republikanisch wählt. Es gibt nur wenige ländliche Gebiete, die demokratisch wählen. Den Berechnungen von Marc Muro, Politikchef des Metropolitan Policy Program des Brookings Institute, zufolge liegt die Scheidelinie bei einer Bevölkerungsdichte von etwa 900 Einwohnern pro Quadratmeile (347 Einwohnern pro Quadratkilometer). Gebiete, die darüberliegen, wählen tendenziell demokratisch; Gebiete, die darunterliegen, wenden sich den Republikanern zu.[24] Vor Jahrzehnten, als die Parteien weniger sortiert waren, hatte die Bevölkerungsdichte weniger Einfluss auf die Vorhersagen unserer Parteibindung. Heute, so zeigt der Politikwissenschaftler Jonathan Rodden in seinem Buch Why Cities Lose, ist die Bevölkerungsdichte des Ortes, an dem wir leben, zu einem mächtigen Faktor bei der Vorhersage der Parteibindung geworden.
Die Herausbildung der Kluft zwischen Parteibindung und Bevölkerungsdichte
Christina Animashaun. Quelle: Rodden, Jonathan A.: Why Cities Lose: The Deep Roots of the Urban-Rural Political Divide, New York: Basic Books 2019.
Man könnte es auch »Die Geschichte von den zwei Clintons« nennen. Der Politikanalyst Ron Brownstein schrieb dazu in The Atlantic, hinter Bill Clinton hätte »knapp die Hälfte der 3100 Countys des Landes« gestanden. Und weiter: »Seither jedoch haben sich die Demokraten in die urbanen Zentren zurückgezogen.«[25] Im Jahr 2000 gewann Al Gore die Wahl in weniger als 700 Countys. Obama gewann 2012 das Popular Vote zwar mit sehr viel mehr Vorsprung als Gore, lag jedoch insgesamt in nur etwa 600 Countys vorn. Und Hillary Clinton holte 2016 den Sieg in weniger als 500 Countys – das sind 1000 Countys weniger, als ihr Ehemann 25 Jahre davor gewann.
Was die Kluft zwischen Stadt und Land besonders destabilisierend wirken lässt, sind die wirtschaftlichen Gräben, die sie nachzeichnet. Auf einer Konferenz, die im März 2018 in Indien stattfand, entfesselte Hillary Clinton einen politischen Aufschrei, als sie sagte: »Ich habe diejenigen Wahlbezirke geholt, in denen zwei Drittel des BIP der USA erwirtschaftet werden. Also habe ich dort gewonnen, wo es Optimismus, Diversität und Dynamik gibt, wo Entwicklung stattfindet.«[26] Mal abgesehen von der Frage, ob dieser Kommentar von Hillary Clinton angemessen war oder nicht – die Daten sind belastbar. Sie stammen aus einem Report des Brookings Institute, der zu dem Ergebnis kam, dass »sich in den weniger als 500 Countys, die Hillary Clinton landesweit gewonnen hat, gewaltige 64 Prozent der in den USA stattfindenden wirtschaftlichen Aktivitäten konzentrieren, gemessen an der gesamten in den USA erbrachten Wirtschaftsleistung 2015«.[27] Zum Vergleich: Die Countys, die Gore im Jahr 2000 holte, standen für 54 Prozent des gesamten BIP.
Die Unterschiede, die wir messen können, verdecken die Unterschiede, die wir nicht messen können oder die wir noch gar nicht unter die Lupe genommen haben. In The Big Sort: Why the Clustering of Like-Minded America Is Tearing Us Apart schreibt Bill Bishop sehr wortgewandt über die verwirrend komplexen Faktoren, die bestimmen, wo wir leben:
Jährlich ziehen zwischen vier und fünf Prozent der Bevölkerung von einem County in ein anderes, das waren während der letzten zehn Jahre 100 Millionen Amerikaner. Sie wechseln den Wohnort, um eine neue Stelle anzutreten, näher bei ihren Familien zu sein oder der Sonne zu folgen. Bei ihrer Suche nach einem Ort, der in Frage kommt, haken sie eine Liste von Vorzügen und Merkmalen ab, die der neue Wohnort bieten sollte: Ist die passende Kirche in der Nähe? Die richtigen Cafés? Wie weit entfernt ist das Viertel, in dem wir wohnen werden, vom Stadtzentrum? Wie hoch ist die Miete? Ist der Ort sicher? Wenn Menschen umziehen, treffen sie auch eine Wahl in Bezug darauf, wer ihre neuen Nachbarn sein werden und mit wem sie ihr neues Leben teilen werden.[28]
Alle diese Entscheidungen und Faktoren stehen in Beziehung zu unseren politischen Einstellungen und Identitäten. So ermittelte etwa Wasserman nach den Präsidentschaftswahlen 2018, dass demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses nun 78 Prozent aller Standorte von Filialen der Biomarktkette Whole Foods vertraten, dagegen nur 27 Prozent aller Standorte der Restaurant- und Souvenirladenkette Cracker Barrels. In der Theorie haben Bioäpfel oder die tägliche Portion Waffeln nichts an sich, woraus sich unsere Politik ableiten ließe, doch unsere Affinitäten und Präferenzen überlagern einander auf höchst komplexe Weise.[29]
Der direkte Einfluss, den Parteibindung bei solchen Entscheidungen spielt, ist leicht zu überschätzen. Es stimmt zwar, dass Demokraten bevorzugt unter Demokraten leben und Republikaner unter Republikanern, dennoch zeigen Studien, dass die Entscheidung von Menschen für ihren neuen Wohnort letztlich von anderen Überlegungen dominiert wird: Hauspreisen, der Qualität der Schulen, der Kriminalstatistik und ähnlichen mit der Lebensqualität zusammenhängenden Fragen.[30] Allerdings liegt der entscheidende Faktor nicht in den kleinen Bewegungen, die Menschen zwischen Kommunen vollziehen, sondern in den großen Entscheidungen, die sie treffen (bzw. die ihre Eltern oder die Eltern ihrer Eltern getroffen haben), nämlich, ob sie lieber in einer ländlichen Gegend leben möchten oder in einer urbanen.
In dem Maß, wie sich die Parteien in ethnischen, religiösen, ideologischen Fragen und auch geographisch voneinander unterscheiden, verstärken die Signale, die uns sagen, ob ein Ort unser Ort, eine Gemeinde unsere Gemeinde werden kann, unsere politischen Differenzen. Und je stärker wir uns diesen Differenzen entsprechend sortieren, desto stärker werden die Unterschiede im Hinblick auf unsere Präferenzen. Pew fand 2017 heraus, dass »die meisten Republikaner (65 Prozent) sagen, sie würden lieber in einer Gemeinde leben, in der die Häuser größer sind und weiter auseinanderstehen und Schulen und Einkaufsmöglichkeiten nicht in der Nähe sind. Eine Mehrheit der Demokraten (61 Prozent) bevorzugt kleinere Häuser in fußläufiger Nähe zu Schulen und Einkaufsmöglichkeiten.«[31] Daher wird aus einer Präferenz, die auf den ersten Blick nichts mit Politik zu tun zu haben scheint – »Ich möchte ein großes Haus mit Garten haben« oder »Ich möchte in einer bunten Stadt leben, in der es viele neue Restaurants gibt« –, eine weitere Kraft, die uns voneinander wegzieht.
Es gibt einen Grund dafür, warum sich diese trennenden Faktoren alle übereinanderstapeln: Sie zeichnen nicht nur Unterschiede in unseren politischen Auffassungen nach, sondern auch Unterschiede in unserer Psychologie.
Die psychologischen Wurzeln unserer politischen Einstellungen und unseres politischen Handelns
Beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Menschen sind verschieden. Mein älterer Bruder ist ein geselliger Mensch, immer auf Small Talk aus, imstande, innerhalb von Sekunden Verbindung zu fremden Menschen herzustellen. Ich dagegen stehe auf Cocktailpartys in der Ecke und fühle mich unwohl in der Gegenwart von Menschen, die ich nicht bereits gut kenne. Meine jüngere Schwester ist eine talentierte Künstlerin. Sie entwirft Schmuck und macht psychedelische Kunst, seit sie sechs war. Ich habe eine derart schlechte Handschrift, dass ich in meinen Dreißigern einen Kurs belegte, um sie zu verbessern. Und wenn Sie mich bitten würden, eine Person zu skizzieren, dann würde ich einen kleinen Kreis als Kopf auf einen größeren Kreis setzen, der den Körper darstellt, wie ein Sechsjähriger, der gerade zeichnen lernt. Resultat: Mein Bruder, der Socializing eher mag als ich, macht mehr Socializing. Meine Schwester, mit ihrem Talent für Kunst, macht mehr Kunst.
Einige dieser Unterschiede haben ihre Wurzeln darin, wie wir aufgewachsen sind, in den von uns gemachten Erfahrungen. Andere dagegen machen sich schon kurz nach der Geburt bemerkbar. Psychologen sprechen von den Big Five, den fünf Hauptmerkmalen der Persönlichkeit: Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion und Introversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. Wie wir uns im Hinblick auf diese Merkmale einordnen, kann bereits in der Kindheit gemessen werden und formt unser Leben. Es beeinflusst, wo wir leben, was wir mögen und wen wir lieben. Und zunehmend beeinflusst es auch unsere politischen Einstellungen und unser politisches Handeln.
In ihrem Buch Open versus Closed: Personality, Identity, and the Politics of Redistribution schreiben die Politikpsychologen Christopher D. Johnston, Howard G. Lavine und Christopher M. Federico: »Demokraten und Republikaner unterscheiden sich heute scharf durch ein Set grundlegender psychologischer Dispositionen im Hinblick auf erfahrungsbezogene Offenheit – einer allgemeinen Dimension der Persönlichkeit, die sich aus der Toleranz gegenüber Bedrohungen und Unsicherheiten im Umfeld einer Person speist.«[32]
Ähnliche Argumente finden sich, wenn auch auf leicht abweichenden Daten beruhend, bei den Politikwissenschaftlern