Людвиг Тик

Die wichtigsten Dramen


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aber verbarg sich hinter verrätherischen Umarmungen, hinter falschen freundschaftlichen Blicken; bald aber zeigtet ihr Eure Tücke, da ich keinen Eurer Vorschläge annahm. – Und glaubt ihr, mein Auge sei geblendet? O ich durchschaue den Schleier Eurer Heuchelei. – An der Ausbreitung Eurer Religion liegt Euch nichts! die Absicht, meine Unterthanen durch Eure Lehre von der ewigen Verdammniß zu retten und sie glücklich zu machen, ist erlogen!

      SEBASTIANO. Erlogen?

      ALLA-MODDIN. Was kümmert Euch das Glück meiner Unterthanen? Ich soll Euch Suhlu eröffnen, damit die Spanier dort mit eisernem Scepter herrschen; meine Unterthanen würdet ihr bald zur Sclaverei gewöhnen, denn manchen guten biedern Suhluaner würde Deine glatte Zunge bethören. Man würde Euch als meine Freunde ansehen, und um so mehr hättet ihr Gelegenheit, Aufruhr und Zwietracht, diesen verderblichen Saamen in die Herzen meiner Unterthanen auszustreuen, Empörung und innrer Zwist würden bald die Kräfte Suhlu's zerstören, ein Spanier würde auf meinem Thron sitzen, die Unterthanen Eure Sklaven sein, und das schöne Suhlu von Europäern bevölkert werden. So habt ihr es mit allen friedlichen Völkern dieser Gegend gemacht. Wo sind jene grünen Sprößlinge, die den schönsten Wald versprachen? Ihr habt sie ausgerottet, und Nesseln und Dornen an ihre Stelle gepflanzt.

      SEBASTIANO. Thörichter! Verblendeter! – Wäre dies unsre Absicht; was hinderte uns daran, Suhlu mit gewaffneter Hand zu erobern, Dich hier im Kerker verschmachten zu lassen, und Alonzo auf Deinen Thron zu setzen?

      ALLA-MODDIN. Was Euch hindert? – Feigheit und Eigennutz.

      SEBASTIANO. Ich verstehe Dich nicht.

      ALLA-MODDIN. Ihr wißt, daß jeder meiner Unterthanen lieber bis auf den Tod fechten, als Euch gehorchen würde. Alle würden fallen, ihr würdet gerne Suhlu besitzen, allein, ihr müßtet Euch doch dann Sklaven kaufen.

      SEBASTIANO. Du wagst es –

      ALLA-MODDIN. Wahrheit zu sprechen. – Ihr müßt erst meine Unterthanen gleich dem jungen Stier gewöhnen, das Joch zu tragen; dies ist Eure Absicht. – Aber mögen hier funfzig Jahr über mein Haupt dahinfließen, mag mich nur mein Tod aus diesem Kerker befreien, – ich gebe nicht nach.

      SEBASTIANO. Ich gehe, denn es ist Verbrechen Dich anzuhören.

      FREMDER. Sie gehn, weil Sie sich getroffen fühlen.

      SEBASTIANO betrachtet ihn zweifelhaft und durchbohrt ihn mit einem grimmigen Blicke. Sie sind – ein Spanier. – Gut. – Du hast bis jetzt die Milde Alonzo's verachtet, Du machst Dich seiner Güte unwerth, und wirst von nun an mit mehrerer Härte behandelt werden.

      ALLA-MODDIN. Seiner Güte? – Mit mehrerer Härte? – Wie ist das möglich? – Die Sonne ist für mich auf ewig untergegangen, Mond und Sterne in Finsterniß erloschen, was könnt Ihr noch mehr thun? –

      SEBASTIANO mit bedeutenden Blicken. Dafür sorgen, daß keine verdächtige Fremde zu Dir gelassen werden.

      ALLA-MODDIN traurig. Ach ja, ich muß es zugeben, – ich muß Euren Scharfsinn verehren, ihr seid gütig gegen mich gewesen, – ihr könnt noch grausamer sein!

      SEBASTIANO. Bald wirst Du Deinen Trotz bereuen, wenn Du einsam, von Gattin, Sohn und Freunden getrennt, den feuchten Wänden einer engen unterirdischen Grube Deine Verzweiflung entgegen heulst, im Gerassel Deiner Ketten brüllst – –

      ALLA-MODDIN in höchster Wuth. Meiner Ketten? – Verworfner – er eilt auf ihn zu.

      FREMDER hält ihn zurück. Laß ihn –

      SEBASTIANO. Wüthe nur!

      ALLA-MODDIN. Ich, in Ketten? Wer wagt das? – Die Verzweiflung giebt dem Kinde Riesenkräfte; – ich spotte Deiner Drohung, ich lache Deiner Ketten! – O Omal! – Komm, denn Valmont hat mich verlassen!

      FREMDER. Er hat Dich nicht verlassen!

      ALLA-MODDIN. O komm, und zertrümmre die Mauern dieses Kerkers! – Komm und führe mich über die Leichen dieser Unmenschen in mein Vaterland zurück!

      SEBASTIANO. Blinde Wuth spricht aus Deinem Munde, sie hat Deinen lang versteckten Plan entdeckt. – Du bist ein Verräther! itzt dürfen wir nicht länger zweifeln.

      ALLA-MODDIN wüthend. Fort, Elender! es zuckt meine Faust! – O hätt' ich ein Schwert! –

      SEBASTIANO. Ich verlasse Dich, aber bald wirst Du die Folgen dieses Augenblicks empfinden! – Er geht ab, kehrt in der Thür wieder um, und wirft einen forschenden Blick auf den Fremden. Die Thür wird mit großer Gewalt zugeschlagen.

       Inhaltsverzeichnis

      ALLA-MODDIN. DER FREMDE.

      ALLA-MODDIN. Er geht, und seine Augen funkelten Wuth. die Bestätigung seiner schrecklichen Drohung.

      FREMDER. Die er wahrlich nicht erfüllen soll.

      ALLA-MODDIN. O wie reut es mich itzt, daß ich über ihn zürnte, er verdient nur meine Verachtung; denn, sahst Du, wie er zitternd da stand, als ich auf ihn zueilte? Ich beklage die Christen, daß dieser einer ihrer Priester ist. Er predigt Sanftmuth und Menschenliebe, und seiner Seele sind diese Kinder des Himmels Fremdlinge, er hat nie das göttliche Gefühl der Freundschaft gekannt, denn sahst Du, welche glühende Blicke er zwischen uns warf, und uns Trennung drohte?

      FREMDER. Er ist zu schwach, seine Drohung zu erfüllen. – Itzt verlasse ich Dich, ehe die Sonne untergeht, bin ich wieder hier.

      ALLA-MODDIN. Komm bald wieder.

      FREMDER. Mit Trost und Hülfe hoff' ich zurückzukehren. – Lebe wohl.

      ALLA-MODDIN. Hier im Kerker?

      Der FREMDE reicht ihm die Hand, und geht schnell ab.

       Inhaltsverzeichnis

      ALLA-MODDIN. Von Amelni, von Lini getrennt? – O bald werd' ich jammernd meinen jetzigen Zustand glücklich preisen. – O ich Thor! daß ich meinen Quälern selbst die Kluft entdeckte, durch die sich Omal rettete! des unnützen falschen Edelmuths! – Die Flucht wäre nicht schändlich gewesen, da man mich wie einen Verbrecher behandelt, mein Volk und meine Gattin hätten sie fordern können, – doch, es geschahe nicht, und wozu dieser nichtigen Reue? – Wer mag dieser biedre Fremdling sein, der mich mit neuer Hoffnung nährt? – nachdenkend. Wenn auch er ein Abgesandter Alonzo's wäre, – wenn auch er mich ausforschen sollte, um mich dann noch elender zu machen? –

       Inhaltsverzeichnis

      ALLA-MODDIN. AMELNI. LINI.

      AMELNI, die mit Lini zurück kömmt. Der Fremde hat Dich schon verlassen?

      ALLA-MODDIN. So eben, mit den schönsten Versprechungen, die die Götter erfüllen mögen. – Ha! dort segelt wieder ein Schiff vorüber! Wie majestätisch es sich auf dem glänzenden Rücken des Meeres wiegt! Wie die Flaggen im Winde wallen! – O käme dies Schiff zu meiner Befriedigung! – man hört aus der Ferne dumpf drei Kanonenschüsse. Es landet! – Was nützt es mir? – Schon hundert Schiffe landeten, und hundertmal hofft' ich vergebens. – Er stützt traurig das Haupt auf seinen Arm und lehnt sich gegen die Mauer.

      AMELNI. Verscheuche diese finstern Blicke! – Der Frühling vertreibt den Winter, die Donner rollen über's Meer hinweg, und der Sonnenschein kehrt wieder. So lange Du nur lebst, so lange hoff' ich auch. Sie nimmt die Laute, setzt sich neben ALLA-MODDIN und spielt, LINI sitzt vor ihr auf der Erde.

      Hoffnung!