Klippen. Wie der Wind durch die Felsenritzen pfeift, und das Moos am Abhang flüstert! Alles so ruhig, die ganze Gegend in feierlicher Stille. – Auf dieser Felsenbank sollen sie sich versammeln. – Ein verirrter Mondstrahl wandelt durch die schwarzhangenden Wolken, meine Freunde werden mich hier finden. – er bläßt auf einem kleinen Horn. Wie der Ton über die Felsen hinfliegt! – Sie kommen! Ihre leisen Tritte dröhnen durch die gewundenen Klippengänge.
Zweite Scene
OMAL. SCHADDIN. RUNWAL. Mehrere INDIANER.
OMAL. Setzt Euch, Freunde. – Sie setzen sich auf den Steinsitzen umher. Oedes, nächtliches Schweigen liegt um uns her, eine heilige Einsamkeit begeistert die Seele zu erhabenen Gedanken, dies ist die Zeit der Rathschläge. – Diese Klippen tragen uns hoch in die Lüfte hinauf, hier sind wir den unsterblichen Göttern näher: verhüllt Eure Häupter und betet in schweigender Andacht, daß ihre Weisheit auf uns herniederfließe. Alle verhüllen ihr Haupt, und beten schweigend. Eine Pause. Seht dorthin! dort, wo die Wolken so kraus und wild durch einander fluthen, dort liegt Manilla, – dort entsprang ich, und floh in Eure Arme, – dort seufzt Alla-Moddin. – Itzt sprecht, – sprich Du zuerst, Schaddin, Greis mit den silbernen Locken, Deine Weisheit lenkte schon oft unsre kriegerischen Schaaren. –
SCHADDIN. Ihr vertraut meinem Alter und meiner Erfahrung, Ihr wißt, daß mich Alla-Moddin liebte, und meinen Rath gern hörte. Dreimal war ich Heerführer, zweimal schlug ich an Alla-Moddins Seite die wilden Feinde aus unsrer glücklichen Insel, – darum verachtet auch itzt meine Worte nicht. Steckt Eure Schwerter in die Scheide und kämpft mit Güte und Sanftmuth, der Sturmwind jagt die empörten Wogen noch höher, beim Wehen des lauesten Westes ebnet sich die Fluth.
OMAL. Schaddin, Sanftmuth den Quälern Alla-Moddins? Güte diesen christlichen Barbaren? – Nein, schreckliche Wiedervergeltung, Quaal um Quaal, Unversöhnlichkeit gegen Unversöhnlichkeit!
SCHADDIN. Spottet der Fels nicht aller der tausend Wogen, die gegen ihn hinankämpfen? Gebrochen rollen sie wehklagend ins Meer zurück. Was willst Du mit Deiner Ohnmacht gegen die spanischen unbezwinglichen Mauren? – Was mit Deinem schwachen Bogen gegen ihre krachenden Donnerschlünde? – – Ha! mit scharfsinniger Tücke haben diese Meuter die strafenden Donner der Götter erschlichen, hinter Unüberwindlichkeiten verschanzt, werden sie unsrer und unsres Muthes spotten. Ihre furchtbare Kunst hat alle Tapferkeit des Mannes unnütz gemacht. Sie schicken uns den Tod aus der Ferne, wir fallen, ohne selbst die Wollust der Rache zu schmecken, und sie werfen uns lachend in unsre Gräber. – Ha! brauchte es nichts als Muth, wer würde fragen und zweifeln? Wären Insulaner unsre Feinde, so sollte ein Schlachtgesang meinen Rath beginnen, – aber Eure Feinde sind Wesen, mit übermenschlichen Kräften im Bunde: darum laßt uns mit der Morgenröthe vor Manillas Thoren erscheinen, und von ihnen mit lauter Stimme unsern König fordern, vielleicht daß der Schrecken – der unerwartete Anblick des Heers, oder unsre Rede – –
OMAL. O schweig, Schaddin; die Alla-Moddins Seufzer nicht rührte, die willst Du durch Beredsamkeit bewegen? – Haben wir darum endlich nach langem Kriege jene Insulaner besiegt, um nun mit sanften Reden vor den Mauern unsrer Feinde zu erscheinen? Schaddin, Deinen Muth hat das Alter gelähmt, Dein Arm ist im Kriege schwach geworden, darum ist Deine Sprache so friedlich. Jener Krieg auf Suhlu hat uns schon über sechs Monden von Alla-Moddins Befreiung zurückgehalten, er ist glücklich geendigt, und unser guter König sollte noch immer in seinem Kerker schmachten?
SCHADDIN. Geben ihn die Spanier nicht frei, nun so mag denn Gewalt, – aber unser nacktes Heer gegen jene unüberwindlichen Bollwerke, ihre donnernden Feuerschlünde, – wir sind wehrlos, was haben wir auf unsrer Seite?
OMAL. Das Recht, Schaddin. – Dies große Gefühl legt Götterkraft in unsern Busen, die Gewalt des Blitzes in unsre Schwerter, Gefahr und Tod treten vor diesem blendenden Schilde scheu zurück, Mauern stürzen nieder, und Donner spielen furchtsam um diesen Glanz. Nichts vermag den Kämpfer für das Recht zu besiegen, er kennt keine Unüberwindlichkeit, die Götter gehn neben ihm, alles stürzt erbebend auf die Kniee und bekennt sich zitternd überwunden. Ha! wäre nicht diese große Gerechtigkeit des Schicksals, wer wagte es dann, den Bösewicht zu bestrafen? – Frevler würden mit ehernem Stabe die Tugend beherrschen, – – nein, die Götter, Schaddin, die Götter stehn auf unsrer Seite; von ihrem hohen Richterstuhl ausgesandt, sind wir hiehergekommen, die Schändlichen zu strafen, die Götter werden ihre Diener nicht verlassen.
SCHADDIN. Wenn sie uns senden, warum stemmte sich dann ein Sturmwind gegen unsre Schiffe, sie von diesen feindseligen Ufern zurückzuhalten? – O Freunde, hörtet ihr die Wirbelwinde nicht, die in schrecklichen Flüchen zu uns sprachen? – Mir war, als säh' ich zwischen den zerrissenen Wolken eine dunkle Hand, die uns mit ernster Bedeutung zuwinkte, – laßt uns ihr folgen. – Winde und Wogen werfen sich uns ungestüm entgegen, laßt uns den Wink der Götter verstehen. –
OMAL. Laßt ihn uns verstehen, sie schelten unser Zögern, unsern Kleinmuth, – dies ist mein Glaube. –
SCHADDIN. Sprich Du itzt, Runwal; Du bist nach mir im Rath der nächste. –
RUNWAL. Dort seufzt Alla-Moddin! und dies ist die Loosung unser Schwert zu schwingen, und wie entfesselte Sturmwinde mit unsern Lanzen gegen Manilla's Mauern zu wüthen. Meine Zunge ist nicht geschickt zum Reden, meine Worte sind rauh, – aber laut pocht mein Herz in meinem Busen, und seine Schläge zucken gewaltig bis in meinen Arm. – Auf! unser König seufzt dort! – hört ihr's? – O ich bedarf keiner Ueberredung, in dem Namen Alla-Moddin liegt alles, was ich sagen könnte. Laßt Eure Speere und Schwerter im frühsten Strahl des Morgens glänzen, Alla-Moddin sei frei, und Manilla stürze nieder! dies ist mein Rath: wer anders denkt, der spreche! alle schweigen.
OMAL. Kein Ton? – Runwal, Du hast die Worte meiner Seele gelesen, auch ich bin der Meinung. In diesem Schwert, in diesem Köcher liegt meine Beredsamkeit. Welcher Mann wird für seinen guten König nur sprechen, wenn er für ihn handeln kann? Kein Wort von Zögerung. Mit der Sonne stehn wir vor Manilla's Thoren, das Schwert der Rache in der Hand, – mag Schaddin doch zurückbleiben.
SCHADDIN. Er wird nicht zurückbleiben. Mein Rath war friedlich, weil er mir der beste schien, aber auch mein Muth erhebt sich höher in Gefahren. – – Ihr habt beschlossen: Nun auf zum Kriege! Auf zum Kampfe! Blast einen Kriegsgesang! Singt Schlachtlieder! Meine Hand bebt, es zuckt mein Schwert in der Scheide, die Pfeile klappern streitlustig in meinem Köcher. – Omal, Du hast mich schwer gekränkt.
OMAL. Hier hast Du meine Hand, Du bist mein wackrer Bruder.
RUNWAL. Ich wünsche, die Sonne wäre schon aufgegangen. Wenn Pfeile um mich zischen, Schwerter über meinem Haupte schwirren, und Schild gegen Schild sich drängt, – o dann hebt sich meine Seele höher, und mein Auge glänzt vor Freude. –
OMAL. Und die Wirbelwinde sollen das schöne Suhlu verheeren, wenn ich dies Schwert eher niederlege, bis Alla-Moddin frei ist! – Schaddin, und Ihr, meine übrigen Freunde, geht jetzt wieder zurück, und rüstet Euch und Eure Schaaren zum kommenden Morgen. SCHADDIN und die übrigen Suhlunaner steigen wieder hinter den Felsen zurück. Du, Runwal, bleibe hier, wir wollen auf diesem Felsensitze den grauen Morgen erwarten.
Dritte Scene
OMAL. RUNWAL.
OMAL reicht RUNWAL die Hand. Runwal! Du bist mein Freund! – Gieb mir Deine Hand! Du fichtst morgen zu meiner Seite: fall' ich, so kümmre Dich nicht darum, laß meinen Leichnam immerhin zertreten werden, und denke nur an Alla-Moddin. – Eben das thu' ich, solltest Du zu Boden stürzen.
RUNWAL. O wie wird mein Herz emporschwellen, wenn ich über die Steinhaufen Manillas hinschreite, und den Kerker Alla-Moddins sprenge.
OMAL. Wie lange zögert heut die Sonne!
RUNWAL.