uns – in ein richtiges Theater, nicht ins Kino. Sonnabend abend – bis dahin habe ich Geld, so sicher wie nur was.«
Am Freitag kam er abends nicht heim, und Saxon ärgerte sich, denn Maggie Donahue hatte ihr eine Pfanne voll Kartoffeln und zwei Pfund Mehl, die sie vorige Woche geliehen hatte, wiedergebracht, und ein tüchtiges Essen wartete auf ihn. Saxon hielt bis neun Uhr das Feuer im Herd, dann ging sie widerstrebend zu Bett. Sie wäre viel lieber aufgeblieben, bis er kam, aber sie wagte es nicht, denn sie wusste, wie das auf ihn wirkte, wenn er betrunken heimkam.
Es hatte gerade eins geschlagen, als sie die Gartenpforte zuschlagen hörte. Sie hörte ihn – langsam, schwer, auf eine Art, die nichts Gutes verhieß – die Treppe heraufkommen und das Schlüsselloch suchen. Dann trat er ins Schlafzimmer, und sie hörte, wie er sich mit einem tiefen Seufzer setzte. Sie lag ganz still da, denn sie wusste, wie übertrieben empfindlich die Leute wurden, wenn sie betrunken waren, und sie fürchtete sehr, ihn zu verletzen, wenn sie ihn verstehen ließe, dass sie wach gelegen und auf ihn gewartet hätte. Es war nicht leicht. Sie ballte die Fäuste, dass die Nägel ihr ins Fleisch drangen und ihr Körper fast in dem heftigen Bemühen, sich ruhig zu verhalten, erstarrte. Noch nie war er in einer solchen Verfassung heimgekommen.
»Saxon!« rief er mit belegter Stimme. »Saxon!«
Sie reckte sich und gähnte.
»Was ist?« fragte sie.
»Willst du nicht Licht machen? Meine Finger sind wie lauter Daumen.«
Sie tat, wie er sagte, ohne ihn jedoch anzusehen, aber ihre Hände zitterten so heftig, dass der Lampenzylinder klirrend gegen die Kuppel schlug und das Streichholz ausging.
»Ich bin nicht betrunken«, sagte er in der Dunkelheit, und seine heisere Stimme zitterte. »Ich habe nur zwei oder drei Ohrfeigen gekriegt.«
Sie versuchte wieder, die Lampe anzuzünden, und diesmal glückte es. Als sie sich umdrehte, um ihn anzusehen, schrie sie laut auf vor Angst. Obwohl sie seine Stimme gehört hatte und wusste, dass es Billy war, erkannte sie ihn doch im ersten Augenblick nicht. Dies Gesicht hatte sie noch nie gesehen. Geschwollen, zerschlagen war es, als hätte jeder Zug die Ähnlichkeit mit dem Gesicht verloren, das sie so gut kannte. Das eine Auge war vollkommen geschlossen, das andere guckte aus einem schmalen Spalt in dem blutunterlaufenen Fleisch hervor. Es sah aus, als wäre die Haut am einen Ohr fast abgerissen. Das ganze Gesicht war eine blutige, geschwollene Masse, und sein rechter Kinnbacken war doppelt so dick wie der linke. Kein Wunder, dass er belegt spricht, dachte sie, als sie die furchtbar zerschlagenen und geschwollenen Lippen betrachtete, die immer noch bluteten. Sie wurde ganz krank bei dem Anblick, und eine Woge von Zärtlichkeit stieg in ihr auf und trieb sie zu ihm hin. Sie sehnte sich danach, ihn in die Arme zu schließen, ihn zu streicheln und zu liebkosen; aber ihr gesunder Verstand verbot es ihr.
»Mein armer, armer Junge«, rief sie. »Sag mir nur, was ich tun soll. Ich verstehe nichts von diesen Dingen.«
»Wenn du mir nur helfen willst, mich auszuziehen«, sagte er demütig und mit heiserer Stimme. »Ich bin so steif.«
»Und dann warmes Wasser – das wird dir gut tun«, sagte sie und begann vorsichtig, seinen Rockärmel über eine geschwollene, hilflose Hand zu ziehen.
»Ich sagte dir ja, dass sie wie lauter Daumen sind.« Er schnitt ein Gesicht, hob die Hand und schielte darauf, soweit er noch sehen konnte.
»Setz dich«, sagte sie, »setz dich und warte, bis ich Feuer angemacht und das Wasser gewärmt habe. Es dauert nur einen Augenblick. Dann helfe ich dir weiter beim Ausziehen.«
Als sie in der Küche war, konnte sie ihn leise murmeln hören, und noch als sie wiederkam, wiederholte er immer wieder:
»Wir brauchten das Geld, Saxon. Wir brauchten das Geld.«
Sie konnte sehen, dass er nicht betrunken war, und aus seinen unzusammenhängenden Worten wurde ihr klar, dass er Fieber hatte.
»Er war eine Überraschung«, fuhr er in seinen Betrachtungen fort, während sie ihm beim Ausziehen half und allmählich bruchstückweise erfuhr, was geschehen war. »Er war ein unbekannter Boxer aus Chicago. Sie sagten nicht ein Wort vorher. Ja, der Sekretär vom Elite-Club meinte allerdings, dass er mir zu schaffen machen würde. Und ich würde gewonnen haben, wenn ich in Form gewesen wäre. Aber fünfzehn Pfund weniger im Gewicht und kein Training – das ist keine Form. Dazu habe ich auch die letzte Zeit ziemlich viel getrunken, und so konnte ich nicht fest stehen.«
Aber Saxon, die ihm das Hemd auszog, hörte nicht mehr zu. Wie sein Gesicht, so war auch sein prächtiger muskulöser Rücken – sie kannte ihn nicht wieder. Die weiße glatte Haut war zerrissen und blutig. Die meisten der Risse gingen quer über den Körper, einige aber gingen auch von oben nach unten.
»Wo hast du das nur bekommen?« fragte sie.
»Am Seil. Ich war mehrmals am Seil, und der Gedanke macht mich nicht gerade stolz. Nun ja, er hat mir mein Fett gegeben. Aber ich führte ihn doch an. Knock out kriegte er mich nicht. Ich hielt alle zwanzig Runden durch, und ich will dir nur sagen – er hat ein paar abgekriegt, an die er auch denken wird. Aber welche Prügel! Oha, welche Prügel! So etwas hab ich noch nicht erlebt. Den ›Schrecken von Chikago‹ nennen sie ihn, und ich ziehe meinen Hut vor ihm. Er ist ein tüchtiger Kerl. Aber wenn ich in Form gewesen wäre und mehr Luft gehabt hätte, würde ich doch mit ihm fertig geworden sein. Au, au, pass auf. Das ist wie eine Beule!«
Saxon hatte nach seinem Leibriemen gesucht und hatte dabei einen flammendroten Fleck, so groß wie ein Suppenteller, berührt.
»Das kommt von den Nierenschlägen«, erklärte Billy. »Darin war er der reine Teufel. Fast jedes Mal, wenn wir im Clinch waren, stieß er zu, so sicher wie ein Uhrwerk. Es wurde so empfindlich, dass ich dabei direkt zusammenfuhr – bis ich unsicher auf den Beinen wurde und nicht mehr viel von mir wusste. Es ist kein Schlag, der einen erledigt, aber er entkräftet schrecklich, wenn man lange kämpft. Man wird so merkwürdig schlapp davon.«
Saxon hatte Tränen in den Augen, und sie hätte weinen mögen über die Behandlung, die dem Körper ihres schönen, kranken Jungen zuteil geworden war.
Als sie seine Hosen am anderen Ende der Stube aufhängen wollte, hörte sie das Klirren von Geldstücken. Er rief sie zurück und zog eine Handvoll Silber aus der Tasche.
»Wir brauchten das Geld, wir brauchten das Geld«, murmelte er immer wieder, während er versuchte, die Münzen zu zählen, und Saxon wusste, dass er wieder irre redete.
Es schnitt ihr ins Herz, denn sie musste sich der bittern Gedanken erinnern, die in der letzten Woche ihren Glauben an Billy fast niedergerissen