Людвиг Тик

Die wichtigsten Dramen


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Kleinigkeiten zu besorgen, die nothwendig gethan sein müssen, – leihen Sie mir Ihren Beistand, dann wollen wir den Unglücklichen besuchen und ihm die Nachricht seiner Freiheit bringen. gehn beide ab.

      (Alla-Moddins Gefängniß.)

       Inhaltsverzeichnis

      ALLA-MODDIN. AMELNI. LINI.

      ALLA-MODDIN sitzt an der Mauer; AMELNI neben ihm und stickt mit Gold eine schwarze seidne Leibbinde: LINI sieht ihr aufmerksam zu.

      ALLA-MODDIN. Schon zittert ein röthlicher Schein auf jenen Wogen, und der Fremde kehrt noch nicht zurück.

      AMELNI. Du hoffst auf ihn so sehnlich, als ob er Dir Deine Freiheit anzukündigen habe.

      ALLA-MODDIN. So ist der Mensch! Heut am Morgen schien es mir, als wäre mir alles gleichgültig, und doch zähl' ich itzt jeden Pulsschlag, horche auf jeden Schall des Windes gegen die Schlösser, ob nicht endlich durch die geöffnete Thür der neugewonnene Freund hereintrete. Ich wünsche seinen Anblick eben so sehr, als der Schiffer das Angesicht der Sonne nach einer stürmischen Nacht.

      AMELNI nachdenkend. Warum muß die Tafel meines Gedächtnisses so düster aussehen? – Dieser Fremde – – alle Erinnerung so ganz verwischt –

      ALLA-MODDIN. Amelni, was suchst Du mit Deinen Gedanken?

      AMELNI. Die Wiedererinnerung dieses Mannes.

      ALLA-MODDIN. Des Fremden?

      AMELNI. Mir ist in einem Augenblick, als müßt' ich ihn kennen, und dann ist er mir plötzlich wieder ganz fremd; denn ich müßte mich doch erinnern, wenn, und bei welcher Gelegenheit ich ihn sahe.

      LINI. Mutter, warum bist Du denn nicht fröhlicher?

      AMELNI. Und warum sollt' ich es sein?

      LINI. Deiner schönen Arbeit wegen. Sieh nur, ich freue mich schon so, daß ich Dir blos zusehe, wie ein Goldfaden sich neben den andern freundschaftlich hinschmiegt, wie hier ein Stern und dort einer aus der schwarzen Nacht hervortritt; wie mußt Du Dich nun erst freuen, wenn Du Dir bei jedem neuen Sterne sagen kannst: das hab' ich gethan! – Es ist doch schön, so künstlich zu sein! – Du mußt mir auch solche Binde schenken, liebe Mutter. Jetzt nicht! – Wenn ich groß und schön bin, wenn – – (habe ich doch in der langen Zeit gar den Namen vergessen) Vater! – Wie heißt das Eisen, mit dem man sich gegen die Spanier vertheidigen muß?

      ALLA-MODDIN. Schwert, Knabe, vergiß das Wort nie!

      LINI. Ja, wenn ich erst ein Schwert schwingen kann, dann, nicht wahr, liebe Mutter, dann schenkst Du mir auch solche schöne schwarze Binde?

      ALLA-MODDIN. Itzt erst bemerk' ich Dein Geschäft. – Amelni! Sieh diese Mauern an, sie spotten über Dich. Soll dies mich an mein voriges Glück erinnern? – Ha! sonst! sonst! – Weißt Du noch; Amelni, als Du mit jener Binde mich schmücktest, da ich gegen die wilden Insulaner zog, die Suhlu verheerten? – Aber jetzt – wenn werd' ich diese gebrauchen? Die Zeit wird sie zernagen, zwischen diesen Mauern wird sie zerstäuben, und ich möchte über jeden Stich eine Thräne vergießen, mit dem Du so sorgfältig diesen Flor durchbohrst. – Du weinst, Amelni? – – O laß sie mich wegküssen, diese Thränen.

      AMELNI. Laß sie fließen auf dieses Tuch herab, ein Todtenopfer Deinem gestorbenen Muthe. – Wohin ist Dein Geist entflohen? Ruf' ihn zurück.

      ALLA-MODDIN. Er schwärmt in Suhlu's blühenden Hainen.

      AMELNI. Gedenke der Worte des Freundes: Valmont kehrt gewiß zurück, denn er hält, was er versprach.

      ALLA-MODDIN. O Du weißt nicht – vor sich. ach Sebastiano! – laut. Kennst Du denn nicht das Märchen von Runal?

      AMELNI. Nein.

      LINI. Ein Märchen, Vater? – O erzähle, ich will es nachher meinem Vogel wieder erzählen, damit ich etwas zu thun habe.

      ALLA-MODDIN. Fern von seinem Vaterlande war Runal in einem schwarzen Walde verirrt, die Winde bliesen mit heiserer Stimme durch die klappernden Zweige, Kälte übergoß mit Zittern seinen Körper. Räuber (es waren Europäer) nahmen ihm seine Kleider, der Regen trieb ihm schneidend entgegen, er zitterte vor Frost. – Der Wald öffnet sich – er tritt heraus. – Der Himmel mit dicht über einander gewälzten Wolken verhüllt, kein Stern, kein Mondenstrahl, vor ihm eine große unendliche Wüste. – Kein Mensch in der Nähe? seufzt Runal, und blickt umher; kein Licht? kein Mensch? – Sein Blick kehrt unbefriedigt, thränenvoll zurück. Noch einmal blickt er rückwärts nach den Wald, die Vergangenheit düster hinter ihm, die Zukunft öde vor ihm. – Ha! dort zwischen schwarzen herabhangenden Wolken, an der fernen Gränze des Horizonts, ein blaues, flimmerndes Licht, dicht an den Boden gedrängt. – Neu gestärkt geht er nach diesem Lichte zu, es erhebt sich, und war – ein Stern! – Schaudernd wirft sich Runal nieder, und weint, itzt noch trostloser als zuvor.

      AMELNI seufzend. Ich verstehe Dich.

      LINI. Und weinte denn der Stern nicht mit ihm?

      AMELNI greift nach der Laute. Soll ich singen?

      ALLA-MODDIN. Itzt nicht. – Diese süßen Töne würden allen Muth aus meiner Brust hinwegschmelzen.

      AMELNI. Wende Dein trübes Auge hieher, sieh auf diese Stickerei. Sieh wie alle Goldfaden sich hier auf den düstern Grund hinlegen, und aus schwarzem Boden emporkeimen, – ein Bild des menschlichen Lebens. Diese Sonnen und Sterne sind des Menschen glückliche Tage, können sie ohne das schwarze Unglück sein, das sie hervorbringt? Horch! – Hörst Du die Tritte? – Der Fremde!

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE. LORENZO mit einer Wache.

      ALLA-MODDIN. O getäuschte Erwartung!

      LORENZO. Alla-Moddin!

      ALLA-MODDIN. Was verlangst Du?

      LORENZO. Folge zum Statthalter.

      ALLA-MODDIN. Es sei. – Er geht mit einigen von der Wache ab.

       Inhaltsverzeichnis

      VORIGE ohne ALLA-MODDIN.

      AMELNI zu LORENZO. Warum siehst Du uns so düster und bedeutungsvoll an? Es liegt eine Nachricht auf deinen Lippen, die Du auszusprechen fürchtest. Sprich!

      LORENZO. Ich bedaure Euch.

      AMELNI. Wie hat sich diese Empfindung zu Dir verloren?

      LORENZO. Euren Fluch nicht über mich! – Er winkt, einer von der Wache reicht ihm Ketten.

      LINI. Was hast Du da?

      LORENZO. Ein Geschenk – für Dich.

      LINI. Für mich?

      AMELNI. Götter! – Alla-Moddin – Deine Ahndung! –

      LINI. Was soll ich damit?

      ALLA-MODDIN hinter der Scene. Unmöglich! Verrätherei! Alle Flüche des Himmels auf Euer Haupt herab, Bösewichter!

      LINI. Der Vater schreit! –

      AMELNI. Warum hassen mich Suhlu's Götter so sehr, daß ich dies alles erleben muß?

      ALLA-MODDIN, hinter der Scene, man hört Ketten rasseln. Zurück! – O Himmel, gieb Deinen Blitz in meine Hand!

      LINI weinend. Ich muß weinen, wenn ich den Vater so schreien höre.

      ALLA-MODDIN