Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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auf ihren Stationen und bereiteten die Abfahrt vor. Achmed trug Kathy weiter, erreichte die Gangway und stieß erst hier auf die Deckwache.

      »Paß auf, ich muß sie verschwinden lassen«, raunte Achmed dem stämmigen Mann zu, der neugierig auf Kathy starrte. »Beobachte den Kai, damit ich nicht gestört werde!«

      Damit hatte er die Deckwache abgelenkt. Achmed lief auf seinen kurzen Beinen weiter, schien die Last der jungen Frau auf seinen Armen überhaupt nicht zu spüren und erreichte die Kaimauer, wo die anderen Segel- und Motorjachten vertäut waren. Er hatte nicht die Absicht, Kathy Porter zu ermorden, wie Lynn es ihm aufgetragen hatte. Er wollte sie in ein sicheres Versteck schaffen, um sie später ganz allein für sich zu haben.

      Und dieses Versteck kannte er bereits.

      *

      Paul Putnam, der Kompagnon von Ernie Kelson, sah bedauernswert aus. Man hatte ihn tatsächlich brutal zusammengeschlagen. Er lag stöhnend auf dem rissigen Betonboden der ersten Zwischenetage und hob ängstlich die Arme, als Parker neben ihm erschien.

      »Betrachten Sie sich vorerst aller Sorgen enthoben«, beruhigte der Butler den wimmernden Mann. »Ich möchte mir die Freiheit nehmen, Ihnen meine bescheidene Hilfe angedeihen zu lassen.«

      Paul Putnam, klein, hager und an eine graue Spitzmaus erinnernd, zitterte vor Angst, als Parker ihm hochhalf. Als er auftreten sollte, knickte er stöhnend ein. Seine linke Hüfte mußte einiges abbekommen haben.

      Parker schaffte es dennoch, den Mann nach unten zu dirigieren, wobei ihm auf den letzten Metern Herbert Nell half. Anschließend wurde Putnam gleich neben der Eingangstür vorsichtig abgesetzt.

      »Sie sprachen von einer Sprengladung, Mister Parker«, erinnerte Agatha Simpson ihren Bulter. »Bleiben Sie nach wie vor bei dieser Vermutung?«

      »Notgedrungenerweise, Mylady,« antwortete der Butler, »man wird die Flut und die aufgewühlte See ausnutzen wollen, um uns allesamt für immer aus dem Weg zu räumen.«

      »Eine Sprengladung würde doch auffallen.«

      »Nicht, Mylady, wenn es sich nur um eine kleine Ladung handelt, die dem alten Leuchtturm den letzten Anstoß gibt.«

      »Dann suchen und finden Sie gefälligst die Sprengladung, Mister Parker.«

      »Falls so etwas tatsächlich vorhanden ist, könnte sie nur im Keller untergebracht sein«, überlegte der Butler halblaut. »Spuren einer Sprengung wären danach kaum noch festzustellen.«

      »Gibt es hier denn einen Keller?«

      »Unterhalb jener Falltür, Mylady falls meine Augen mich nicht trügen.«

      Parker hatte keine Mühe, diese Falltür zu öffnen. Eine steile Steintreppe führte nach unten und endete in brackigem Wasser. Parker stocherte mit der Spitze seines Universal-Regenschirms und fand heraus, daß es jedoch nur knietief war. Ohne Rücksicht auf seine gestreiften Beinkleider stieg er also in das Brackwasser und schaltete die Kugelschreiber-Taschenlampe ein, die er stets in einer seiner vielen Westentaschen mit sich führte. Der scharf gebündelte Lichtstrahl glitt über das rissige Gewölbe und blieb dann an einem sehr neu aussehenden Blechkasten hängen, der unter der Decke an zwei dort schon vorhandenen, verrosteten Eisenklammern befestigt war.

      Die Sprengladung?

      Josuah Parker watete durch das Wasser und löste mit der Schirmspitze die einfache Drahtbefestigung. Anschließend fing er geschickt den Blechkasten auf, der nicht größer war als zwei Zigarrenkisten.

      Parker wurde sofort auf eine Art Antenne aufmerksam, die aus dem Blechkasten hervorragte.

      Sollte die Ladung per Funk ausgelöst werden? Er kannte diese technisch einfache, aber auch wirkungsvolle Verfahren. Der dazugehörige Sender befand sich mit Sicherheit in Händen der beiden Gangster, die Mylady und ihn in den Leuchtturm geschafft hatten.

      Der Butler stieg wieder zurück nach oben, präsentierte seiner Herrin den Blechkasten und erging sich in detaillierten Erläuterungen.

      »Und was ist, wenn der Funkbefehl innerhalb der nächsten Sekunden ausgelöst wird?« raunzte die Detektivin ihren Butler an. »Entschärfen Sie gefälligst dieses schreckliche Ding, oder werfen Sie’s meinetwegen in die Brandung!«

      »Ein Hinweis, den ich mit Dankbarkeit aufzunehmen wage«, gab Parker zurück, ging zur Tür und warf den Blechkasten in die nächste Woge, die am Turm vorbeidonnerte. Er verschwand sofort in der weißen Gischt. Was aus dem Kasten wurde, war nicht mehr zu erkennen, obwohl inzwischen die Sonne aufging und die Beleuchtung nicht schlecht war.

      »Sie kosten mich Nerven, Mister Parker«, beschwerte sich Lady Simpson, die neben ihrem Butler erschien. »Ich denke, ich brauche noch eine kleine Nervenstärkung.«

      Josuah Parker bemühte noch mal seine Taschenflasche und servierte seiner Herrin formvollendet einen Kognak, den die Detektivin allerdings nicht mehr trinken konnte.

      Als sie nämlich den kleinen Silberbecher zum Mund führen wollte schoß dich vor den Steilklippen eine gewaltige Wasserfontäne hoch, als sei eine Bombe gezündet worden.

      »Sehen Sie doch, Mister Parker!« Lady Simpson besaß scharfe Augen Sie und jetzt auch Parker sahen recht deutlich die beiden Gestalten, die an einem vorspringenden Felsen der Steilklippe hingen und mit ihren Beinen verzweifelt nach Halt suchten.

      »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind das die beiden Männer, die Mylady und meine Wenigkeit zum Leuchtturm gebrach haben«, konstatierte der Butler. »Die Herren scheinen sich selbst geschadet zu haben.«

      Parker untertrieb.

      Die beiden Männer kämpften um ihr Leben.

      Sie hatten nicht damit gerechnet daß der Butler die Sprengladung für den Leuchtturm gefunden und der Brandung überantwortet hatte. Diese Ladung war von ihnen genau im falschen oder richtigen Moment gezündet worden. Ob falsch oder richtig, da kam einzig und allein auf den Standpunkt des Betrachters an.

      Der Sprengstoff mußte hochbrisant gewesen sein, er hatte das bereits vor der Brandung angeschlagene Gestein der Steilklippen zusätzlich gelockert und damit auch den Aufenthaltsort der beiden Gangster.

      Sie konnten sich nicht mehr lange halten, rutschten ab, überschlugen sich und verschwanden in der Brandung.

      »Du lieber Himmel«, sagte Lady Simpson leise und wandte sich ab. Josuah Parker nahm seine schwarze Melone vom Kopf und legte sie vor seine Brust.

      Er gedachte der beiden Toten!

      Als die große Motorjacht ihren Liegeplatz verließ, tauchten zwei ziemlich abgerissen aussehende Gestalten auf, die sich unter einem umgestülpten Ruderboot verborgen hatten. Es handelte sich um zwei Männer, die ihren Lebensunterhalt durch kleine Gaunereien und Diebstähle verdienten. Sie hießen Ed und Fred und waren ziemlich betrunken.

      »Un’ doch hab’ ich ’ne nackte Frau gesehen«, sagte der ältere Ed hartnäckig. »Ich hab’ doch keine Tomaten auf den Augen.«

      »Du bis’ mal wieder besoffen«, stellte Fred ohne jeden Vorwurf fest. »Mann, mußt du geladen haben … ’ne nackte Frau! So was gibt’s hier doch gar nicht.«

      »Un’ doch hab’ ich sie gesehen! Mit ’nem Zwerg aufm Arm. Oder war’s umgekehrt?«

      »Was haste eigentlich getrunken? Muß ja ein sagenhafter Stoff gewesen sein«, wunderte sich Fred. »Haste noch davon?«

      »Wülste sehen?«

      »Den Stoff?«

      »Nee, die nackte Frau!«

      »’ne Flasche Brandy wär’ mir lieber, aber ’ne nackte Frau kann ja auch nich’ schaden.«

      Es war hell geworden auf der Mole.

      Die beiden Strandläufer kletterten endgültig unter dem Ruderboot hervor und schwankten ihrem Ziel entgegen. Ed hatte die Führung übernommen und steuerte einen verrotteten Kutter an, der, abseits von den übrigen, bei den weit eleganteren Booten lag. Mit einer