im Congressional Record, dem Kongressarchiv. Er war außerdem einer der ineffektivsten. Joseph Crespino erinnert in seinem Buch Strom Thurmond’s America, dass Südstaatensenatoren Monate damit verbracht hatten, die Gesetzesvorlage auszuhöhlen. Sie kassierten Abschnitt 3, der dem Justizminister erlaubte, Anklage wegen Diskriminierung an öffentlichen Plätzen zu erheben. Sie hebelten die Bestimmungen zum Wahlrecht aus, die in Fällen von Wählerbehinderung die Untersuchung durch ein Geschworenengericht garantierten; kein Geschworenengericht in den Südstaaten würde jemals einen weißen Wahlvorsteher dafür verurteilen, Afroamerikaner am Wählen gehindert zu haben. Thurmond selbst pries die Errungenschaften. Er sagte, sie hätten »dem sogenannten Bürgerrechtsgesetz die giftigsten Zähne gezogen«, und lobte die demokratischen Senatoren Richard Russell und Lyndon B. Johnson, die diese Bemühungen angeführt hatten, dafür, »einen phantastischen Job« gemacht zu haben. Dann beschloss er, ihren Job sehr viel schwerer zu machen.
Der Deal, den Russell und Johnson abgeschlossen hatten, war der: Sollten Republikaner und gemäßigte Demokraten ihnen gestatten, das Gesetz zu schwächen, würden sie ihre Senatskollegen aus den Südstaaten überreden, es passieren zu lassen. Im Senat der fünfziger Jahre, einem exklusiven Club, war ein Wort ein Wort. Seine Seite der Vereinbarung einzuhalten war notwendig, um auch in Zukunft Pakte schließen zu können. Falls Südstaatler die Gesetzesvorlage kippten, so warnte ein Mitarbeiter Johnsons, könnte der Süden »nicht nur die Fähigkeit verlieren, jemals wieder Einfluss auf die Bürgerrechtsgesetzgebung auszuüben, sondern jeglichen Einfluss im Kongress überhaupt«. Also stimmten die Senatoren aus den Südstaaten zu: Es würde keinen Filibuster geben. Berichten des Magazins Time zufolge war Thurmond »einer der Ersten, die dieser Übereinkunft zustimmten«.[1]
Doch dann ging eine Flut von Telegrammen und Briefen von Befürwortern der Rassentrennung ein. Thurmond bat Russell, noch einmal über eine organisierte Verschleppungstaktik nachzudenken. Russell lehnte ab. Also nahm Thurmond die Dinge selbst in die Hand. Er brachte das Gesetz zwar nicht in Gefahr, ließ jedoch seine Südstaatenkollegen schlecht aussehen. Sie hielten still, um die Rassentrennung aufrechtzuerhalten. Er wurde laut, um seine Karriere voranzutreiben. Er ließ es so aussehen, als wäre er der einzige Senator, der den Mut hatte, seine Stimme zu erheben und die Rassenhierarchie des Südens zu verteidigen. »O Gott, der giftige Hass seiner Südstaatenkollegen«, erinnerte sich ein Mitarbeiter aus Johnsons Stab. Der vornehme Russell verdammte Thurmonds Ermüdungsrede als einen Akt »persönlicher politischer Selbstherrlichkeit«. Der Gesetzentwurf ging trotz Thurmonds Einwänden durch.
Der einsame, womöglich kontraproduktive Widerstand gegen das Bürgerrechtsgesetz ist Thurmonds berühmteste Ermüdungsrede, aber nicht seine konsequenteste. Die kam 1965, nachdem Präsident Johnson mit einem erdrutschartigen Sieg seine Wiederwahl gesichert hatte und es den Demokraten gelang, eine bemerkenswerte Zweidrittelmehrheit im Senat zu erreichen. Die Demokraten sahen darin eine Gelegenheit, sich auf Jahrzehnte hinaus Unterstützung zu sichern, indem sie die Taft-Hartley-Regelung abschafften, die es Bundesstaaten erlaubte, eigene Arbeitsgesetze zu erlassen, was die Fähigkeit der Gewerkschaften untergrub, Belegschaften gewerkschaftlich zu organisieren. Käme der Gesetzentwurf durch, dann könnten die Gewerkschaften, befreit von der Beschränkung, die sie am stärksten knebelte, mehr Arbeiter organisieren und mehr Wählerstimmen für die Demokraten sichern.
Alle dachten, das würde ganz leicht. Mit 86 Demokraten im Senat musste eigentlich alles ganz leicht sein. Doch Thurmond führte mit Unterstützung der Geschäftswelt eine Gruppe von Demokraten aus den Südstaaten und konservativen Republikanern in eine Verschleppungstaktik. Dieses Mal dauerte seine Ermüdungsrede kaum fünf Stunden. Und das reichte auch. Im Gegensatz zu seinem Filibuster im Zusammenhang mit dem Bürgerrechtsgesetz stand er jetzt nicht allein, hatte genügend Verbündete, um eine Gesetzgebung abzuwürgen, die unter anderen Umständen durchgegangen wäre. Dieser Filibuster trieb einen tiefen Nagel in den Sarg der Gewerkschaftsbewegung – und schwächte die Demokratische Partei.
Thurmond bekam auf der Punktekarte der Organisation Americans for Democratic Action (ADA), die als grober Maßstab dafür gilt, wie liberal ein Senator ist, normalerweise eine Null. Er war der zweitverlässlichste Verbündete des republikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower im Senat. Er war einer von Goldwaters engsten Alliierten. Wie sein gegen die Gewerkschaften gerichteter Filibuster suggeriert, war er konservativ in Bezug auf alles. Crespino legt überzeugend dar, dass Thurmond als Ahnherr des modernen Konservatismus gesehen werden muss. »1948, als Goldwater noch ein Jahr entfernt war von seiner Kandidatur für den Stadtrat von Phoenix, Arizona, und Reagan noch Schauspieler, prangerte Präsidentschaftskandidat Thurmond die Einmischung der Regierung in private Angelegenheiten, den wachsenden sozialistischen Impuls in der amerikanischen Politik und die Gefahren des Etatismus an«, schreibt er. Doch bis wenige Monate vor seiner Ermüdungsrede von 1965 war Thurmond Demokrat gewesen. Er wurde 1954 als Demokrat in den Senat gewählt und wechselte erst 1964 zur Republikanischen Partei.
Thurmonds Politik und Lebensweg sind eine Miniaturausgabe der politischen Neuausrichtung in den USA im 20. Jahrhundert. Um zu verstehen, was in der amerikanischen Politik zwischen 1950 und 2018 geschehen ist, muss man verstehen, was die Demokratische Partei der Südstaaten war und was aus ihr wurde. Wie der berühmte Politikwissenschaftler V.O. Key jr. aufzeigte, war die Demokratische Partei der Südstaaten eine Institution für sich. Innerhalb der Südstaaten »[ist] die Demokratische Partei überhaupt keine Partei, sondern eine Vielheit aus Lagern, die um Ämter kämpfen«.[2] Zu ihr gehörten Liberale und Konservative, Funktionäre und Reformer. In der Bundespolitik dagegen bildeten die Südstaatendemokraten eine einheitliche Front, »das Instrument für den Umgang mit den ›Außenbeziehungen‹ des Südens mit dem Rest der Nation«.
Dass der Süden das Gefühl hatte, eine Art diplomatische Strategie für seinen Umgang mit dem Rest des Landes zu brauchen, ist nur wenig überraschend. Der Bürgerkrieg lag zu der Zeit, als das Bürgerrechtsgesetz verabschiedet wurde, nur 100 Jahre zurück, und während dieses Interregnums hatte der weiße Süden unermüdlich versucht, seine innenpolitisch oberste Priorität – die Durchsetzung der weißen Überlegenheit, an Ort und Stelle gehalten vom Zweiklang der beiden Waffen Gesetz und Gewalt – gegen seine erzwungene Mitgliedschaft in dem größeren Gebilde der Vereinigten Staaten auszubalancieren. Die Demokratische Partei der südlichen Staaten war das Vehikel, das half, diese Spannungen erträglich zu machen. Einfach ausgedrückt war die Demokratische Partei der Südstaaten eine autoritäre Institution, die im Süden autokratisch herrschte und ihre Autonomie schützte, indem sie sich in eine Regierungskoalition mit der nationalen Demokratischen Partei begab. Die Dixiekraten gaben den nationalen Demokraten die Stimmen, die diese brauchten, um den Kongress zu kontrollieren, und die nationalen Demokraten sorgten dafür, dass die Dixiekraten zu Hause die Rassentrennung und die Einparteienherrschaft zementieren konnten.
Der Pakt zwischen Dixiekraten und Demokraten erinnert uns auf machtvolle Weise daran, dass es schlimmere Dinge gibt als Polarisierung, dass das, was heute allgemein als Goldenes Zeitalter der amerikanischen Politik im Gedächtnis ist, um einen schrecklichen Preis erkauft wurde. In seinem Buch Paths Out of Dixie: The Democratization of Authoritarian Enclaves in America’s Deep South argumentiert Robert Mickey:
In den 1890er Jahren gründeten die politischen Anführer der elf ehemaligen Konföderiertenstaaten unter dem »demokratischen« Banner stabile, autoritär von einer Partei regierte Enklaven. Nach Sicherung einer an Bedingungen geknüpften Autonomie vom Zentralstaat und der nationalen Partei verkleinerten diese Herrscher das Wahlvolk, schikanierten und unterdrückten Oppositionsparteien und schufen und regulierten nach Rassen getrennte – und signifikant unfreie – öffentliche Bereiche. Staatliche finanzierte Gewalt zwang diese Elemente in ein System, das billige Arbeitskräfte für die Landwirtschaft und weiße Überlegenheit sicherte.[3]
Falls es Ihnen merkwürdig vorkommt, über die Vereinigten Staaten in einer Sprache zu lesen, die wir häufig benutzen, um über, sagen wir mal, die postkommunistischen Sowjetrepubliken zu schreiben, nun, dann liegt genau darin der Punkt, zumindest teilweise. »Amerika ist geprägt vom Streben nach gesellschaftlichem Aufstieg«, meint Carol Anderson, Verfasserin von White Rage und Professorin für Afroamerikanische Studien an der Emory University. »Das macht es so besonders. Marginalisierte Menschen haben diesen Anspruch genutzt und gesagt: ›Wer man ist, ist das eine, was man tut, ist das andere.‹ Aber es