Людвиг Тик

Die wichtigsten Dramen


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Gewiß!

      SEBASTIANO. Werden Sie stets so denken?

      ALONZO. Stets!

      SEBASTIANO. Nun wohl, so hab' ich eine Bitte.

      ALONZO. Sie ist gewährt.

      SEBASTIANO. Ich besuchte heut Alla-Moddin.

      ALONZO. Der Unglückliche! Wie geht es ihm?

      SEBASTIANO. O beklagen Sie ihn nicht, er ist Ihres Bedauerns unwürdig, nur Ihren Zorn verdient er, und eben ihn betraf meine Bitte.

      ALONZO. Sprechen Sie.

      SEBASTIANO. Ihn von itzt an bloß meiner Behandlung zu überlassen.

      ALONZO. Warum hassen Sie ihn so?

      SEBASTIANO. Ich hasse ihn nicht, aber ich liebe Sie. Er ist unbeugsamer als der Fels, den tausend Wogen nicht erweichen, er steht da in seinem Trotz und spottet meiner Worte.

      ALONZO. Er spottet? – Und seufzt schon zwei Jahre im Kerker? – Noch Spott? – Oder sollte dieser Spott ein Vorbote der Verzweiflung sein?

      SEBASTIANO. Ein Kind der kühnsten Hoffnung, der Hoffnung baldiger Befreiung.

      ALONZO. Befreiung?

      SEBASTIANO. Itzt ist es offenbar, er ist ein Verräther! Als ich ihm heut von neuem drohte, stand er wüthend auf, krampfhaft zuckte seine Faust, jede Muskel bebte, und im Wahnsinn rief er aus: Omal! führe mich über die Leichen dieser Unmenschen in mein Vaterland zurück! – Diese Hoffnung macht, daß er unser Anerbieten zurückweist, mich verspottet, und meiner heiligen Lehren lacht; dies ist die Ursach, die ihn heut antrieb, mit unerhörter Frechheit durch Gotteslästerungen mein Ohr zu zerreißen.

      ALONZO. Durch Gotteslästerungen?

      SEBASTIANO. Ja. – Dein Gott ist meiner Verehrung zu klein! – Halten Sie dies für keine Gotteslästerung?

      ALONZO. Unerhört!

      SEBASTIANO. Er trotzt auf Ihre Güte, die Sie an einen Undankbaren verschleudern, sein Freund wird einst von Suhlu hieherschiffen, auch Alla-Moddin wird die Mauer zu öffnen wissen, entfliehen – und schon hör' ich des Heiden schadenfrohes Gelächter.

      ALONZO. Nein, dahin soll es nie mit uns kommen! – Ich übergebe ihn jetzt Ihren Händen, er sei der Ihrige, behandeln Sie ihn ganz so wie es ihrer Klugheit gut dünkt. – Aber – er entdeckte den Wächtern selbst zuerst die Oeffnung, durch die Omal entkam, und er gegen unser Leben verschworen?

      SEBASTIANO. Schlechtes, übergoldetes Metall, falscher Glanz einer erlognen Tugend, Lieder uns in den Schlaf zu singen, um desto sicherer zu entfliehen.

      ALONZO. Warum fehlt mir die Ueberzeugung, daß Sie Recht sprechen? Eine innre Stimme sagt mir: wir behandeln diesen unglücklichen König zu hart.

      SEBASTIANO. Und was nennen Sie zu hart behandeln? – Sie sorgen für ihn mit eben der Sorgfalt, mit der ein liebevoller Vater für einen ungerathenen Sohn sorgt. Sie wollen nicht, daß an jenem großen Tage der Einsammlung diese Aehre einsam da stehe, ein Spiel der Winde. – Sie wollen ihn glücklich, ewig glücklich machen. Unsre Kirche öffnet ihre liebevollen Arme, er weist sie verhönend zurück. – Ist es Sünde, dem Wahnsinnigen den Dolch aus den Händen zu winden? Den Trunkenen mit Gewalt vom jähen Abgrund zurückzureißen? – Wo ist die Sünde, Alla-Moddin in den Schooß der Seligkeit zu führen?

      ALONZO. Ich gebe nach. –

      SEBASTIANO. Jetzt schriftlich Ihre Vollmacht.

      ALONZO schreibt und giebt das Blatt an SEBASTIANO.

      SEBASTIANO schreibt wenige Zeilen, klingelt, ein BEDIENTER tritt auf. Dies dem Gefangenwärter! – Er giebt ihm beides, der BEDIENTE geht ab.

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. DER FREMDE. Man sieht eine Wache durch die halb offen gelassene Thür.

      Pause, beide sehn ihn schweigend an.

      FREMDER. Sie scheinen verwundert. – Diese Rolle gehört mir! – Ist dies die Gastfreundschaft auf Manilla? – Bewirthet ihr so den Fremdling? Geht der Spanier so mit seinem Landsmann um?

      SEBASTIANO trotzig. Wer sind Sie? – Ihren Namen, Ihren Stand!

      FREMDER unwillig. Ich antworte nur dem, der fragen kann.

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. EIN BEDIENTER.

      BEDIENTER. Gusmann de Beremona!

      ALONZO. Beremona? – Dieser vornehme Spanier? – Woher?

      BEDIENTER. Er kam mit dem eben angelandeten Schiffe.

      ALONZO. Ich erwarte ihn. Bedienter ab.

      ALONZO. Nun, – wer sind Sie?

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. GUSMANN.

      GUSMANN tritt in demselben Augenblick herein, er verbeugt sich, eilt dann auf den Fremden zu und umarmt ihn. Er ist – mein Freund!

      ALONZO und SEBASTIANO sehn ihn staunend an.

      ALONZO nach einer Pause. Er ist mein Gefangener.

      GUSMANN. Den Sie vielleicht auf meine Bitte freigeben werden.

      ALONZO. Vielleicht auch nicht.

      GUSMANN reicht ihm ein Packet. Auch dann nicht?

      ALONZO, der es durchsieht. Was ist das? – Himmel! – Sebastiano! Sie hatten sich doch geirrt! – Er geht schnell ab, nachdem er GUSMANN und den FREMDEN aufmerksam angesehen hat.

      FREMDER. Alonzo! Sie selber stießen meine Freundschaft von sich.

      SEBASTIANO erstaunt. Was ist das?

      GUSMANN. Hier für Sie. Er reicht ihm Briefe.

      SEBASTIANO. sieht sie durch, blickt GUSMANN und den Fremden grimmig an, knirscht und murmelt für sich. Verfluchter! – Er geht schnell von der andern Seite ab.

       Inhaltsverzeichnis

      GUSMANN. DER FREMDE.

      FREMDER, der GUSMANN noch einmal umarmt. O Freund, ich bin erstaunt, Sie schon hier zu sehen, – ich glaubte nicht, daß das landende Schiff das Ihrige wäre. – Ich selbst bin erst seit gestern hier.

      GUSMANN. Ich hatte eine sehr glückliche Fahrt, und ich fand Gelegenheit, schon einige Tage nach Ihnen abzusegeln.

      FREMDER. O glücklich, daß Sie gekommen sind! – Kommen sie itzt in den Kerker des unglücklichen Alla-Moddin.

      GUSMANN. Kennt er Sie?

      FREMDER. Nein.

      GUSMANN. Ich bringe eine Nachricht mit, die Ihnen und jedem Rechtschaffenen sehr angenehm sein muß.

      FREMDER. Sie ist?

      GUSMANN. Außer der Absetzung Alonzo's – die Aufhebung des Jesuiterordens in allen spanischen Besitzungen. Wunderbar! daß ich zugleich der Ueberbringer dieser beiden Zeitungen sein muß, – darum sah uns Sebastiano mit so glühenden