Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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»Wann mußt du dich im Illermann-Konzern vorstellen?«

      »In drei Tagen, Mie.«

      »Herrlich!« jubelt Annemarie auf. »Dann haben wir zwei Tage vor uns, die uns allein gehören. Ach, da fällt mir ein: Für morgen abend habe ich zwei Konzertkarten gekauft. Inzwischen habe ich den Anruf eines Kunden bekommen, der unbedingt morgen abend meine Pläne sehen will. Irgendein reicher Snob, der sich ein Angeberhaus bauen läßt.« Sie zuckt mit den Schultern. »Mir kann es gleich sein, auf welche Weise die Leute ihr Geld unter die Menschheit streuen. In diesem Falle fällt auch ein Segen auf mich herab. Du wirst also allein ins Konzert gehen und dich recht gut amüsieren.«

      »Och, Annemarie, allein ausgehen?« Marina sieht ganz kläglich drein. »Mit dir würde es mir größeren Spaß machen.«

      »Wir haben noch so viel Gelegenheit, Konzerte und Theater zu besuchen. Mach es dir jetzt bequem. Wo das Badezimmer ist, weißt du. Kannst auch ein Bad nehmen. Inzwischen mache ich dir ein bildschönes, daunenweiches Bett zurecht. Du sollst dich wie im Paradies bei mir fühlen. Los, los, schnell ins Bad!«

      Lachend schiebt sie Marina der Tür zu.

      Dann sucht sie Bettzeug aus dem eingebauten Schrank in der kleinen Diele und baut für Marina ein bequemes Lager auf einer der breiten Couches.

      Am nächsten Abend tanzt Annemarie um die Freundin herum und betrachtet sie wohlwollend von allen Seiten.

      »Du wirst bestimmt eine Eroberung machen, Kleines. Du siehst einfach süß aus.«

      In der Tat, Marina sieht zauberhaft in dem weißen Kleid mit dem weitschwingenden Rock aus. Die Pailletten funkeln im Licht und geben ihr etwas Rätselhaftes, zumal sie besonders reizvoll zu dem leuchtenden Kastanienbraun ihres Haares kontrastieren.

      Marina ist mit ihrem Aussehen zufrieden. Sie wird von Annemarie bis zum Konzerthaus gebracht.

      »Wir treffen uns nach der Vorstellung im Trocadero. Gleich um die Ecke, Marina. Du kannst das Lokal nicht verfehlen, die Lichtreklame leuchtet weithin. Tschüs, Liebes. Viel Vergnügen.«

      Damit braust Annemarie Kolber davon, ihrer geschäftlichen Verabredung entgegen. Marina steigt nun langsam, fast feierlich zum Eingang der Musikhalle. Sie nimmt ihren Logenplatz ein und beobachtet aus wachen Augen das Publikum. Festliche Stimmung liegt über dem weiten Raum, der prachtvolle Lüster brennt und läßt den Schmuck der Damen aufblitzen. Ein ausgesprochen gutes Publikum – denkt Marina und beugt sich etwas über die Brüstung.

      Just im gleichen Augenblick sieht ein Herr aus dem Parkett zu ihr herauf. Ein Paar tiefblaue Augen in einem schmalen, rassigen Gesicht blicken sie sekundenlang ernsthaft an. Marina spürt, wie sie errötet, und sieht rasch seitwärts.

      Von diesem Augenblick an fühlt sie noch oft die tiefblauen Augen des fremden Mannes auf sich ruhen. Er sitzt neben einem jüngeren Mann, der wie das Ebenbild des älteren wirkt. Auch er hat schon ein paarmal zu ihr heraufgesehen.

      Marina nimmt sich vor, nicht wieder in diese Richtung zu sehen. Vorläufig kommt sie auch gar nicht dazu, ihre Aufmerksamkeit den beiden Herren im Parkett zu widmen.

      Zwischen den Vorträgen des Orchesters tritt der Tenor auf. Er ist eine glänzende Bühnenerscheinung und wird mit prasselndem Beifall überschüttet.

      Seine Stimme ist einmalig, kraftvoll und in der Höhe weich und biegsam.

      Marina hat sich tief in ihren Sessel zurückgelehnt und hält die Augen geschlossen. Für sie ist es ein Erlebnis. Wie oft hat sie sich gewünscht, den berühmten Tenor einmal persönlich zu sehen und zu hören. Und nun hat Annemarie ihr dieses unverhoffte Geschenk gemacht.

      Zum Schluß wird der Sänger mit so viel Applaus und Blumen geehrt, daß er sich immer wieder nach allen Seiten dankbar verneigt.

      Wohl oder übel muß er eine Zugabe geben. Marina lauscht mit vorgestrecktem Oberkörper, die Hände hat sie auf der Brüstung der Loge ineinandergeschlungen.

      Sie hat das Gefühl, er würde nur für sie singen, da es ihr Lieblingslied ist:

      Du bist die Welt für mich,

      Ich lebe nur für dich,

      Für dich allein.

      Du bist mein lachender Mai,

      Und gehst du fort,

      ist mein Frühling vorbei.

      Du bist die Welt für mich.

      Ich liebe ja nur dich,

      Dich – dich allein.

      Marina war so ergriffen, daß ihr die Tränen in die Augen treten. Noch nie hat sie das Lied so schön, so innig singen hören. Wieder spürt sie, daß sie beobachtet wird. Ihr Blick trifft sich mit dem des Mannes im Parkett, und wieder vermag sie sich nicht von dem interessanten Gesicht und den tiefblauen Augen loszureißen.

      Sie sieht nur noch den Mann, der unverwandt zu ihr emporblickt. Sie hört nicht das Beifallklatschen, sieht nicht, wie der Sänger sich abermals nach allen Seiten verneigt und wie sich der dunkelrote Vorhang hinter ihm schließt.

      Alles, was noch folgt, rauscht an ihren Ohren vorbei. Sie spürt ihr Herz heftig klopfen, und ihre Glieder beginnen zu zittern. Sie befindet sich in einem aufgewühlten Zustand, den sie noch nie erlebt hat. Wie ein Gewitter ist es über sie gekommen und bringt alles in ihr in Aufruhr.

      Als eine der Ersten verläßt sie ihre Loge und sucht die Garderobe auf.

      *

      Günther Gellert stößt seinen Vater leicht mit dem Ellbogen an.

      »Schau mal in die zweite Loge, Papa. Ist das Mädchen nicht wie ein schönes Bild anzusehen?«

      Albert Gellert runzelt die Stirn. Längst hat er das schöne Mädchen entdeckt und sie, wie er glaubt, heimlich betrachtet. Er ärgert sich über die Bemerkung seines Sohnes. Wieder einmal muß er festellen, daß Günther einen ganz bestimmten Blick für schöne Mädchen hat. Er kennt seinen Sohn. Er weiß um seine Liebeleien und ist durchaus nicht damit einverstanden. Äußerlich gleicht sein Sohn ihm sehr. In Charakter und Veranlagung ist er seiner verstorbenen Frau ähnlich. Er hat deren Leichtlebigkeit geerbt, ihren Charme. Sie war wie ein schillernder Schmetterling. Oft hat er über sie nachgedacht. Ob sie wohl die Glücklichere von ihnen beiden gewesen war? Er ist schwerfälliger, kann sich nicht so schnell anschließen. Er prüft die Menschen erst genau, ehe er sich ein Urteil bildet. Manchmal ist ihm um Günther bang, da er alles auf die leichte Schulter nimmt.

      »Na, Papa«, reißt Günther ihn aus seinen Überlegungen heraus. »Mußt du mir nicht recht geben?«

      »Verzeihung, was meintest du?«

      Günther lacht. »Du bist unverbesserlich, Papa. Du gehst an allen schönen Frauen ungerührt vorbei –«

      »– während du an keiner vorbei-gehst«, gibt Albert Geüert trocken zurück.

      »Danke, Papa, ich fasse das als Kompliment auf.« Günthers gute Laune ist durch nichts zu erschüttern. Sein Vater ist ein prachtvoller Mann, das muß er immer wieder feststellen. Vielleicht wird er auch einmal so, später, wenn er in dessen Alter ist. Innerlich muß er lachen. Vater wirkt durchaus nicht alt, im Gegenteil, er sieht einfach prächtig aus. Er weiß, daß es viele Frauen ihres Bekanntenkreises gibt, die gern seine zweite Frau werden würden.

      Auch ein guter Kamerad ist sein Vater. Er hat schon manche Dummheit, die er leichtsinnigerweise begangen hat, wieder zurechtgebogen. Nie hat er ihm große Vorwürfe gemacht, ihm höchstens in seiner vornehmen Art ins Gewissen geredet.

      Er wirft einen Blick zu der Loge hin und ist betroffen, daß sie leer ist.

      Schnell erhebt er sich. »Laß uns gehen, Papa. Wir müssen sonst zuviel Zeit an der Garderobe verbringen.« In Wirklichkeit will er dieses schöne Mädchen wiedersehen.

      »Ja, gehen wir«, stimmt Gellert seinem Sohn zu. »Ich kann allerdings nicht mit dir heimfahren, Junge. Habe noch eine geschäftliche Verabredung.«

      »Soll