auch Alfred Kühne war eingeladen worden.
Laura und Anneka streuten Blumen. Jessica sah hinreißend aus in dem eierschalfarbenen Satinkleid.
Im Haar hatte sie nur eine Spange aus Myrten und um den Hals das Collier, das Julians Mutter zur Hochzeit getragen hatte. Es war eine besondere Liebesgabe für Jessica, daß Amelie Vreden sich davon trennte.
Jessica bekam all die Liebe geschenkt, die sie seit dem Tode ihrer Eltern missen mußte, und als sie mit Julian vor dem Altar kniete und sie sich ihr Jawort gaben, konnte man all die Liebe, die sie füreinander empfanden, in ihren Gesichtern lesen, wie sie sich ansahen und schließlich küßten.
»Wer könnte da noch zweifeln«, flüsterte Fee ihrem Mann zu.
»Es gibt doch noch Paare, die genauso glücklich sind wie wir.«
»Ich bin gespannt, ob sie auch so viele Kinder in die Welt setzen«, flüsterte er zurück.
»Man könnte auf den Geschmack kommen«, sagte Robin Lester zu Leslie.
»Du und heiraten?« meinte sie verblüfft.
»Eigentlich bist du doch dagegen«, sagte er.
»Wir sind doch beide gebrannte Kinder. Es geht auch so ganz gut.«
»Aber wenn man die Kinder sieht, spürt man doch, daß einem etwas fehlt.«
»Ja, da muß ich dir recht geben. Schließen wir einen Kompromiß, Robin. Wenn wir ein Kind bekommen, heiraten wir.«
*
Laura hatte gemeint, daß sie nun gleich nach der Hochzeit ein Baby bekommen würden, und sie war sehr enttäuscht, daß sie sich in Geduld üben mußte.
Tröstlich war es für sie, daß sie vorerst zu Hause Unterricht bekam, um die nötigen Voraussetzungen für einen Besuch an einer deutschen Schule zu bekommen. So hatte sie wenigstens unter Kontrolle, was da vor sich ging.
Sie durfte auch ihre Mami zu Dr. Norden begleiten, und so erfuhr sie dann auch zuerst, daß sie ein Brüderchen bekommen würde.
»Wann?« war ihre erste Frage.
»In fünf Monaten«, erwiderte Jessica.
»Du hast gesagt, es dauert neun Monate.«
»Ich wollte es erst genau wissen. Du hättest mich mit Fragen vier Monate lang gelöchert. Fünf Monate sind auch noch lang genug.«
»Aber wenn du weißt, daß es ein Brüderchen wird, kannst du es doch sehen. Warum kann ich es nicht sehen.«
»Man kann es nur bei der Ultraschalluntersuchung sehen. Für dich ist es viel schöner, wenn du es dann erst siehst, wenn es auf der Welt ist.«
»Es ist sehr aufregend«, sagte Laura tiefsinnig. »Für Papi auch. Jetzt weiß ich wenigstens, warum er immer so besorgt um dich ist. Und daß du dich wegen diesem Kollberg nicht mehr aufregen sollst. Was war das eigentlich für ein Mann?«
»Einer, der viel Unrecht auf sich geladen hat, aber nun können wir wenigstens die entschädigen, die durch ihn in große Not geraten sind.«
Das konnte sie, nachdem ihr die Lebensversicherung ausgezahlt worden war.
Es waren tatsächlich zwei Millionen, etwa der Betrag, um den Kollberg sie betrogen hatte. Doch das Glück, das sie an Julians Seite gefunden hatte, bedeutete ihr mehr als alles Geld. Er hatte nichts dagegen, daß sie damit anderen half.
Ihr Glück war vollkommen, als sich ihr Sohn ins Leben schrie, kräftig und gesund und nach Julians Worten das schönste Baby, das er je gesehen hatte. Da konnte Jessica lachen.
»Wie viele hast du denn schon gesehen? Und verdirb es nur nicht mit Laura.«
Laura wartete mit den Großeltern und Hanna draußen, aber sie war außer sich vor Freude, als sie das kräftige Stimmchen hörte. »Das ist mein Brüderchen, jetzt ist es da.«
Sie durfte es auch gleich sehen und bewundern. Aber dann sah sie Julian an.
»Gell, Papi, ich bin trotzdem dein Schatz«, flüsterte sie zaghaft.
»Mein großer, lieber Schatz«, versicherte er.
»Und was bin ich?« fragte Jessica, als sie dann allein sein konnten, weil Laura mit den Großeltern und Hanna nach draußen gegangen war.
»Meine heißgeliebte Jessimaus«, erwiderte er und küßte sie innig. Sie waren glückliche Eltern.
»Jetzt haben wir zwei Kinder«, sagte Jessica, »ob wir die Nordens noch einholen?«
»Das dürfte euch schwerfallen«, ertönte da Daniel Nordens Stimme von der Tür her. »Aber euch trauen wir ja alles zu.«
»Wie kommt es, daß es Doppelgänger gibt, Mami?« fragte Anneka.
Die Familie saß beim Mittagstisch. Es war Mittwoch, und Dr. Daniel Norden hatte seinen freien Nachmittag, da konnten sie sich Zeit nehmen, was nicht oft vorkam.
»Das sind so seltene Dinge, die sich die Natur einfallen läßt«, erklärte Dr. Norden. »Ganz gleich sind zwei Menschen nie, irgendwelche Unterschiede gibt es immer, so hat zum Beispiel jeder Mensch andere Fingerabdrücke.«
»Wie kommst du denn auf Doppelgänger?« fragte Fee interessiert.
»Wir haben zwei Jungen in der Parallelklasse«, sagte Anneka, »den Mark und den Christian, die sehen aus wie Zwillinge.«
»Das weiß ich ja gar nicht«, sagte Fee überrascht. Sie war Schulärztin an Annekas Schule und kannte durch die regelmäßigen Untersuchungen eigentlich alle Kinder. So etwas wäre ihr bestimmt aufgefallen.
»Der Mark ist erst seit ein paar Tagen bei uns, der hat vorher in Köln gewohnt.«
»Das ist aber ein enormer Zufall«, meinte Daniel. »Die meisten Menschen erfahren es nie, wenn sie tatsächlich einen Doppelgänger haben. Sind sie vielleicht miteinander verwandt und wußten es nicht?«
»Christian sagt, ihre Mütter hätten schon oft miteinander darüber gesprochen, sie sind bestimmt nicht verwandt.«
»Ist doch so was Besonderes auch nicht«, meinte Danny. »Viele Filmschauspieler haben ein Double, die müssen sich auch sehr ähnlich sehen.«
»Vielleicht hab ich ja auch einen und lern’ ihn mal kennen. Dann wechseln wir uns mit der Schule ab, einen Tag geht er hin und den anderen ich.« Felix war im Augenblick nicht gut auf die Schule zu sprechen, weil er mit Fräulein Schreiber, seiner Mathelehrerin, nicht zurechtkam. Mathe war nicht sein Lieblingsfach, wobei Fee meinte, daß Fräulein Schreiber zu ungeduldig mit ihm war, sie würde sich darum kümmern müssen.
Jan und Desiree, die kleinen Nachkömmlinge der Nordens, wurden quängelig, sie wollten von ihren Stühlchen.
Fee und Lenni hoben sie herunter, und Lenni ging mit ihnen ins Bad, um sie für den Mittagsschlaf zurechtzumachen.
Fee und Daniel hatten noch ein wenig Ruhe und Zeit für einen Kaffee, nachdem die Jungen und Anneka in ihre Zimmer gegangen waren.
Sie waren ein harmonisches Ehepaar, das das Zusammensein genoß.
Lange dauerte dies jedoch nicht. Das Telefon klingelte. Es war Dieter Behnisch.
Daniel hörte eine Weile schweigend zu. »Ja, gut, ich komme.«
»Wieder kein freier Nachmittag?« fragte Fee mitfühlend.
»Frau Lengfeld geht es nicht gut. Dieter fürchtet, sie könnte die Nacht nicht überleben. Sie möchte mich sprechen.«
Fee seufzte. Natürlich würde Daniel zu Frau Lengfeld fahren. Er hatte die einsame alte Dame in den letzten Monaten betreut, bevor sie mit einem Schlaganfall in die Behnisch-Klinik gekommen war. Er war praktisch der einzige