Lilly Grünberg

Dein, Sein, Mein


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ihre Gesten, ihre Haltung auf eine Weise, die Schuldbewusstsein signalisiert, ohne dass ihr dies klar war?

      Sophies Lippen bebten. »Was ist Herr?«

      »Wenn du mir vertraust, warum erzählst du mir dann nicht offen heraus, was dich bedrückt? Es geht nicht um den Keuschheitsgürtel. Nicht nur.«

      Am liebsten hätte Sophie sich vor ihm niedergekniet und gewimmert. Ja, Herr. Ja, Sie haben recht. Ich bin eine notorische Lügnerin, immer zu meinen Gunsten, bitte verzeihen Sie mir. Aber sie war starr vor Anspannung.

      »Du bist nicht der Typ Frau, der wegen Nichtigkeiten in Tränen ausbricht.«

      Als Nichtigkeit würde sie den Keuschheitsgürtel nicht gerade bezeichnen. Das war gemein von ihm, so darüber zu denken. Die Wut über seine Meinung trieb ihr erneut Tränen in die Augen. Aber sie würde nicht wieder weinen. Es war demütigender als alles andere, sich so weich und verletzlich zu zeigen. Sophie schluckte.

      »Lass mich raten, Sklavin. Deine Verzweiflung hat etwas damit zu tun, dass du heute sehr erregt warst, ich dir aber wieder keinen Orgasmus gegönnt habe?«

      Sophie schaffte es nicht, dem inneren Druck standzuhalten und brach erneut in Tränen aus.

      Leo änderte seine Sitzposition, grätschte ein wenig seine Beine und deutete auf den Boden dazwischen. »Komm zu mir, Sophie.«

      Seine Stimme klang sanft und Vertrauen erweckend. Sophie gehorchte. Sie schälte sich aus der Decke und kniete sich mit gesenktem Kopf vor ihn.

      »Ich bin zufrieden mit dir, Sklavin. Du warst heute sehr artig und du lernst schnell. Ich weiß, es ist alles noch neu für dich und vermutlich nicht ganz so, wie du dir das vorgestellt hast. Aber du wirst dich schnell daran gewöhnen, und wenn du weiter brav bist, gibt es auch Belohnungen. Wir werden oft und intensiv unseren Spaß im Spielzimmer haben«, versprach Leo. Er beugte sich vor und streichelte ihre Wange. Sophie drückte sich leicht dagegen. Es fühlte sich gut an. »Du musst dich fallen lassen, du musst mir vertrauen. Dann wirst du ruhiger und dich besser fühlen. Glaub mir, ich weiß, was gut für dich ist. Es liegt ganz bei dir, wie lange dieser Prozess andauert und wie unangenehm er ist«, mahnte er sie sanft.

      »Hmmm«, wimmerte Sophie und kämpfte gegen ihre Tränen an.

      Leo gab ein leises Knurren von sich.

      »Warst du jemals wirklich verliebt? Mit Schmetterlingen im Bauch, schlaflosen Nächten, dem Gefühl, du hältst es keine Minute ohne den Mann deines Herzens aus?«

      Was bezweckte er mit dieser poetischen Frage?

      »Nun ja, ähm, weiß nicht, wahrscheinlich nicht wirklich«, wich sie ihm ratlos aus.

      »Und warum warst du dann solange mit Alex zusammen?«

      Sophie schnappte nach Luft. Leo hatte seine Nachforschungen offenbar gründlich betrieben. Er schien alles über sie zu wissen, während sie über ihn ganz wenig wusste. Er kannte sogar den Namen ihres Ex-Freundes.

      »Na ja, am Anfang fand ich ihn ganz süß, er hat sich richtig Mühe gegeben, damit ich seine Freundin werde.«

      »Aha. Süß.« Leo äffte sie mit verächtlichem Unterton nach.

      Sophie zuckte mit den Schultern. »Ähm, ist vielleicht nicht die richtige Wortwahl. Ich fand ihn tatsächlich ganz nett, es hat mir gefallen, wie er mir hinterher gelaufen ist. Aber …«

      »Aber?«

      »Er war langweilig. Der Sex mit ihm war zum Einschlafen.«

      Leo schaute sie an, dann lachte er lauthals. »Das kann ich mir gut vorstellen. Für dich ist doch alles langweilig, was nicht die Action eines Raketenabschusses hat.«

      »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, murmelte sie verlegen. »Den heutigen Nachmittag fand ich schon recht spannend.«

      »So so, spannend.« Sein Blick ruhte wohlwollend auf ihr. »Bevor ich dich wieder ins Bett schicke, darfst du dir etwas wünschen. Aber wäge ab, ob es realistisch ist, es zu bekommen.«

      Sophie starrte ihn an. Seiner Meinung nach hatte sie sich also eine Belohnung verdient? Wenn er wüsste, wie unartig sie kurz zuvor gewesen war. Realistisch sollte ihre Wunsch sein. Den Keuschheitsgürtel würde er ihr nicht abnehmen, soviel stand fest, und eine erotische Züchtigung würde sie erregen, war ohne abschließenden Höhepunkt aber nur die Hälfte wert. Eine plötzliche Sehnsucht überfiel sie.

      »Einen Kuss«, flüsterte sie. »Bitte küssen Sie mich, Herr.«

      Leos erwartungsvolle Miene entspannte sich. Er lächelte zufrieden, beugte sich zu ihr herab und Sophie streckte sich ihm entgegen. Der Kuss auf ihre Lippen war nur gehaucht, ganz zart, ohne Druck, ohne Forderung, und sie befürchtete enttäuscht, dies wäre alles gewesen. Da nahm er auf einmal ihr Gesicht in seine Hände und ergriff Besitz von ihrem Mund, tanzte mit seiner Zungenspitze auf der ihren.

      Sophie hing hilflos zwischen den Beinen ihres Herrn, klammerte sich an seinen Knien fest, als sich die Welt um sie zu drehen begann. Leos Kuss war eine wunderschöne Liebkosung, ein Beweis seiner tiefen Zuneigung und zugleich eine angenehme Form der Eroberung. In ihrem Kopf war ein Durcheinander, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefegt. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, doch das war keineswegs erschreckend.

      Sophie war außer Atem, als Leo sie langsam losließ.

      »Danke, Herr«, japste sie.

      Sophie genoss für einen kurzen Augenblick die Wärme seines Lächelns. Auch der Blick in seine blauen Augen war so anders als sonst. Sie verlor sich darin wie in einem tiefen See. Ihr Herz fühlte sich dabei so schwer an und in ihrem Bauch grummelte es eigenartig. Mehr … Aber sie hatte es sich nicht verdient, das wusste sie besser als er und sie schämte sich ein wenig für ihre Unvollkommenheit.

      »Gern geschehen.« Leo verwuschelte ihre Haare. »Meinst du, du kannst jetzt schlafen?«

      Sophie nickte. »Ja, Herr, ich glaube schon.« Dabei wäre sie lieber noch länger hier bei ihm geblieben. Aber sie würde es nicht länger aushalten, ihn zu hintergehen. In den nächsten Tagen musste sie sich unbedingt mehr anstrengen. Sie würde ihm alles recht machen.

      »Dann geh jetzt. Schlaf gut.«

      Kapitel 15 image

      Ermutigt durch ihren ersten Versuch, holte Sophie am nächsten Abend erneut ihr Handy hervor, um Anrufe und SMS abzufragen. Ihre guten Vorsätze waren schnell vergessen. Unter den Nachrichten war nichts Wichtiges, was nicht verwunderlich war. Immerhin hatte sie offiziell Urlaub genommen und es war kaum zu erwarten, dass jemand sie belästigen würde.

      Nadine hatte ihr noch eine hinreißende SMS geschrieben, mit vielen, vielen guten Wünschen für ihren Einstand bei ihrem neuen Herrn. Und dem Bedauern, nur ganz kurz miteinander gesprochen zu haben.

      Sophie schluckte, um die aufsteigenden sentimentalen Tränen wegzudrücken. Dass ausgerechnet sie mal so rührselig werden würde – sie war doch sonst so tough. Aber scheinbar veränderte die aktuelle Situation alles.

      Den Tag hatte sie gut hinter sich gebracht, obwohl Leo keine Gelegenheit ausgelassen hatte, ihre Geduld und die Bereitschaft zum Gehorsam zu testen. Was davon sollte sie ihrer Freundin verraten? Sophie schwankte. Hatten sie sich nicht immer alles gebeichtet, gleichgültig wie peinlich es war?

      Ihr Herr war an diesem Morgen ausnahmsweise vor ihr wach gewesen. Er hieß sie vor ihm zu frühstücken, erst dann seins vorzubereiten und auf einem Tablett zu dekorieren. Ein Glas, eine Saftpackung zum Nachschenken, eine Tasse Kaffee, ein Croissant, Butter, Marmelade, ein Messer. Dazu natürlich die Tageszeitung.

      Er selbst schob in der Zwischenzeit den Glastisch bei den Sesseln zur Seite und forderte Sophie schließlich auf, an dessen Stelle niederzuknien und sich vollkommen ruhig zu halten. Sie hatte ihm einen zweifelnden Blick zugeworfen. Er hielt eine weiße Tischdecke in der Hand und sie ahnte, was er vorhatte.