Walter G. Pfaus

Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien


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Holzer wieder auf Schule?“

      „Nein, Krankenhaus. Blinddarm.“

      „Oh. Trotzdem...“

      „Falls du Bedenken wegen dem Haberkorn hast, das erledigt der Moosbauer.“

      „Der Moosbauer ist einverstanden, dass du mich zur Verstärkung anforderst?“ erkundigt sich Marina ungläubig.

      „Dem Moosbauer geht es zur Zeit gar nicht gut“, sage ich grinsend. „Viel zu wenig Leute. Urlaub, Krankenstand und einige ungelöste Fälle. Das mag er gar nicht.“

      „Und was hast du, dass du mich brauchst?“

      „Ein totes Neugeborenes in der Garage von Max Hufnagel. Seine Frau hat das tote Kind entdeckt.“

      „Ach du lieber Himmel! Auch noch dieses Klatschmaul. Um den Fall bist du nicht zu beneiden.“

      „Wir“, verbessere ich sie. „Wir sind nicht zu beneiden. Ich kann doch mit dir rechnen?“

      „Und was ist mit meinem Urlaub?“

      „Ich lass mir was einfallen, als Entschädigung. Und jetzt zieh dich schon an. Der Max hat Probleme, die Leute von seiner Garage fernzuhalten.“

      Sie geht ins Schlafzimmer. Gleich darauf steht sie nackt im Türrahmen. „Und warum glaubst du, dass ich die Richtige für diesen Fall bin?“

      Ich sehe sie einen Augenblick an. Dann halte ich mir die Augen zu und wende mich ab.

      „Was ist los?“ fragt Marina harmlos.

      „Sieh in den Spiegel, dann weißt du was los ist.“

      „Ich weiß was ich sehe, wenn ich in den Spiegel schaue. Ein alterndes Weib mit Orangenhaut auf Hüften und Oberschenkel und hängender Brust.“

      „Wirf den Spiegel weg. Er gibt ein falsches Bild von dir. Ich sehe ganz was anderes.“

      „Du siehst gar nichts. Du hältst dir die Augen zu.“

      „Ich will nicht von deiner Schönheit geblendet werden.“

      „Hanno, ich sag’s noch mal: Du bist ein Lügner.“ Ich höre, wie sie ins Schlafzimmer zurückgeht. „Aber du lügst immer an den passenden Stellen.“

      „Was ist jetzt mit dem Malt?“, lenke ich ab. Das mache ich meistens, wenn ich mich aus einer für mich kritischen Situation herauswinden will. Natürlich wäre ich jetzt am liebsten zu ihr ins Schlafzimmer gerannt, hätte sie in den Arm genommen und hätte mich mit ihr in ihr noch warmes Bett gelegt.

      Aber das kennt man ja. Dann ist nichts mehr so wie es vorher war. Eigentlich wäre mir das ganz recht gewesen, und der Marina sicherlich auch, weil, sonst hätte sie sich mir ja nicht nackt unter der offenen Tür gezeigt. Wir zwei, die Marina und ich ein Paar. Das wäre einfach wunderbar. Oma Dodel würde mir auch um den Hals fallen und die Marina noch mehr verwöhnen, als sie es ohnehin schon tut. Im Moment ist das aber nicht möglich, weil der Max Hufnagel sonst noch lange hätte auf uns warten müssen.

      Ich öffne die Schranktür zum Barfach und entdecke einen Irischen Malt.

      „Hast du schon gesehen?“ ruft Marina aus dem Schlafzimmer. „Ich habe eine neue MaltSorte, einen Irischen. Tyrconnell.“

      „Ich habe ihn schon entdeckt. Ich kenne ihn. Er ist hervorragend.“

      „Ich wusste doch, dass du ihn mögen wirst.“

      Ich schenke von dem Whiskys etwas in zwei Gläser und warte.

      Nach knapp zehn Minuten kommt Marina angezogen aus dem Schlafzimmer. Sie sieht einfach umwerfend aus. Hübsches, rundes Gesicht, volle Lippen, schwarzes, schulterlanges Haar und braune Augen. Manchmal, wenn mich diese sanften braunen Augen ansehen, beginne ich sofort zu schmelzen. Ich muss dann immer sofort ablenken.

      Eines steht fest: Weit und breit kenne ich keine hübschere Polizistin. Wenn ich jetzt nicht in jeder Hand ein Glas gehalten hätte, wer weiß, was dann passiert wäre. Ich weiß nur eines: Irgendwann werde ich ihr zu Füßen liegen.

      „Ist es dir recht, wenn ich in Uniform mitkomme?“

      „Das machst du absichtlich“, sage ich fasziniert.

      „Was?“

      „So toll auszusehen.“

      „Hanno, du bist ein Schmeichler. Aber ein lieber. Ich wünschte, es gäbe mehr Kollegen wie dich.“

      „Ich bin froh, dass es nicht so viele gibt. Sonst würden eventuell meine Chancen bei dir sinken.“

      „Die sinken auch, wenn du nicht bald über Nacht und zum Frühstück bleibst.“

      „Jetzt trinken wir erst mal den kleinen Whisky und dann fahren wir zu der kleinen Leiche.“

      Ich reiche ihr das Glas, und wir trinken beide aus. Marina stellt die leeren Gläser auf den Tisch, legt die Arme um mich und küsst mich. Es wurde diesmal ein etwas längerer Kuss.

      „Los, komm jetzt“, sage ich. „Wir sind schon spät genug dran.“

      Wenige Minuten später fahren wir in den Hof von Max Hufnagel.

      4

      Eine Menge Leute stehen inzwischen vor dem Haus der Hufnagels. Einige halten Abstand, stehen am Straßenrand. Andere stehen im Hof herum und diskutieren.

      Max hat sich vor dem Garagentor aufgebaut und versucht, einen Mann daran zu hindern, das Tor zu öffnen.

      Ich stelle mich neben Max. „Hat jemand die Garage betreten?“ frage ich ihn.

      „Außer mir niemand“, sagt Max. „Aber der hier will unbedingt hinein.“

      Es ist der Händele Martin, wie ich jetzt erst sehe. Er ist etwas größer als ich, schlank, Mitte vierzig, trägt einen speckigen Trainingsanzug ist unrasiert und hat eine Säufernase. Ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse. Im Dorf nennt man ihn den Händelmate, weil er oft und gern Streit sucht.

      „Warum wollen Sie unbedingt da rein?“ frage ich ihn. Er gehört zu den Leuten im Dorf, die ich nicht duze und die mich auch nicht duzen dürfen.

      „Oifach so“, sagt er. „I will sehn, was da drin liegt. I bin halt neugierig wia de andere ao.“

      „Dann gehen Sie jetzt da raus zu den anderen Neugierigen. Raus aus dem Hof.“ Ich wende mich an die Leute im Hof. „Bitte machen Sie den Hof frei. Jeden Augenblick können die Leute von der Spurensicherung kommen. Die kommen meistens mit drei oder vier Autos. Es gibt ohnehin nichts zu sehen.“

      Ein paar Vernünftige kommen meiner Bitte nach, andere nicht. Zusammen mit Marina gelingt es mir, den Hof frei zu halten. Nur der Händelmate braucht eine Extraaufforderung.

      „Würden Sie sich bitte auch zu den anderen begeben“, sage ich überfreundlich.

      „Wieso? Do isch doch Platz gnua.“

      Für solche Fälle habe ich mir einen bestimmten, streng wirkenden Gesichtausdruck zugelegt. Den habe ich so oft vor dem Spiegel und vor Marina geübt, bis er auf Anhieb sitzt. Dazu gebe ich meiner Stimme einen Ton, der deutlich