Pete Hackett

Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane


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ich werde mich kratzen, Mister Scott!“

      Bevor Harry Scott antworten konnte, ging die Tür auf. Glenn hatte den Revolver schon halb heraus, als er sah, dass es Mrs. Ionu war, die da hereinkam. Eine zierliche Frau mit einer noch immer unvergangenen Schönheit im Gesicht. Ihr dunkles Haar war an den Seiten leicht ergraut, doch sonst wirkte Mrs. Ionu jünger als sie war. Nur blass war sie, und Glenn, der sie selten so nahe gesehen hatte, spürte, dass sie krank sein musste.

      „Was schreist du so?“, fragte sie und sah ihren Mann vorwurfsvoll an. Dann wandte sie sich Harry Scott und Glenn zu. Harry Scott verbeugte sich leicht und grüßte mit der Höflichkeit eines Gentleman. Glenn grüßte auch, aber bei ihm fiel es viel eckiger und ungelenker aus.

      „Mein Name ist Scott, Madam, Harry Scott. Und dies ist mein Sohn Glenn, den Sie sicher kennen werden.“

      „Ja“, sagte sie und musterte Glenn leicht verwundert. „Ich entsinne mich. Er gehört doch zur Mannschaft meines Mannes.“

      „Er gehörte, Madam. Ihr Gatte war so freundlich, ihn gestern hinauszuwerfen, weil er nicht zugeben wollte, dass sein Vater ein Mörder sei, wie Ihr lieber Gatte behauptet hatte.“

      Ionu schwieg. Er sah nur seine Frau an und lauerte auf die Gelegenheit, wo er das Konzept endlich in die Hand bekommen konnte. Man sah ihm nicht an, dass er seine Frau in diesem Augenblick an alle Ecken des Kontinents wünschte, nur nicht in diesen Raum.

      „Aber, aber lieber Mr. Scott, das hieße ja, dass Sie ein Mörder ...“

      „Sagt nur Ihr lieber Gatte, Madam. Nur er hat das behauptet. Ich aber bin hier, um mit ihm darüber zu verhandeln ...“

      „Stop! Das ist nicht die Sache meiner Frau!“, protestierte Ionu.

      Harry Scott lächelte sanft und sah Ionu an.

      „Ich denke aber doch, Mr. Ionu. Also dann weiter, Madam! Ich bin also hier, um mit Ihrem Mann zu klären, was aus der Frau und ihrem Sohn werden soll, die er unglücklich gemacht hat. Miss Ryder, das ist die Dame, möchte nicht mit ihrem Kinde hungern, während der Vater des Jungen hier so tut, als sei nichts geschehen.“

      Mrs. Ionu wurde blass. Sie sah sich um und entdeckte den zweiten Stuhl. Etwas schlaff ließ sie sich nieder und starrte dann wieder entsetzt auf Harry Scott.

      „Und ... und was soll werden?“

      „Miss Ryder, die den Jungen zehn Jahre aufgezogen hat, möchte wenigstens in Zukunft für Phil etwas Sicherheit haben. Er ist ein Junge, und er ist ein tüchtiger kleiner Bursche. Ihr Mann wird ihm die Ranch hier überschreiben. Er wird ferner ...“

      „Nichts werde ich!“, schrie Ionu. „Scheren Sie sich zum Teufel, Mister Scott!“

      „Ali! Diese Ausdrücke!“, mahnte Mrs. Ionu erschrocken.

      „Er will mich erpressen. Er ist ein Revolvermann, nicht mehr!“

      „Ich bin kein Revolvermann, Madam. Aber ich bin ein Mensch, der nicht zusieht, wie ein satter Bursche wie Sie, Mr. Ionu, die einfachsten und niedrigsten Menschenpflichten missachtet. Hätten Sie auch diese Kraft, einen Mann zum Narren zu halten, wie Sie es zehn Jahre lang mit Miss Ryder getan haben, die Sie ins Unglück gestürzt haben, Mr. Ionu? Hätten Sie den Mut, so etwas mit mir zu machen?“

      Mrs. Ionu sah ihren Mann entsetzt an. Vielleicht wünschte sie sich im Moment sehnlichst eine gnädige Ohnmacht. Doch nichts dergleichen geschah. Sicher kannte Mrs. Ionu die ganze Geschichte, aber nur so, wie ihr Mann sie ihr dargestellt hatte. Und seiner Ansicht nach wollte man ihm das Kind nur unterschieben. Er hätte nie etwas mit einer Miss Hirunda Ryder gehabt, so lautete seine Ansicht.

      „Der Junge ist nicht meines Mannes Sohn!“, rief sie empört.

      „Wollen Sie den Jungen sehen, Madam?“, fragte Harry Scott lächelnd. „Er sieht nicht nur aus wie Ihr Mann, er ist auch sein Sohn. Ich will Ihnen weitere Beweise ersparen. Aber es steht fest, dass Ihr Mann tage- und nächtelang intimer Gast in Miss Ryders Haus war. Dafür gibt es mehr Zeugen, als Ihrem Mann lieb sein kann. So viele, dass ein Gericht in Kansas gegen ihn Haftbefehl erlassen hat. Leider ist das in Wyoming nicht vollstreckbar. So, verehrte Mrs. Ionu, sieht die Wirklichkeit aus.“

      „Ali, Ali, was hast du nur getan?“, rief sie erschüttert. Und dann kam die befreiende Ohnmacht doch noch. Sie sank auf ihrem Stuhl zusammen. Harry Scott sprang zu ihr, und Ionu kam mit einem urigen Schrei hinter seinem Tisch hervor.

      In diesem Augenblick krachte draußen auf dem Hof ein Schuss. Glenn hörte Schritte vor der Tür und drehte sich um, zog den Revolver, und während er sich noch von Ionu und seinem Vater abwandte, fiel wieder ein Schuss, diesmal dicht vor dem Fenster.

      Glenn zuckte herum und sah gerade noch, wie sich Ionu mit verzerrtem Gesicht an die Brust fasste, wie er neben dem Schreibtisch ächzend zusammenbrach und Harry Scott verblüfft auf Ionu starrte. Erst dann sah Glenn zum Fenster, entdeckte, dass es plötzlich offen stand, bemerkte aber niemanden draußen. Er lief hin, sah auf den Hof und gewahrte unweit des Fensters Stratz, der eben einem Cowboy aus Ionus Mannschaft den Revolver in den Rücken drückte. Der Cowboy ließ seinen Revolver fallen und Stratz sagte: „Dreh dich um, du Schuft!“

      Da sah Glenn das Gesicht des Cowboys. Ein unbekanntes Gesicht. Er hatte diesen blonden Mann mit dem kleinen Schnurrbart noch nie in der Crew gesehen.

      Glenn drehte sich um, weil er es seinem Vater sagen wollte, doch Harry Scott bemühte sich um Ionu, der hinter dem Tisch am Boden lag. Mrs. Ionu war auch noch ohnmächtig.

      „Junge, hilf mir, er lebt noch! Trommle alle zusammen, wir brauchen Verbandszeug. Es sieht aus, als hätte er das Ding dicht neben dem Herzen.“

      Eben kam Mrs. Ionu zu sich. Sie blickte zur Seite, gewahrte den verletzten Rancher und schrie gellend auf. Glenn rannte zur Tür, riss sie auf und prallte mit dem Alten zusammen, der sie vorhin empfangen hatte.

      „Los, schnell, Verbandszeug!“, schrie er den Alten an, der ihn bestürzt ansah.

      Nun kam der Koch, der früher einmal Ionus Vormann gewesen war, jetzt aber infolge eines Unfalles ein Holzbein hatte. „Verbandszeug, rasch!“, schrie Glenn, hastete voraus zur Küche, wo immer Handtücher hingen. Doch der Koch blieb in der Tür stehen, und als sich Glenn umdrehte, um zurückzulaufen, sah er die Parker in den Fäusten des Kochs. Der ledergesichtige Mann sah ihn drohend an.

      „Nein, Kleiner, jetzt ist das Spiel schlimm ausgegangen. Nun geht nichts mehr. Heb sie hoch!“

      „Wir müssen Mr. Ionu verbinden!“

      „Ihr hättet ihn besser nicht erst angeschossen“, sagte der Koch bissig. Er drehte sich halb um. ohne das Gewehr mitzuschwenken. „Old-Bob, kümmere dich um den Rancher. Ich habe diesen Jungen unter Kontrolle. Jeff und Rep sind schon an der Tür.“

      „Wir haben Mr. Ionu nicht erschossen“, sagte Glenn und hob noch immer nicht die Hände.

      „Nein?“, höhnte der Koch. „Und wenn schon, aber wir werden beweisen, dass es auf euch geht. Denk dir nur, Kleiner, wir sind ja auch nicht blöd. Wenn du Narr nicht auf die Idee gekommen wärst, mit deinem verdammten Alten mitzureiten, wäre ja alles ganz anders ausgegangen für dich. Nun heb sie endlich hoch, sonst muss ich noch abdrücken. Hast du schon mal gesehen, wie es ist, wenn einer eine Ladung Schrot in den Bauch bekommt?“

      Glenn hob die Hände. Der Koch, der schon immer ein einsilbiger und brutaler Bursche war, seit ihm vor sechs Jahren ein Wagen über das Bein gerollt ist. dieser Mann würde wirklich schießen. Das sah ihm Glenn an. Aber er begriff nicht, was hier gespielt wurde. Er verstand es auch noch nicht, als draußen auf dem Hof eine wilde Schießerei losbrach.

      In diesem Augenblick drehte sich der Koch um, senkte die Parker und wollte einen Schritt neben den Türpfosten machen. Glenn entdeckte schräg vor sich ein schweres Küchenbrett. Er ergriff es, holte aus und schleuderte es nach dem Koch. Das dicke Brett traf den Mann in die Hüfte und riss ihn um. Mit einem Sprung war Glenn bei ihm, hatte die Parker und ließ den