der Geschäfts- oder Firmenwert grundsätzlich der Differenz zwischen den Anschaffungskosten des erworbenen Unternehmens und den dabei anteilig übernommenen, neubewerteten Vermögenswerten sowie Schulden; es handelt sich mithin um eine Residualgröße. Tritt ein negativer Unterschiedsbetrag auf, ist eine erneute Beurteilung der einzeln ermittelten Fair Values zwingend (IFRS 3.36). Wird dabei das negative Vorzeichen bestätigt, ist der Unterschiedsbetrag sofort erfolgswirksam zu vereinnahmen (IFRS 3.34).
(2) Anwendung auf den Fall: Identifizierung des anzusetzenden Unterschiedsbetrags in der Bilanz der A-AG
Das Nettovermögen der B-GmbH ergibt sich durch Abzug der Schulden (1,6 Mio. GE) von den Vermögenswerten (2 Mio. GE) i.H.v. 0,4 Mio. GE. Da der Kaufpreis 0,8 Mio. GE beträgt, muss die A-AG den sich ergebenden Unterschiedsbetrag von 0,4 Mio. GE als Geschäfts- oder Firmenwert aktivieren.
3. Folgebewertung eines aktivierten Geschäfts- oder Firmenwerts gemäß den IFRS
a) Umsetzung der Einheitstheorie seitens des IASB: Impairment Only Approach
Ein im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbener Geschäfts- oder Firmenwert ist nicht planmäßig abzuschreiben, sondern (mindestens) einmal jährlich gemäß IAS 36 „Wertminderung von Vermögenswerten“ auf eine Wertminderung zu prüfen (sog. Werthaltigkeits- oder Impairmenttest)302 und gegebenenfalls außerplanmäßig abzuschreiben. Im Unterschied zu den handelsrechtlichen GoB folgen die IFRS damit der Einheitstheorie, nach der eine Trennung von derivativem und originärem Geschäfts- oder Firmenwert als unmöglich erachtet wird.
Gemäß den IFRS ist der Geschäfts- oder Firmenwert ein Vermögenswert (IFRS 3, Anhang A), der jedoch keine Zahlungsströme unabhängig von anderen Vermögenswerten generieren kann. Aus diesem Grund ist er in einem Impairmenttest sog. zahlungsmittelgenerierenden Einheiten zuzuordnen.303 Eine zahlungsmittelgenerierende Einheit ist „die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die Mittelzuflüsse erzeugen, die weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten sind“ (IAS 36.6).
Ein Wertminderungsaufwand ergibt sich für den Fall, dass der Buchwert der zahlungsmittelgenerierenden Einheit (also einschließlich des zugewiesenen Geschäfts- oder Firmenwerts) den erzielbaren Betrag, der sich als Maximum aus Nutzungswert und beizulegendem Zeitwert abzüglich der Verkaufskosten ergibt, übersteigt (IAS 36.6 und 36.58).304 Ein identifizierter Wertminderungsaufwand ist zuerst mit dem Geschäfts- oder Firmenwert zu verrechnen. Erst nachdem dieser vollständig abgeschrieben ist, wird der Aufwand anteilig als Abschreibung auf die Buchwerte der Vermögenswerte der zahlungsmittelgenerierenden Einheit verteilt (IAS 36.114). Ein wertgeminderter Geschäfts- oder Firmenwert bleibt von einer späteren Wertaufholung ausgeschlossen (IAS 36.122 und 36.124).
b) Anwendung auf den Fall: Aufteilung des Geschäfts- oder Firmenwerts auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten und Prüfung des Vorliegens einer Wertminderung
Das Ziel einer einheitlichen Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts ist aufgrund der Unterschiede zwischen den Vorschriften des Handelsrechts und der IFRS schon im Erwerbszeitpunkt nicht möglich; die Folgebewertung unterscheidet sich grundlegend.
In einem ersten Schritt ordnet die A-AG den derivativ erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert den zahlungsmittelgenerierenden Einheiten zu. Vierzig Prozent des Geschäfts- oder Firmenwerts ordnet sie dem größeren der zwei Geschäftsbereiche der (ehemaligen) B-GmbH zu. Der etwas kleinere der zwei Geschäftsbereiche wird mit einem Teil des bestehenden Geschäfts zu einer neuen Organisationseinheit zusammengelegt und der restliche Geschäfts- oder Firmenwert zugerechnet.
Im Laufe des Geschäftsjahrs lagen keine Anhaltspunkte vor, dass eine der zwei Einheiten wertgemindert sein könnte; eine Überprüfung am Jahresende ergab, dass der erzielbare Betrag den Buchwert jeweils übersteigt; folglich übernimmt die A-AG die Werte unverändert in die folgende Eröffnungsbilanz.
4. Ergebnis nach IFRS
Die Transaktion zwischen der A-AG und der B-GmbH stellt einen Unternehmenszusammenschluss im Sinne von IFRS 3 dar und fällt damit in dessen Anwendungsbereich. Der Kauf der B-GmbH geschieht im Zuge eines Asset Deal. Der sich nach der vollständigen Neubewertung ergebende positive Unterschiedsbetrag von 0,4 Mio. GE ist deswegen im Einzelabschluss der A-AG für das Geschäftsjahr 01 als Geschäfts- oder Firmenwert zu erfassen.
III. Gesamtergebnis
1. Der Geschäfts- oder Firmenwert ist nach geltenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung ein Vermögensgegenstand. Für einen selbst erstellten Geschäfts- oder Firmenwert besteht ein Aktivierungsverbot, ein derivativ erworbener ist hingegen im Jahresabschluss anzusetzen. Voraussetzung für eine Aktivierung des Geschäfts- oder Firmenwerts ist ein Unternehmenszusammenschluss in Form eines Asset Deal, da ansonsten die erworbenen Unternehmensanteile direkt zu ihren Anschaffungskosten aktiviert werden.
2. Der Ansatz der übernommenen Aktiva und Passiva gemäß den GoB richtet sich nach den allgemeinen Prinzipien des Vermögensgegenstands- und Verbindlichkeitsbegriffs, wobei der Unternehmenszusammenschluss zu berücksichtigen ist. Eine Bewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert. Im Vergleich mit der bewirkten Gegenleistung von 0,8 Mio. GE ergibt sich daraus für die A-AG ein positiver Unterschiedsbetrag von 0,3 Mio. GE, den sie im Erwerbszeitpunkt als Geschäfts- oder Firmenwert zu aktivieren hat.
3. Die Bilanzierung eines Unternehmenserwerbs nach IFRS fällt in den Anwendungsbereich des IFRS 3. Übereinstimmend mit den GoB besteht für einen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert ein Aktivierungsgebot, im Einzelabschluss ist er nur zu erfassen, wenn er einem Asset Deal entwächst; ein originär geschaffener ist vom Ansatz ausgeschlossen. Existieren negative Unterschiedsbeträge, sind diese abweichend zu den GoB nach eingehender Prüfung unmittelbar erfolgswirksam zu erfassen. Das Wahlrecht, Minderheiten zum beizulegenden Zeitwert berücksichtigen zu können, ist für den Einzelabschluss ohne Belang.
4. Nach IFRS 3 müssen alle wirtschaftlichen Vor- und Nachteile auf ihre Vermögenswert- bzw. Schuldeneigenschaft überprüft werden. Einzeln identifizierbare immaterielle Vermögenswerte sowie Eventualschulden müssen dabei vollständig erfasst werden. Die Bewertung der einzelnen Posten erfolgt zum Fair Value. Da die B-GmbH Eventualschulden von 0,1 Mio. GE aufweist, die gemäß den IFRS von der A-AG nunmehr zu passivieren sind, ist der positive Unterschiedsbetrag mit 0,4 Mio. GE höher als nach GoB. Die A-AG muss ihn im Zugangszeitpunkt aktivieren.
5. Ein wesentlicher Unterschied zwischen GoB und IFRS besteht auch in der Folgebewertung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts. Die GoB folgen der Trennungstheorie und sehen eine planmäßige Abschreibung vor; der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ist zudem, wie alle Vermögensgegenstände, einer außerplanmäßigen (Teilwert-)Abschreibung zugänglich. Die IFRS folgen demgegenüber der Einheitstheorie und sehen für den einmal aktivierten Geschäfts- oder Firmenwert ausschließlich einen regelmäßig durchzuführenden Werthaltigkeitstest vor; eine planmäßige Abschreibung ist unzulässig.
6. Die A-AG schreibt den Geschäfts- oder Firmenwert in der Handelsbilanz über zehn Jahre ab. Es liegen keine Gründe für eine (außerplanmäßige) Abschreibung bzw. Wertminderung vor. Dementsprechend wird gemäß den IFRS der Geschäfts- oder Firmenwert unverändert in die folgende Eröffnungsbilanz übernommen.
Weiterführende Literatur
HGB: | |
Breidert, Ulrike, | Grundsätze ordnungsmäßiger Abschreibungen auf abnutzbare Anlagegegenstände, Düsseldorf 1994, S. 165–216 |
Duhr, Andreas, | Grundsätze ordnungsmäßiger Geschäftswertbilanzierung, Düsseldorf 2006 |
Moxter,
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