da sicher einen Gelehrten erster Klasse, Herrn Vauquelin von der Akademie, finden; ferner Herrn von Billardière, den Herrn Grafen von Fontaine, Herrn Lebas, den Richter und Präsidenten des Handelsgerichts; von höheren Beamten den Herrn Grafen von Grandville vom obersten Gerichtshof, Herrn Popinot vom Gericht erster Instanz, Herrn Camusot vom Handelsgericht und Herrn Cardot, seinen Schwiegervater … und endlich, vielleicht, den Herrn Herzog von Lenoncourt, den ersten Kammerherrn des Königs. Ich habe meine Freunde eingeladen, einmal … um die Räumung des Landes zu feiern … dann wegen … meiner Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion …« – Grindot machte eine eigenartige Gebärde. – »Vielleicht … habe ich mich dieser … Auszeichnung und der … allerhöchsten Gnade würdig gezeigt … als Mitglied des Handelsgerichts und als Kämpfer für die Bourbonen auf den Stufen von Saint-Roch, wo ich am 13. Vendémiaire von Napoleon verwundet wurde. Diese Verdienste …«
In diesem Augenblick kam Konstanze im Morgenrock aus Cäsarinens Schlafzimmer, wo sie sich angekleidet hatte; ihr erster Blick auf Cäsar brachte den Redefluß ihres Mannes sofort zum Stillstand, der nun nach einer einfacheren Wendung suchte, um seinem Nächsten seine Bedeutung in bescheidener Weise klarzumachen.
»Da bist du ja, mein Herz, das hier ist Herr von Grindot, ein ausgezeichneter junger Mann und ein hervorragender Künstler. Der Herr ist der Architekt, den uns Herr von Billardière für die Ausführung unsrer ›kleinen‹ Umänderungen hier empfohlen hat.«
Der Parfümhändler versteckte sich bei diesen Worten hinter seiner Frau und machte dem Architekten ein Zeichen, indem er bei dem Worte »klein« den Finger auf den Mund legte, was der Künstler verstand.
»Konstanze, der Herr will jetzt die Maße der Räume nehmen, laß ihn das machen, meine Liebe«, sagte Birotteau und drückte sich auf die Straße.
»Wird das denn sehr teuer werden?« sagte Konstanze zu dem Architekten.
»Nein, gnädige Frau, sechstausend Franken, so ungefähr …«
»So ungefähr!« rief Frau Birotteau aus. »Ich bitte Sie, lieber Herr, fangen Sie nicht an, bevor nicht ein Anschlag und eine unterzeichnete feste Abmachung vorliegen. Ich kenne die Art der Unternehmer; sechstausend, das will heißen: zwanzigtausend. Wir sind nicht in der Lage, unsinnige Ausgaben machen zu können. Ich bitte Sie, lassen Sie meinem Manne, der ja natürlich darüber zu bestimmen hat, Zeit zum Überlegen.«
»Gnädige Frau, der Herr Beigeordnete hat mir aufgegeben, die Räume binnen drei Wochen fertigzustellen; wenn wir jetzt zögern, so werden Sie Ausgaben haben, ohne ein Resultat zu erzielen.«
»Zwischen Ausgaben und Ausgaben ist ein Unterschied«, sagte die schöne Frau.
»Glauben Sie denn, gnädige Frau, daß es für einen Architekten, der Monumentalbauten errichten möchte, sehr verlockend ist, eine Privatwohnung auszustatten? Ich befasse mich mit solcher Kleinigkeit nur, um Herrn von Billardière gefällig zu sein. Aber wenn Sie fürchten, daß ich …«
Er machte Miene, sich zu entfernen.
»Also bitte, Herr Grindot«, sagte Konstanze, ging in ihr Zimmer zurück und warf sich Cäsarine an die Brust. »Ach, mein Kind, dein Vater ruiniert uns! Er hat sich einen Architekten genommen, einen Menschen mit einem Schnurrbart und einer Fliege, der davon redet, daß er Monumente errichten will! Er wird uns das Haus zu den Fenstern hinauswerfen und uns einen Louvre herbauen. Wenn es sich um eine Torheit handelt, dann ist Cäsar immer dabei; heute nacht erst hat er mir von dem Projekt erzählt, und heute früh fängt er schon mit der Ausführung an.«
»Ach, Mama, laß den Papa doch machen, der liebe Gott hat ihm doch immer geholfen«, sagte Cäsarine, küßte ihre Mutter und setzte sich an das Klavier, um dem Architekten zu zeigen, daß auch der Tochter eines Parfümhändlers die schönen Künste nicht fremd sind.
Als der Architekt das Schlafzimmer betrat, war er überrascht von der Schönheit Cäsarines und stand beinahe verblüfft still. Cäsarine war aus ihrem Zimmerchen im Morgenrock gekommen, so frisch und rosig, wie ein junges Mädchen mit achtzehn Jahren frisch und rosig ist, blond und schlank, mit blauen Augen zeigte sie dem Auge des Künstlers jene in Paris so seltene Elastizität, die das zarteste Fleisch schwellen läßt und jene von den Malern bewunderte Farbennuance, wenn das blaue Adernetz durch die Weiße des Teints hindurch scheint. Obgleich sie in der blutleer machenden Atmosphäre eines Pariser Ladens lebte, in den so wenig frische Luft kommt und die Sonne so selten hineinscheint, hatten ihre Lebensgewohnheiten ihr dasselbe Aussehen gegeben, wie einer Trasteverinerin in Rom das Leben im Freien. Überreiches Haar, dessen Ansatz dem ihres Vaters glich und das so aufgenommen war, daß der schön geschwungene Hals frei blieb, fiel in sorgsam gepflegten Locken herab, wie bei allen Ladenverkäuferinnen, die sich durch den Wunsch, bemerkt zu werden, in bezug auf ihre Toilette eine ganz englische Sorgsamkeit angewöhnt haben. Die Schönheit des jungen Mädchens war weder die Schönheit einer Lady, noch die einer französischen Herzogin, sondern die rundliche, rotbäckige Schönheit der Rubensschen Flamländerinnen. Cäsarine hatte die Stumpfnase ihres Vaters, aber vergeistigt durch die Feinheit der Form, ähnlich jenen charakteristischen französischen Nasen, deren Wiedergabe Largillière so gut gelungen ist. Ihre Haut, voll und stark wie ein Stoff, bezeugte ihre jungfräuliche Lebenskraft. Sie hatte die schöne Stirn ihrer Mutter, aber verklärt durch den Frohsinn eines sorglosen Mädchens. Ihre blauen, feucht schimmernden Augen hatten den Ausdruck der liebenswürdigen Anmut einer glücklichen Blondine. Wenn auch das Gefühl des Glücks ihrem Antlitz den poetischen Anhauch versagte, den die Maler durchaus ihren Schöpfungen verleihen wollen, indem sie sie ein wenig zu nachdenklich darstellen, so gab ihr doch der leichte Ausdruck von Melancholie, wie ihn junge Mädchen, die noch niemals sich aus der Hut der mütterlichen Fittiche hervorgewagt haben, zeigen, einen idealen Reiz. Trotz der Feinheit ihrer Formen war sie kräftig gebaut; ihre Füße verrieten die bäuerliche Herkunft ihres Vaters, und sie bewies den Mangel an Rasse auch wohl durch ihre roten Hände, wie sie ein einfaches bürgerliches Leben zur Folge hat. Früher oder später mußte sie dick werden. Da sie unter der Kundschaft verschiedene elegante Damen gut beobachtet hatte, gelang es ihr schließlich, ein feineres Gefühl für gute Kleidung, gewisse Ausdrücke auf ihrem Gesicht, eine besondere Art, zu sprechen und sich zu bewegen, sich anzueignen, so daß sie wie eine feine Dame erschien und allen jungen Leuten wie den Kommis, denen sie besonders distinguiert vorkam, den Kopf verdrehte. Popinot hatte sich gelobt, nie eine