken sollen für Ihre Schriften, achter Band, denn längstens hatte ich im Sinne, an Sie zu schreiben. Verzögerte aber aus Furcht, Sie möchten etwa sagen, ich schreibe zu oft. Mein Stillschweigen ist nicht Vergessenheit, wie kann man einen Freund vergessen, den man ehret, wie ich Sie ehre und immer ehren werde. Was meinen Fleiß anbelangt, der ist so wie gewöhnlich, aber wer ist fleißiger als Sie. Das Untersuchen und Schreiben mag wohl nützlicher sein als das Bilden, es ist schön, von allem eine Wissenschaft zu haben, und wer das tun kann, der tut sehr wohl – fahren Sie nur fort, zu genießen von allem dem, was Sie glücklich machen kann.

      Karoline Flachsland

       spätere Herder (1750-1809)

      an Johann Gottfried von Herder

      Karoline Flachsland, die spätere Ehefrau von Johann Gottfried von Herder, hatte eine schwere Jugend. Der Vater verstarb bald und ließ die Mutter mit vier Kindern zurück. Als der Geheimrat Hesse eine der älteren Töchter der Witwe Flachsland heiratete, nahm er Karoline und ihren Bruder Sigmund bei sich auf, ließ die beiden aber immer spüren, dass sie nichts anderes waren als Almosenempfänger. Es war jedoch in seinem Darmstädter Haus, dass Karoline 1770 den 26jährigen Theologen Herder kennenlernte. Die beiden von Sorgen geplagten jungen Leute schenkten sich sehr schnell ihr Herz, es kam jedoch zu keiner offiziellen Verlobung. Herder hatte nicht die Mittel, eine Familie zu ernähren, und selbst als er die Stellung als Konsistorialrat und Hofprediger in Brückeburg annahm, konnte er sich lange nicht entschließen, Karoline zu sich zu holen, so unzufrieden war er mit seiner Existenz in dem ›geistig armen‹ Provinzstädtchen. 1773 heirateten die beiden schließlich doch; unter den Hochzeitsgästen war Johann Wolfgang von Goethe, der das Paar dazu brachte, nach Weimar zu ziehen. Karoline von Herder, die ihrem Mann sieben Kinder schenkte, mag nicht die schillerndste der Weimarer Frauengestalten gewesen sein, und doch war sie eine der wichtigsten. Ohne ihre stille, aber tatkräftige Unterstützung ist der Dichter und Philosoph Herder, dessen Nachlass sie unermüdlich verwaltete, fast nicht denkbar. Am 15. Jahrestag ihrer Verlobung schrieb Herder an seine Karoline: »Heute ist der Tag unserer Verlobung im Geist, da ich Dir den ersten Brief brachte. Ich habe Dich tausendmal lieber, als da ich Dir ihn zitternd gab. O glaube es doch, glaube es mit Herz und Seele, Du vielgeprüfte, lieb-, aufopferungsreiche Heldenseele! Du hast mich zu allem gemacht.« Aus Karolines eigenen Briefen spricht eine Frau tiefen Gemüts, aber auch voller Witz und praktischem Verstand, die sich nicht scheut, ihren Herder mit einem guten Schuss Ironie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

      Frankfurt, gegen den 20. April 1771

      --- Unsere Briefe sollten die Geschichte unseres Herzens, unserer Gedanken und unseres Bestimmungskreises enthalten.

      Darmstadt, den 10. Mai 71

      Endlich der lang erbetene Brief von Bückeburg! Sie können nicht so nach meinem Briefe geschmachtet haben als ich nach diesem. Das ist eine fatale Post! 10 ganze Tage unterwegs.