Людвиг Тик

Die wichtigsten Dramen


Скачать книгу

Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. SEBASTIANO.

      FREMDER. Es war vergebens! –

      Pause.

      SEBASTIANO sieht wechselweise ALONZO und den FREMDEN an.

      FREMDER. Alonzo! – Ist er frei?

      SEBASTIANO. Wer?

      ALONZO verwirrt. Alla-Moddin.

      SEBASTIANO mit einem durchdringenden Blick auf ALONZO. Alla-Moddin?

      FREMDER DRINGEND. Ist er frei?

      ALONZO, die Augen auf SEBASTIANO gerichtet, verwirrt. – – Nein.

      FREMDER. Nein? – Und Ihr Versprechen – er sieht auf SEBASTIANO. O warum mußten wir gestört werden! Ein schönes Mitleid fand Eingang in Ihre Brust, – als –

      SEBASTIANO. Ich hinzutrat, und dieses eitle Mitleid verscheuchte. – Alonzo, was wollen Sie thun?

      ALONZO. Ich erkenne mein Unrecht, – ich widerrufe mein Versprechen.

      FREMDER. Sie wollen also dem Edelmuth nicht den Sieg über Vorurtheile einräumen?

      SEBASTIANO. Vorurtheile?

      FREMDER. Was anders? – Wie können Sie ein Mitgeschöpf, einen edlen Menschen bloß darum quälen, weil er anders betet als Sie?

      SEBASTIANO. Und ein Spanier spricht so in meiner Gegenwart? Fürchten Sie nicht die heilige Inquisition?

      FREMDER. Die Wahrheit darf nichts fürchten.

      SEBASTIANO. O des unglücklichen Zeitalters, in dem man Irrthum Wahrheit tauft!

      FREMDER. Wozu des Streits? – Alonzo, soll ich so ohne Hoffnung von Ihnen gehen?

      SEBASTIANO. In seinem Namen darf ich antworten: Ja!

      FREMDER. Nun so hab' ich denn alles gethan, was ich konnte; ich gehe, und Sie werden es bereuen, daß Sie mich so haben gehen lassen. – Leben Sie wohl! – Er will gehn.

      ALONZO. Wo wollen Sie hin?

      FREMDER. Nach Spanien, dort der Regierung Ihre Grausamkeit zu melden.

      ALONZO. Nach Spanien?

      SEBASTIANO. Der Regierung?

      FREMDER. Die Schwachheit eines Mannes anzuzeigen, dem man Manilla vertraute, und die Bosheit eines Priesters, der diese Schwachheit mißbraucht; noch eher, als Sie es glauben, werden Sie den Erfolg meines Unternehmens empfinden.

      SEBASTIANO. Wer sind Sie?

      FREMDER. Man soll es untersuchen, ob es erlaubt ist, einen König so zu behandeln? – ob es erlaubt ist, unter einem nichtigen Vorwand grausam zu sein.

      SEBASTIANO. Bleiben Sie, wer sind Sie?

      FREMDER. Der Vertheidiger der Menschheit, Ihr unbekannter doch nicht heimlicher Feind. – Alonzo, leben Sie wohl, und trauen Sie diesem Manne nicht. Er geht ab.

       Inhaltsverzeichnis

      ALONZO. SEBASTIANO.

      ALONZO sieht dem Fremden verwirrt nach; SEBASTIANO überlegt und sieht ALONZO bedeutend an.

      ALONZO. Sebastiano – –

      SEBASTIANO. Alonzo – –

      ALONZO. Er stürzt hinaus –

      SEBASTIANO. In sein Verderben!

      ALONZO. Wer mag er sein?

      SEBASTIANO. Ein verwegner Abentheurer, der in einem nichtigen Enthusiasmus die Rechte der Menschheit vertheidigen will.

      ALONZO. Wenn er reiste –

      SEBASTIANO. Mag er!

      ALONZO. So sind wir verloren.

      SEBASTIANO. Sie kennen ja den Hof. Wird die Regierung jeden Enthusiasten anzuhören würdigen? Sie versperrt so gern ihr Ohr vor dem Geschrei der Noth, das Märchen von Menschenliebe und Menschenrecht findet dort keinen Eingang.

      ALONZO. Wenn er reiste –

      SEBASTIANO. Ein Wort aus Ihrem Munde, und er soll nicht reisen.

      ALONZO. Wie das?

      SEBASTIANO. Ein Gefängniß soll es ihm unmöglich machen.

      ALONZO. Er im Kerker, ohne etwas verbrochen zu haben.

      SEBASTIANO. Hat er Sie nicht gelästert? – Ich traf ihn in Alla-Moddins Gefängniß, in freundlicher Unterredung mit dem Heiden; er blickte mich zornig an, und vertheidigte den Halsstarrigen gegen meine christlichen Ermahnungen.

      ALONZO. Nun –

      SEBASTIANO. Ueberlassen Sie mir die Sorge ihn in Sicherheit zu bringen.

      ALONZO. Nun wohl, ich verlasse mich ganz auf Sie, handeln Sie, wie es Ihnen gut dünkt, – wie es die Nothwendigkeit gebietet, – nur thun Sie ihm kein Unrecht.

      SEBASTIANO. Ich gehe, um die nöthigen Anstalten zu treffen, sogleich bin ich wieder hier.

       Inhaltsverzeichnis

      ALONZO. Es sei! – Er geht. – Ob ich ihn zurückrufe? – Er hört mich nicht mehr! – Dieser Fremde sprach mit einem Ton, der mir ans Herz drang, sein Blick durchschaute mich auf eine Art, daß mir war, als ob ich erröthen müßte. Sebastiano! Sebastiano! Wenn Deine Worte Irrlichter wären, die mich vom Wege der Wahrheit ablockten. – Er steht nachdenkend.

       Inhaltsverzeichnis

      ALONZO. SEBASTIANO.

      SEBASTIANO. Worüber sinnen Sie, gnädiger Herr?

      ALONZO. Ich?

      SEBASTIANO. Wozu dieser finstre Ernst auf der gefurchten Stirn? Wozu dieser auf den Boden geheftete Blick?

      ALONZO. O Sebastiano, wir entehren diesen Fremdling, indem wir ihn auf eine so schändliche Art behandeln.

      SEBASTIANO. Welche Sprache! Ich hörte sie in Ihrem Munde noch nie.

      ALONZO. Desto schlimmer, wenn sie Ihnen fremd ist. – Wir handeln nicht recht, Sebastiano!

      SEBASTIANO. Nicht recht? – Seit wann ist Ihnen meine Redlichkeit verdächtig geworden?

      ALONZO. Nicht Ihre Redlichkeit, Sebastiano; aber der Mensch kann irren. In der Entfernung glänzt der Wassertropfen oft eben so hell als der Diamant, und wer giebt Ihnen die Macht, hinausschreiten zu wollen über die Schranken der schwachen Menschheit? – Sebastiano, können Sie nicht auch irren?

      SEBASTIANO. Auch wenn ich den Befehlen der Macht gehorche, deren Thron die Wahrheit ist? – Dieser Fremdling beleidigt Sie und die Majestät, deren Spiegel Sie sind, er beleidigt die Gottheit, deren Widerschein Sie bestrahlt, – und dennoch sollte er unbestraft bleiben? Er sollte öffentlich unsrer heiligen Religion in's Angesicht lachen? Wollen Sie dadurch dem Laster die Schranken öffnen? Sie kennen die Macht des Beispiels; Ihre Gewalt würde ein Spott des Pöbels, mein Kleid das Gelächter des Volks werden, die Wahrheiten unsrer Religion würden verhöhnt werden –

      ALONZO. Hören Sie auf! Wenn um diesen Preis gerungen wird, so will ich mich zum Kampfe rüsten. Ich werfe alle meine Zweifel hinter