Джек Лондон

Gesammelte Werke


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oder nicht, es tut weh. Und je­der klei­ne Schlag, den ich nicht ein­mal pa­rie­re, weil ich weiß, dass kei­ne Wucht da­hin­ter ist, je­der klei­ne Schlag mit dem Dau­men geht ihm di­rekt ans Herz und schmerzt schlim­mer als tau­send Beu­len und tau­send Hie­be.

      Er muss vor­sich­tig kämp­fen, und ich for­zie­re es auch nicht. Ich habe ganz den Kopf ver­lo­ren. Ich weiß nicht, was tun. So las­se ich denn nach, und die Idio­ten be­gin­nen zu brül­len. ›Wa­rum schlägst du nicht?‹ heu­len sie. ›Schie­bung!‹ ›Schie­bung!‹ ›Ihr soll­tet euch lie­ber küs­sen!‹ ›Ist er dei­ne Liebs­te, Bill Ro­berts?‹ Und sol­chen Un­sinn mehr.

      ›Kämp­fe!‹ sagt der Rich­ter lei­se und wü­tend zu mir. ›Kämp­fe, oder ich dis­qua­li­fi­zie­re dich. Dich, Bill. Du bist es, den ich mei­ne.‹ Das sagt er zu mir und be­rührt mei­ne Schul­ter, so­dass ein Irr­tum un­mög­lich ist.

      So et­was ist nicht schön. Es ist nicht recht. Um was, meinst du, kämp­fen wir? Um hun­dert blan­ke Dol­lar. Denk dir! Und un­se­re Pf­licht war, un­ser Äu­ßers­tes zu tun, um den an­de­ren Knock­out zu schla­gen, weil die Teu­fel auf uns ge­wet­tet ha­ben. Es war mein letz­ter Kampf. Nie wie­der, sage ich dir.

      ›Gib auf‹, sage ich zu Bil­ly Mur­phy in ei­nem Clinch. ›Um Got­tes­wil­len, Bill, gib auf.‹ Und er flüs­tert zu­rück: ›Ich kann nicht Bill, das weißt du ja gut.‹

      Der Rich­ter reißt uns aus­ein­an­der, und die Teu­fel heu­len und brül­len.

      ›Zum Teu­fel, schlag zu, Bill Ro­berts, tu ihn ab‹, sagt der Rich­ter zu mir, und ich er­su­che ihn, sich zur Höl­le zu sche­ren, und Bill und ich ge­hen wie­der in Clinch, und kei­ner von uns schlägt, und Bill stößt sich wie­der den Dau­men, und ich sehe, wie sein Ge­sicht sich vor Schmerz ver­zerrt. Sport? Bill ist so mu­tig wie nur ei­ner. Aber ei­nem mu­ti­gen Mann ins Auge zu se­hen, wenn er vor Schmer­zen krank ist – ihn lieb zu ha­ben und in sei­nen Au­gen zu se­hen, dass er einen lieb hat, und ihm dann wei­ter Schmer­zen be­rei­ten – ist das Sport? Ich kann es nicht se­hen. Aber das Pub­li­kum hat sein Geld auf uns ge­setzt. Wir hat­ten nichts zu sa­gen. Wir hat­ten uns für hun­dert blan­ke Dol­lar ver­kauft, und wir hat­ten nur zu pa­rie­ren.

      Ich sage dir, Sa­xon, bei Gott, es war ei­ner der Au­gen­bli­cke, da ich Lust ge­habt hät­te, über das Seil zu sprin­gen, auf die Teu­fel los­zu­schla­gen, die nach Blut brüll­ten, und ih­nen zu zei­gen, was Blut ist.

      ›Um Got­tes­wil­len, mach ein Ende, Bill‹, sagt Bill zu mir und sieht mir brü­der­lich in die Au­gen, als der Rich­ter uns end­lich aus­ein­an­der ge­bracht hat.

      Und die Wöl­fe und Teu­fel heu­len: ›Schie­bung! Schie­bung! Schie­bung!‹ Im­mer­fort.

      Schön, ich tat es. Es gab kei­ne an­de­re Mög­lich­keit. Ich tat es. Ich tat es. Ich muss­te es tun. Ich ma­che eine Fin­te, dass er mit der Lin­ken aus­langt, du­cke mich ru­hig, so­dass er mir über die Schul­ter fährt, und dann hat er mei­ne Rech­te auf sei­nem Kinn. Und er kennt den Trick. Tau­send­mal hat er mich an­ge­führt, in­dem er den Stoß mit der Schul­ter emp­fing. Dies­mal aber tut er es nicht.

      Ab­sicht­lich gibt er sich eine Blö­ße. Bums! Es trifft. Er ist so­fort er­le­digt und fällt seit­wärts um, das Ge­sicht zu Bo­den und bleibt ganz still lie­gen, den Kopf nach un­ten, so­dass es aus­sieht, als hät­te er sich den Hals ge­bro­chen. Das tat ich für hun­dert Dol­lar und um eine gan­ze Pö­bel­ban­de zu amü­sie­ren, die ich nicht mit der Feu­er­zan­ge an­rüh­ren möch­te. Und dann hob ich Bill in mei­ne Arme, trug ihn in sei­ne Ecke und half, ihn wie­der zum Be­wusst­sein zu brin­gen. Schön, sie sind zu­frie­den. Sie be­zahl­ten ihr Geld und krie­gen das Blut, das sie ha­ben wol­len, und einen ent­schie­de­nen Kampf. Und auf der Mat­te liegt ein bes­se­rer Mann als je­der von ih­nen – ein Mann, den ich lie­be, liegt da wie tot mit zer­schun­de­nem Ge­sicht.«

      Eine Wei­le sah er schwei­gend über die Pfer­de hin­weg, mit ei­nem har­ten und zor­ni­gen Ge­sichts­aus­druck. Dann seufz­te er, sah Sa­xon an und lä­chel­te.

      »Ich box­te nicht wie­der. Und Bil­ly Mur­phy lach­te mich des­halb aus. Er blieb da­bei – so als Ne­ben­ge­schäft, weißt du, denn er hat eine gute Stel­lung. Aber hin und wie­der ein­mal, wenn das Haus ge­stri­chen und die Dok­tor­rech­nung be­zahlt wer­den soll oder das äl­tes­te von den Kin­dern ein Fahr­rad ha­ben will, dann geht er für fünf­zig oder hun­dert Dol­lar in ei­nem Klub in den Ring. Ich möch­te, du lern­test ihn ein­mal ken­nen. Ein gan­zer Mann, ver­si­che­re ich dir. Aber an dem Abend war mir scheuß­lich elend zu­mu­te.«

      Sein Ge­sicht war wie­der fins­ter und zor­nig ge­wor­den, und Sa­xon er­tapp­te sich da­bei, dass sie un­will­kür­lich et­was tun woll­te, was Frau­en, die hö­her auf der so­zia­len Ranglei­ter ste­hen, zu­wei­len of­fen und be­wusst tun. Mit ei­ner im­pul­si­ven Be­we­gung streck­te sie die Hand aus, leg­te sie auf die sei­ne, die die Zü­gel hielt und ließ sie dort einen Au­gen­blick mit ei­nem schnel­len, fes­ten Druck ru­hen. Ihr Lohn war ein Lä­cheln mit Lip­pen und Au­gen, und er wand­te ihr das Ge­sicht zu.

      »Ko­misch«, sag­te er. »Ich habe nie mit ei­nem an­de­ren über so et­was ge­spro­chen. Ich pfle­ge sonst mei­ne Ge­dan­ken für mich zu be­hal­ten. Aber was auch der Grund sein mag, so habe ich je­den­falls das Ge­fühl, dass wir gute Freun­de wer­den müs­sen – ja, ist das nicht ko­misch? Und des­halb er­zäh­le ich dir mei­ne Ge­dan­ken. Tan­zen kann je­der.«

      Der Weg ging auf­wärts, am Rat­haus und an den Wol­ken­krat­zern der vier­zehn­ten Stra­ße vor­bei, den Broad­way ent­lang, in der Rich­tung der Ber­ge. Am Kirch­hof bo­gen sie rechts ab, fuh­ren über die Pied­mont-Ber­ge nach dem Blair-Park und tauch­ten in den grü­nen küh­len Jack-Heyes-Ca­ny­on. Sa­xon ver­moch­te ihre Über­ra­schung und Freu­de über die Schnel­lig­keit, mit der sie vor­wärts ka­men, nicht zu ver­ber­gen.

      »Wie schön sie sind!« sag­te sie. »Ich habe mir nie träu­men las­sen, dass ich je mit sol­chen Pfer­den fah­ren wür­de. Ich fürch­te, gleich auf­zu­wa­chen und zu mer­ken, dass es ein Traum ist. Weißt du, dass ich im­mer von Pfer­den träu­me! Ich weiß nicht, was ich tun wür­de, um ein­mal ei­nes zu be­sit­zen.«

      »Das ist auch ko­misch«, ant­wor­te­te Bil­ly. »Aber ich lie­be Pfer­de ge­nau wie du. Mein Chef sagt, ich sei Pfer­de­ken­ner. Und ich weiß, dass er selbst ein Esel ist. Er ver­steht nichts da­von. Und da­bei hat er doch zwei­hun­dert große, schwe­re Ar­beits­pfer­de au­ßer den zwei leich­ten Kutsch­p­fer­den, und ich habe nicht ein ein­zi­ges. Ist das nicht zum Toll­wer­den?«

      »Ja, das ist es«, lach­te Sa­xon ver­ständ­nis­voll. »Wenn es et­was gibt, das ich lie­be, so sind es fei­ne Blu­sen, und ich ver­brin­ge mei­ne Tage da­mit, die schöns­ten Blu­sen von der Welt zu plät­ten. Das ist schwer, und es ist nicht, wie es sein soll­te.«

      Bil­ly knirsch­te in ei­nem neu­en Wu­t­an­fall mit den Zäh­nen.

      »Es macht mich krank, wenn ich dar­an den­ke, dass du sie plät­test. Es wäre eine ver­fluch­te Welt, wenn Män­ner und Frau­en nicht hin und wie­der ein­mal dar­über re­den könn­ten.« Es klang wie eine hal­be Ent­schul­di­gung, und doch war ein ge­wis­ser selbst­si­che­rer Trotz dar­in zu hö­ren. »Ich rede nicht mit an­de­ren Mäd­chen dar­über. Die wür­den nur glau­ben, dass ich Hin­ter­ge­dan­ken da­bei hät­te. Ihre Angst, dass man im­mer Hin­ter­ge­dan­ken hat, kann einen krank ma­chen. Aber du bist nicht so. Mit dir kann ich re­den. Du bist wie Bil­ly Mur­phy oder sonst ir­gend­ein Mann, mit dem man re­den kann.«

      Sie