ein Militär ist, dann soll er seine Ehre so blank halten wie seine Knöpfe mit dem Wappen seines Landesherrn, und kein Stäubchen soll er dulden, so wenig auf seiner Renommée als auf seiner Uniform. Es schickt sich nicht, ein Lump zu sein, und was sich nicht schickt, das mag Gott nicht in der Welt und der Oberst nicht im Regiment leiden. Glaubt’s, ihr Herren, es muss hinaus, wie es sich auch sperrt und wehrt – alles zu seiner Stunde, mag ihm längere oder kürzere Frist gegönnt sein. Stand also mit dem Herrn Baron von Glimmern in einer Kompanie in der wilden Zeit des Prinzen Reinald, und dem Baron hatte ich es zu verdanken, dass ich das Portepee und den Posten als Leutnant der Strafkompanie zu Wallenburg bekam, einen bösen Posten, den man eben nur an Leute unserer Art vergibt und der mir eben wie eine Kette mit eiserner Kugel an den Fuß gelegt wurde, obgleich er meiner Frau eine Seligkeit war, denn sie wuchs um einen Fuß über alle ihre Gevatterinnen hinaus. ’s ist aber nicht ihr und mir, sondern unserer Tochter halber geschehen, dass man uns so über unsern Stand erhöhte; der Herr Oberleutnant von Glimmern hatte sie in meinem Quartier, wo er sich gern und häufig in dienstlichen Angelegenheiten zu schaffen machte, kennengelernt, und es war ein reinliches, sauberes, hübsches Frauenzimmer, das steht fest; war aber bereits fest genug versprochen und hatte ihren Schatz lieb. Der Soldat soll nicht rechts und nicht links gaffen, sondern gradaus sehen, das hat sein Gutes für den Dienst, kann aber für den Menschen allerdings Unbequemlichkeiten mit sich bringen, und für mich brachte es diesmal das Allerschlimmste. Des Mädchens Bräutigam ist ein stattlicher, ehrlicher Bursch gewesen, ein Schreiber bei dem Gerichtsrat Fehleysen, hat alle Aussicht auf eine gute Versorgung gehabt und wäre auch wohl vom Militärdienst frei zu machen gewesen, wenn das in meinen Kopf gepasst hätte, allein es passte nicht. Ich setzte ihn auf, meinen eigensinnigen Kopf, und verlangte, der Adolf solle seine Zeit dienen so gut als jeder andere; denn es war meine Meinung, es könne eigentlich niemand ein ordentlicher Hausherr oder Hausvater sein, ohne vorher in Reih und Glied gestanden zu haben; und dass ich meinen Willen bekam, verstand sich von selber. Zur richtigen Zeit wurde der junge Mensch eingestellt; um die bösen Gesichter zu Hause kümmerte ich mich wenig, und in der Kompanie ging es, wie es sich gehörte, sodass der Junge mir von Tag zu Tage mehr ans Herz wuchs. Wir, das heißt der Herr Leutnant Fehleysen und ich, hatten ihn noch ein Halbjahr hier in der Residenz in der Zucht; dann kam meine Versetzung nach Wallenburg, und weil ich nun meinen Kopf in betreff des Adolfs aufgesetzt hatte, so setzte jetzt meine Frau ihren in betreff des Mädchens auf. Da bin ich zum ersten Mal in meinem Leben schwach und ein erbarmungswürdiger Narr gewesen; wir zogen ab, ich mit meinem Portepee und meine Frau mit sehr hoher Nase, und ließen das Kind hier zurück, und ich glaube, wenn meinem Weib die Hand, welche sie dem Mädchen zum Abschied gab, vom Arm gefallen wäre, sie hätte es nicht für eine üble Vorbedeutung genommen.
Die Herren kennen Wallenburg. Vor Anno dreizehn war das Ding eine Festung mit Wällen und Gräben, Vorwerken und bedeckten Wegen, kurz, allem Zubehör; davon sind heute nur ein paar Hügel und Wasserlachen und das Landeszuchthaus samt der Station der Strafkompanie übriggeblieben. Wer es wollte, konnte es sich in dem Nest ganz gemütlich machen, und also tat ich mit meiner Alten und meinen wilden Kerlen. Es war nämlich ein Dienst, der seine Meriten hat für einen, so sich mit Liebe an ihn hingibt, und weicher wird man nicht durch denselbigen. So wurde ich das Kind eher aus den Gedanken los, als sich schickte, bildete mir etwas ein auf meine Disziplin und nannte das, was andere anders nennen mochten, Pflichterfüllung. Ja, ich habe meine Pflicht erfüllt, nur meine Pflicht, nichts als meine Pflicht; kann’s kurz machen mit meinem Rapport, Herr Hagebucher. Acht Monate, nachdem ich meinen Posten angetreten hatte, grad als die Engländer, Türken und Franzosen ihren großen Krieg gegen den Russen anfingen, haben sie mir den Adolf dienstlich zugeführt: wegen Insubordination, stand im Zettel, und ich war natürlich wie ein wildes Tier, habe dem Jungen entgegengeflucht wie ein rechter Kannibale und ihm ins Gesicht zugeschworen, nie solle ein solcher Halunke, der seinem Stande, seiner Ehre und seinem Namen so große Schande antun könne, mein, des Leutnants Kind, Tochtermann werden. Das hat mich wohl gewundert, wie kalt er’s nahm, allein ich schob’s nur auf die unmenschliche sittliche Verderbtheit; denn der früher so alerte und helläugige Junge war wie ein Stück Stein, wie ein Klotz, sagte, es sei gut, alles sei ihm schon recht, und das Totschießen wär ihm ’s liebste. Hätt ich oder mein Weib den unglückseligen Tropf nur zu behandeln gewusst, so wär wohl noch alles gutzumachen gewesen, aber zwei Gänse können nicht dümmer sein, als wir zwei Alte waren. Ja, nachher, als wir uns die Haare zu raufen hatten, sind wir klug genug gewesen; denn was hat der Narr gemeint? Geglaubt hat er, es sei ein abgekartet, niederträchtig Spiel gewesen mit der Leutnantsschaft zu Wallenburg und dem Abzuge aus der Residenz; geglaubt hat er, der Feldwebel Kind habe seine Seele und seiner Tochter Leib für ein Paar Epauletten an den Satan verkauft. Pfui Teufel, Teufel! Sehet, ihr Herren, da hängt der Degen mit der silbernen Troddel über meinem Bett, und ich sage euch, wer an der Schlafsucht leidet, der mag sich unter das Wahrzeichen legen und von dem träumen, was ich noch zu rapportieren habe. Sind also der Adolf und ich einander gegenübergestanden, und hat jeder auf den anderen mit den Zähnen geknirscht und ihn zwischen den Zähnen eine Kanaille geheißen, bis zum nächsten durchlauchtigsten Namenstage. Der Herr – van der Mook kennt die Gewohnheit und Sitte; dem Herrn Hagebucher will ich sie sagen. An diesem durchlauchtigsten Namenstag wird nämlich immer dieser oder jener von den in die Strafkompanie Eingestellten, so es nicht zu arg machte, wieder in Gnaden gesetzt, und so auch das Mal. Kommt also der Herr Baron von Glimmern als Adjutant mit Extrapost aus der Hauptstadt nach Wallenburg, die Liste zu verlesen, und steigt natürlich in meinem Quartier ab. Wir frühstücken miteinander, und meine Alte weiß nicht wohin aus Seligkeit über die Ehre; und der Herr Baron sind affabel und heiter genug, bringen Grüße von unserm Kinde und diskurrieren aufs freundschaftlichste von allem, was der Tag gibt. Nachher rücken wir aus in den Hof der Kaserne, blank und propre, und ich denke auch, es ist mein Ehrentag und ich kann Ehre mit allem einlegen, außer meinem Familienunglück, dem verbissenen, dummtrotzigen Adolf. Gut, da steht der Adjutant in Gala vor der Front, meine Kerle stehen wie die Bilder, und jeder meiner Unteroffiziere hat nach dem Reglement die Kugel im Lauf. Der Tambour schlägt seinen Wirbel, der Herr von Glimmern sagt, was unter diesen Umständen immer gesagt wird, entfaltet sein Schreiben, liest seine Namen, und der feierliche Moment soll mit einem dreimaligen Vivat auf den allergnädigsten Landesherrn, welches der Adjutant auszubringen hat, zu Ende kommen. Das ist geschehen; – ich kommandiere Präsentiert ’s Gewehr!, der Tambour wirbelt zum zweiten Mal, und die Kompanie schreit dreimal hurra, alles nach dem Reglement. Das Reglementswidrige kam erst nach dem dritten Ruf; denn da ist der Adolf aus dem Glied vorgesprungen, hat auch scharf geladen gehabt, legt auf den Herrn Baron an und drückt