wir wieder auf die Tanzfläche hinab. Wann hatte ich das letzte Mal so einen Spaß? Die Menschen um uns herum grölen immer noch lautstark, als wir zu unserem Tisch gehen, die Rechnung bezahlen und dem Ausgang zustreben.
»Das war einfach abgefahren«, schwärmt sie noch und kuschelt sich verspielt an mich, als ich von einem Mann am Eingang angerempelt werde, der gerade die Bar betreten will. Ich hebe den Kopf und unsere Blicke treffen sich. Verdammt, es ist Nathan Bishop! Überrascht fixiert er mich, bevor sein Blick zu Sunday gleitet. Sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck weckt Erinnerungen in mir, die ich eigentlich verdrängen wollte. Ihn wollte ich verdrängen, einfach aus meinem Gedächtnis streichen. Doch jetzt steht er vor mir.
»Jay, du? Lange nicht gesehen«, dringt seine Stimme an mein Ohr.
»Nathan«, knurre ich kurz angebunden. Dann wendet er sich Sunday zu und mein Griff um ihre Taille wird fester. Besorgt sieht sie mich an.
»Und wer ist die junge hübsche Frau an deiner Seite?«, will er wissen.
Das geht dich einen verdammten Dreck an!, würde ich ihm am liebsten entgegenschleudern, aber ich sage nichts, sondern stehe nur mit finsterer Miene vor ihm und warte, dass er endlich weitergeht. Doch dieser Wunsch wird mir nicht erfüllt. Er beobachtet mich ganz genau und versucht, in meinem Mienenspiel etwas zu erkennen. Aber ich gebe mich emotionslos. Nur das leichte Zucken meiner Kiefermuskeln zeigt meinem Gegenüber, wie angespannt ich bin. Ich drücke Sundays Hand, als müsste ich sie beschützen. Leise flüstert sie meinen Namen, aber ich schüttle nur ganz leicht den Kopf, ohne meinen Blick von Nathan zu nehmen. Seit Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen und ich verspüre auch nicht den Drang, unsere frühere Bekanntschaft wieder aufzufrischen. Was macht er wieder hier in Boston?
Da ich auf seine Frage nicht eingehe, versucht er eine andere Taktik, mich aus der Reserve zu locken.
»Ich habe in der Zeitung gelesen, dass du einen Club eröffnest. Da sollten wir unbedingt einmal darüber reden. Ich hätte da so eine Idee.«
»Tut mir leid, aber an Geschäften bin ich nicht interessiert. Du entschuldigst uns, wir haben es eilig«, fertige ich ihn schnell ab. Dabei greife ich nach Sundays Arm und schiebe sie an ihm vorbei auf den Bürgersteig.
»Ich habe nichts vergessen. Du scheinbar schon. Aber das kann man schnell ändern«, zischt er mir noch nach.
Ich könnte ihn ungespitzt in den Boden rammen. Die aufgeheizte, knisternde Stimmung zwischen Sunday und mir hat einen Dämpfer bekommen.
»Schön, Sie kennengelernt zu haben«, ruft er Sunday hinterher. Sie dreht sich kurz um und nickt nur irritiert, bevor ich sie schnell zu meinem Wagen führe.
»Wer war das?«, fragt sie mich aufgeregt, als ich ihr die Wagentür aufhalte.
»Niemand«, antworte ich, während ich mich noch einmal zu der Bar umdrehe. Aber Nathan ist verschwunden.
11 – Sunday
»Willst du mit mir schlafen?« Meine Stimme ist leise. Fast flüstere ich die Worte, während er vor mir steht und zu überlegen scheint, wie er reagieren soll. Er streicht über meine Wange und wirkt nachdenklich. Und dann erscheint ein Lächeln auf seinen Lippen.
»Mit dir schlafen? Das ist etwas, das ich schon Jahre nicht mehr getan habe. Nein, ich werde nicht mit dir schlafen. Ganz im Gegenteil, ich werde dich in meine Welt einführen.«
In meine Welt einführen. Das ist nicht die Antwort, die ich erwartet hatte. Ein leichter Windzug weht um das Haus, sodass ich kurz zusammenzucke. Aber eigentlich nicht wegen der kalten Luft, sondern wegen Jays Worten, die in mir eine Welle freudiger Erwartungen auslösen.
Dann ist da immer noch dieser Unbekannte, der in mir kurz ein unangenehmes Gefühl hinterlassen hat. Aber Jay ist nicht weiter auf ihn eingegangen, also ist die Begegnung vielleicht unwichtig. Er hat im Wagen nur meine Hand genommen, kleine Küsse darauf verteilt und mir gesagt, ich sollte keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden, bevor er sich eilig in den Nachtverkehr eingereiht hat. Er hat recht, was geht mich dieser Fremde an? Ich konzentriere mich wieder auf Jay.
Der Abend war fantastisch. Ich habe mich einfach nur leicht und ausgeglichen gefühlt. Selbst als er mich auf die Bühne gezogen hat, hat es mir im Grunde nichts ausgemacht.
Ich bin auf dem besten Wege, mich Hals über Kopf in ihn zu verlieben, in einen Mann, den ich nicht kenne, dessen Gewohnheiten und Vorlieben mir fremd sind. Trotzdem habe ich mich ihm anvertraut und das fühlt sich richtig an. Seine Worte sind sanft, als er weiterspricht.
»Aber nicht heute und nicht jetzt. Erst, wenn du bereit dazu bist.«
»Bereit wozu?« Als wüsste ich das nicht! Ich will es einfach nur von ihm hören.
Er schweigt. Aber ich will ihn nicht gehen lassen, nicht jetzt und nicht so. Ich stecke viel zu tief in meinem Gefühlschaos, als dass ich jetzt einen Rückzieher machen könnte. Ich will ihn, egal auf welche Weise.
»Wir sind ganz allein im Haus.« Es ist eine eindeutige Einladung von mir und trotzdem zögert er noch. »Wovor hast du Angst?«, versuche ich, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
Endlich erhellt ein Lächeln sein Gesicht, bevor er sich zu mir vorbeugt, zwei Finger unter mein Kinn legt und meine Lippen mit seinem Mund in Besitz nimmt. Er drängt mich gegen die Hauswand und ich schlinge meine Arme und seinen Körper. Die Kälte des Mauerwerks nehme ich nur am Rande wahr. Alles, was ich fühle, ist die Hitze, die von seinem Körper ausgeht. Als hätten wir den ganzen Abend dieser Situation entgegengefiebert, berühren sich unsere Lippen begierig, seine Zunge dringt in meinen Mund ein und seine Hände erkunden meinen Körper. Ich will ihn endlich spüren.
Den ganzen Abend über empfinde ich schon das Verlangen, von ihm berührt zu werden. Nicht wie beim Tanzen, als er mich in seinen Armen gehalten hat, ich will alles von ihm, seine Hände, die meine nackte Haut berühren, seine Lippen, die mich an Körperstellen küssen, die bis jetzt nur Sean geküsst hat. Fast schäme ich mich für meine Gedanken, doch die Vorstellung heizt meine Leidenschaft nur noch mehr an.
»Du hast doch bestimmt Kaffee im Haus?«, murmelt er heiser an meinem Ohr.
»Ja«, stöhne ich leise.
»Aber den trinken wir hinterher.«
Er nimmt mir die Schlüssel aus der Hand und öffnet die Tür.
»Wo ist dein Schlafzimmer?«, flüstert er.
Mein Blick gleitet die Treppe nach oben, bevor ich mich wieder in seinen Augen verliere, aus denen mir Verlangen entgegen strömt. Entschlossen schiebt er die Hände unter meine Oberschenkel und hebt mich auf seine Arme. Verblüfft über seine spontane Tat stoße ich einen kleinen Schrei aus und drücke mein Gesicht an seine Schulter.
Sein Duft, der mir schon so vertraut ist, steigt mir in die Nase und verdrängt alle Gedanken bis auf diesen einen: Ich will ihn. Auf welche Weise auch immer.
»Welches ist dein Zimmer?«, raunt er durch einen Schleier aus Haaren an mein Ohr. Ich hebe den Kopf, sodass mir meine Haare verrucht über die eine Gesichtshälfte fallen.
»Das letzte auf dem Flur rechts«, flüstere ich leise. Entschlossen setzt er seinen Gang fort, bis er die Tür erreicht, und stößt sie auf. Vor ihm erstreckt sich mein Bett, das ich gestern noch mit frischen Laken bezogen habe. Die Jalousie ist zur Hälfte heruntergelassen und nur spärliches Licht fällt in den Raum. Jays Blick ist auf mich fixiert, als er mich auf dem Bett absetzt.
»Nett hast du es hier.«
»Ach ja, als hättest du dafür einen Blick übrig«, necke ich ihn.
Sein anzügliches Lächeln ist Bestätigung genug, dass er auf mein Spiel eingehen wird. Ich muss auch nicht lange warten, bis er die Initiative ergreift, sich zu mir herunterbeugt, seine Hände neben meinem Körper aufstützt und mich küsst. Es ist wieder einer seiner verführerischen Küsse, die mich alles um mich herum vergessen lassen.
Jay zwängt seine Knie zwischen meine Schenkel und drückt mich mit seinem Körper immer weiter in die Matratze, bis er auf mir liegt, seine