auf ein Stichwort hin erschien Achmed wieder auf der Bildfläche und erinnerte an eine große Spinne, als er auf seinen Beinen geschmeidig auf Kathy zulief. Dazu schwang er eine Hundepeitsche durch die Luft.
*
Josuah Parker rechnete selbstverständlich mit einer Falle. Der anonyme Anruf, den Mylady erhalten hatte, sollte sie wahrscheinlich vor die Läufe diverser Schußwaffen treiben. Dieses Verfahren kannte der Butler schließlich nur zu gut.
Daß die Falle aber derart schnell zuschnappen würde, damit hatte er nicht gerechnet und ärgerte sich, als es bereits auf dem Parkplatz des »St. Cyrus« passierte.
»Hände hoch«, sagte einer von zwei stämmigen Männern. Er war mit einer schallgedämpften Maschinenpistole ausgestattet, gegen die nichts auszurichten war.
Selbst Lady Simpson schien das sofort einzusehen. Sie verzichtete in Anbetracht der Umstände auf die übliche Schimpfkanonade und hob ihre Arme. Parker hoffte, daß man seinen privaten Wagen für die Fahrt benutzen würde, doch wurde er herb enttäuscht, Lady Simpson und er mußten auf dem Rücksitz eines Rover Platz nehmen und die Hände über dem Kopf zusammenfalten.
»Darf man erfahren, wohin die Fahrt geht?« erkundigte sich der Butler dennoch höflich und gemessen, wie es seiner Art entsprach. In allen Lebenslagen hielt er strikt auf Formen, die seiner Ansicht nach das menschliche Miteinander erst ermöglichten.
»Die Fahrt geht in die Hölle«, sagte der Fahrer, während der zweite Mann mit seiner Maschinenpistole Agatha Simpson und ihren Butler in Schach hielt.
»Sie scheinen etwas gegen Lady Simpson und meine bescheidene Person zu haben«, stellte der Butler fest.
»Schnüffler müssen sterben«, erklärte der Fahrer des Rover kategorisch.
»Ist das der Wahlspruch Mr. Lynns?« fragte Parker, ohne sich aus er der Ruhe bringen zu lassen.
»Der hat sich noch nie die Butter vom Brot kratzen lassen«, erwiderte der Fahrer. »Sie werden übrigens nicht allein in die Hölle fahren. Lynn hat für Begleitung gesorgt.«
»Wie angenehm.«
»Ihnen wird noch rechtzeitig der Hintern warm werden«, ließ der Mann sich vernehmen, der die Maschinenpistole verwaltete.
»Darf man wissen, wer diese Reise denn noch unternehmen soll?« Parker war nicht aus der Ruhe zu bringen.
»Noch ein paar Schnüffler und Konkurrenten«, gab der Fahrer des Rover zurück. »Das gibt eine Massensendung für die Hölle!«
Agatha Simpson verhielt sich erstaunlicherweise noch immer ruhig. Angst konnte es nicht sein, was sie schweigen ließ. Wahrscheinlich dachte die streitbare Detektivin darüber nach, wie sie die beiden Flegel überlisten konnte.
»Mr. Lynn hat seine Konkurrenz also bereits ausschalten können?« Parker nutzte die Geschwätzigkeit des Fahrers, um weitere Informationen zu sammeln. Solch eine günstige Gelegenheit bot sich wahrscheinlich nicht mehr so schnell.
»Konkurrenz? Daß ich nicht lache!« Der Fahrer drehte sich kurz um und warf dem Butler einen verächtlichen Blick zu. »Das waren doch die reinsten Amateure.«
»Und wer sind diese Amateure?«
»Abwarten«, sagte der Fahrer und lachte leise. »Aber das sind noch größere Flaschen als ihr!«
Lady Simpson holte tief Luft und wollte offensichtlich Dampf ablassen. Butler Parker gestattete sich, seine Herrin sanft mit dem Fuß anzustoßen. Daraufhin ließ sie ihren Mund wieder zuschnappen und schwieg. Sie war der Ansicht, daß Parkers Taktik vielleicht doch besser war als ihre Absicht, es diesen Lümmeln mal gründlich zu geben.
Die Fahrt dauerte nicht besonders lang.
Nach etwa zwanzig Minuten hatten sie eine einsame Stelle an der Küste erreicht. Hoch oben von den steilen Klippen aus konnte man hinunter auf die im Mondlicht silbrig schimmernde See schauen. Und auf einen Leuchtturm, der auf einer vorgelagerten Landzunge stand …
Ein überaus romantischer Anblick!
»Ihr Quartier«, sagte der Fahrer des Rover. »Sorgen wir für euch nicht wie richtige Gastgeber? Es braucht noch nicht mal geschwommen oder gepaddelt zu werden. Den Rest erledigen wir zu Fuß.«
»Herrscht Ebbe?« erkundigte sich der Butler.
»Sie sind ein schlauer Bursche«, meinte der Fahrer spöttisch. »Wie verdammt schnell Sie alles merken!«
Als sie aussteigen mußten, warf Agatha Simpson ihrem Butler einen fast vernichtenden Blick zu. Sie nahm ihm wahrscheinlich übel, daß er sich derart passiv verhielt.
*
Kathy war nicht gewillt, sich schlagen zu lassen.
Sie wich dem ersten pfeifenden Hieb der Hundepeitsche aus, unterlief den niederzischenden Arm des kleinen Gnoms und wehrte sich ihrer nackten Haut.
Der Gnom war nicht geschützt wie sein Herr und Meister. Er mußte den Handkantenschlag voll nehmen und zeigte sofort Wirkung. Der Kleine flog zurück, knickte in der Hüfte ein und schnappte verzweifelt nach Luft. Doch er steckte nicht auf. Er drückte sich kraftvoll ab, warf sich auf Kathy und faßte sie mit Armen und Händen, die ungewöhnlich muskulös und stark waren.
Kathy kannte zwar eine Menge Tricks, doch gegen die des Gnoms kam sie nicht an. Der Mann nutzte jede noch so kleine Chance und erwischte Kathys linken Arm, den er als Hebel gebrauchte. Ob sie wollte oder nicht, Kathy mußte sich geschlagen geben, wenn sie einen heilen Arm und ganze Knochen behalten wollte. Demütig kniete sie praktisch vor dem Zwerk nieder, aber nicht freiwillig.
»Ein reizvoller Anblick«, hörte sie Lynns Stimme, der dieses Schauspiel genossen zu haben schien. »Bring sie her, Achmed!«
Kathy mußte gehorchen, der Gnom hatte sie fest im Griff, zwang sie hinüber zu Lynn und sorgte dafür, daß sie die Demutshaltung nicht aufgab. Dann stand sie gebückt und verteidigungsunfähig vor dem dickbauchigen Mann, der sie eingehend musterte. Erneut kam Kathy sich wie eine Ware vor und bebte vor Zorn und Schmerz. Sie fühlte sich gedemütigt. Es war nicht die Nacktheit, die diese Empfindungen in ihr auslösten. Das machte ihr nichts aus, denn sie brauchte sich ihres makellosen Körpers nicht zu schämen, nein, es war die Pose des Siegers, die dieser Mann einnahm.
Er lächelte jetzt, und seine Augen glitzerten vor Erregung. Er schien es zu genießen, wenn Menschen Schmerz empfanden und sie ihm total ausgeliefert waren.
»Was hältst du von ihr, Achmed?« fragte er und ließ seinen Blick über ihren schweißnassen Körper gleiten.
»Die ist große Klasse, Boß«, sagte Achmed mit überraschend heller Stimme.
»Was machen wir jetzt mit der Kleinen, Achmed?«
»Ich würd’ sie gern haben, Boß.«
»Hol sie dir nachher ab, Achmed, zuerst will ich mich mal mit ihr … unterhalten!«
»Soll ich sie präparieren, Boß?« Während er fragte, zwang er Kathy vollends in die Knie. Ihre Stirn berührte fast den Teppich. Sie keuchte vor Schmerz, Tränen standen in ihren Augen.
»Einverstanden«, beantwortete Lynn die Frage des Gnoms. Kathy wußte zuerst nicht, was dieser Achmed damit meinte, doch Sekunden später schrie sie auf. Mit seinem Daumen hatte er einen Punkt in ihrem Nacken gefunden und diese Nervenstelle dann tief eingedrückt.
Kathy war wie gelähmt. Grenzenlose Panik stieg in ihr hoch. War diese Lähmung von Dauer? Über welche Kenntnisse verfügte dieser Achmed? Sie befahl sich, den Kopf anzuheben, doch ihre Muskeln und Nerven kamen diesem Befehl nicht nach.
Lynn schien diese Starre nur zu gut zu kennen.
Er stieß Kathy mit dem linken Fuß sanft an, und prompt rollte sie haltlos auf die Seite. Dort blieb sie in verkrümmter Haltung liegen und war wehrlos.
»Achmed ist sehr gut«, sagte Lynn und lächelte träge. »Von diesen Tricks hat er noch mehr auf Lager, Kleines.