Pete Hackett

Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane


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konnte Revolvermänner nicht ausstehen.“

      „Ich war einer, als sie mich kennengelernt hat. Und mich konnte sie gut ausstehen, Glenn“, erwiderte er, nahm die Hände vom Gesicht und lächelte bitter. „Sie war sehr anhänglich, aber sie hoffte, mich umerziehen zu können. — Nun, Glenn, ich bin kein Mann, der sein Geld mit dem Revolver verdient. Das war einmal. Aber das heißt nicht, dass ich es noch könnte. Ich kann es noch in zehn Jahren, falls ich die überlebe. Meine Freunde und ich betreiben seit einiger Zeit ein gut gehendes Geschäft.“

      Glenn hob erstaunt die Brauen. „Ein Geschäft?“

      Harry Scott nickte.

      „Du wirst von heute an dazugehören. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, bedrängten Menschen zu helfen. Da ist zum Beispiel eine Miss Hirunda Ryder. Sie hat einen Sohn von zehn Jahren. Der Vater will ihn nicht anerkennen. Ein reicher Mann, dieser Vater. Nun sind wir da, um ihn etwas aufzumuntern, sich seiner Vater pflichten zu entsinnen. Der Vater ist dir bekannt: Ionu.“

      „Was?“, rief Glenn verblüfft.

      „Ja, und wir werden ihn zur Kasse bitten. Ich glaube, mein Junge, das ist eine für die nächste Zeit ausreichende Beschäftigung. Wenn wir mit ihm glatt sind, können wir getrost die nächsten guten Taten auf eine größere Zeitspanne verteilen.“

      „Willst du gegen ihn kämpfen?“

      „Wenn er nicht einsieht, was wir für Miss Ryder verlangen, dann ja.“

      Glenn schluckte, so sehr überkam ihn die Bewunderung.

      „Aber ... aber er hat doch eine riesige Mannschaft, ich meine, die kleinen Siedler sind ihm alle verpflichtet, und sie werden auch für ihn reiten. Dann hat er fast vierzig Mann in den Sätteln.“

      „Und wenn er hundert hätte. Ich bin sicher, er holt sich auch noch die halbe Stadt herbei. Doch sorge dich nicht, Junge, wenn Harry Scott etwas abspult, dann geht alles rund. Ich habe mit allem gerechnet.“

      „Ich verstehe das nicht“, erwiderte Glenn.

      Harry Scott lächelte sanft.

      „Brauchst du auch nicht. Noch nicht. Sieh dir an, was wir tun, und vor allem - tu, was ich dir sage! Du bist wichtig, Glenn. Denn du kennst ja die Ranch genau. Genauer als jeder von uns.“

      „Willst du sie überfallen?“, fragte Glenn verdattert.

      Harry Scott lachte trocken.

      „Wir sind keine Banditen, Glenn. Wir sind nur Leute, die schwerfälligen Denkern etwas nachhelfen, sich an ihre guten Seiten zu erinnern. — So, Junge, nun leg dich irgendwo für zwei, drei Stunden hin! Wir müssen alle frisch sein, wenn wir heute Abend losreiten.“

      „Aber ...“

      Harry Scott legte Glenn die Hand auf die Schulter.

      „Kein Aber, Junge! Du wirst sehen, dass jetzt der Augenblick gekommen ist, wo du aus deinem trostlosen Sumpf zu neuem Leben erwachst.“

      Zum ersten Male war sich Glenn dessen nicht so sicher. Das Gefühl, in eine nicht gerade glänzende Sache verstrickt zu werden, hing plötzlich wie eine Wolke vor der strahlenden Erscheinung seines Vaters. Sein Sinn für kommendes Unheil, ein Instinkt, den viele Menschen seines Schlages besaßen, warnte.

      Aber da sah er seinem Vater in die Augen, und mit einem Male schien alles wie weggewischt und machte froher Zuversicht Platz.

      4

      Glenn handelte wie in Trance. Er sattelte im Dämmerlicht sein struppiges Pferd, sah, wie die anderen Männer wortlos oder mit leisen Flüchen ihre Tiere fertigmachten. Harry Scott war als Erster auf der Straße. Wie mechanisch lud er seine Winchester durch, saß auf und blickte ungeduldig auf die Stalltür.

      Hinter Deville und dessen Rappen führte Glenn seinen Cayusen ins Freie und saß auf. Deville hantierte noch am Sattelgurt, und indessen waren auch Stratz, Overback und Corners draußen.

      Overback hustete und spie aus, dann knurrte er mexikanische Flüche, ehe er sich in den Sattel schwang.

      Harry Scott hob die Hand, dann ritten sie los. Vorbei an den im Dunkel liegenden Häusern, vorbei an erleuchteten Fenstern und tuschelnden Männern und Frauen, die vor den Türen standen und scheu auf die Reiter blickten, als sähen sie Gespenster.

      Kaum lag die Stadt hinter ihnen, trieb Harry Scott sein Pferd an. Im Galopp jagte die kleine Schar über die hier noch ebene Prärie.

      Glenn wunderte sich, dass sie nicht geradewegs auf die Straight I zu ritten. Aber er schwieg. Irgendwie waren in ihm wieder Bedenken stark geworden, vor allem ein flaues Gefühl deshalb, weil er fürchtete, Ionu zu treffen. Aber er schwieg auch darüber, überhaupt wurde nicht geredet. Sie alle schienen zu wissen, was Harry Scott vorhatte, und so stellte keiner Fragen. Seltener wurden Overbacks grimmige Flüche, schließlich hörten sie nur noch das Schnauben der Pferde und das Trappeln der Hufe, wenn es über knochenharten Boden ging.

      Unweit von ihnen musste eine Herde stehen. Der Wind trieb ihnen den Geruch der Rinder zu, außerdem hörten sie mitunter das überschnappende Brüllen eines Bullen.

      Wenn Harry Scott diese Richtung beibehielt, so sagte sich Glenn, würde er statt zur Straight I auf die kahl gefressene Jennifer Buckweide kommen. Dort hatte Glenn noch vor vierzehn Tagen mitgeholfen, die Herde Jungbullen abzutreiben.

      Er ritt neben seinen Vater, als sie die Pferde im Schritt gehen ließen, und sagte es.

      Harry Scott nickte. „Ja, ich weiß, Junge. Aber wir treffen noch zwei gute Freunde, die du auch wiedererkennen wirst.“

      Im Mondschein ritten sie ins Hügelland hinein. Weit links lag wie ein schwarzer Teppich der unendliche Wald, der bis zu den Laramie Ranges reichte. Die Ranges waren von hier aus in der Nacht nicht zu sehen, aber die Vorberge begannen bereits. Kleine Waldgruppen, die den Blizzards und Wirbelstürmen widerstanden hatten, ragten Inseln gleich aus der Prärie.

      Harry Scott ritt geradewegs auf eine dieser Baumgruppen zu. Als sie näher kamen, erkannten sie deutlich die zerborstenen, vom Sturm zerfledderten Tannen. Und kurz darauf ertönte ein klagender Eulenruf. Harry Scott zügelte sein Pferd, dann raunte er Overback zu: „Los, gib ihnen das Zeichen!“

      Overback steckte zwei Finger in den Mund und stieß ein eigenartiges Zischen aus, das in einen Pfiff mündete. Glenn wusste nicht gleich, was es war. Während er noch überlegte, welches Tier solche Töne von sich gibt, meinte Deville leise: „Er kann den Präriehund gut, wie?“

      Da fiel es ihm ein. Natürlich, die Erdhörnchen pfiffen so bei Gefahr.

      Sie ritten weiter, und kurz vor dem Wald hielt Harry Scott abermals an, mit ihm die anderen.

      Ein Reiter tauchte auf, der zwischen den Baumstämmen aus dem kleinen Wald ritt und sich langsam näherte.

      „Mike?“, fragte Harry Scott.

      „All right, Harry“, antwortete der andere.

      Nun kam noch ein zweiter Reiter auf die freie Fläche. Glenn sah, wie ein Gewehrlauf vor ihm im Mondlicht glänzte. Der Reiter steckte gerade die Waffe in den Scabbard zurück.

      Mike?, dachte Glenn, und die Stimme war ihm bekannt vorgekommen. Natürlich, das war Mike Hartland von der Straight I.

      Mike rief seinem Begleiter zu: „Sie sind pünktlich, was, Dave?“

      „Ziemlich“, erwiderte Dave.

      Nun erkannte Glenn auch diesen Mann. Auch ein Straight I-Cowboy. Einer von denen, die immerzu als Linienreiter unterwegs waren, um Mavericks und verlaufenes Vieh zusammenzutreiben und die Zäune am North Platte River zu flicken. Glenn kannte ihn kaum. Besser schon entsann er sich Mikes. Mike gehörte zu den wenigen Männern auf der Ranch, die immer anständig und fair zu ihm gewesen waren. Eigentlich sehr anständig, wie Glenn noch gut wusste.

      Es freute Glenn, dass