Patricia Vandenberg

Dr. Norden Extra Staffel 1 – Arztroman


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etwas?«

      »Die Steffi im Kindergarten. Da ist die Oma gestorben, und Steffi ist traurig. Und sie hat gesagt, daß mein Papa ja auch schon tot ist, aber wer sich derrennt ist selber schuld. Hat sie gesagt, Mami, kannst es mir glauben.«

      »Gut, wir reden nicht mehr darüber«, sagte Cordula.

      »Will ich ja auch gar nicht. Ich weiß sowieso nicht mehr, wie er ausgesehen hat, er war ja nie zu Hause.«

      Hat sie das wirklich begriffen, oder hat Dorle mal darüber geredet, überlegte Cordula.

      Aber Nora war schon bei einem anderen Thema.

      »Schau mal die dicken Kühe, Mami, die geben bestimmt viel Milch. Kann man die trinken, oder ist die auch giftig?«

      »Es wird alles gründlich untersucht, Nora«, erklärte Cordula, und da endlich gab die kleine Ruhe.

      *

      Es war keineswegs so, daß Cordula immer ein Herz und eine Seele mit ihrem Vater gewesen wäre, aber vielleicht waren sie einander deshalb besonders zugetan, weil sie beide starke Charaktere waren… und weil sie Meinungsverschiedenheiten ausdiskutieren konnten, ohne nachtragend zu sein.

      Hans Mohl hielt schon nach den Gästen Ausschau.

      Nora sprang gleich aus dem Wagen und stürmte auf ihn zu, und Cordula genoß es, ihnen zuzuschauen, wie sie glücklich lachten und sich immer wieder küßten.

      Das war ihr Paps, wie sie ihn liebte. Ein Mann mit Herz, obgleich er ein Leben lang nur mit Maschinen gearbeitet hatte. Und weil er soviel Herz hatte, konnte er auch oft genug die Menschen nicht richtig durchschauen, wenn sie Interesse für seine Arbeit aufbrachten.

      So war es auch bei Leon gewesen. Vielleicht war er für Leon wirklich der einzige Mensch gewesen, zu dem er aufgeblickt hatte, der ihm wirklich viel bedeutete.

      Nachdem Hans seine Enkeltochter zärtlich umarmt und geküßt hatte, wandte er sich Cordula zu. Immer war er ein wenig scheu ihr gegenüber seit Leons Tod, so, als wollte er fragen, ob sie ihn denn wirklich noch möge.

      Cordula umarmte ihn herzlich. »Alles, alles Gute für dein neues Lebensjahr, Paps, und bleib schön gesund.«

      »Das werde ich schon, ich trete ja kurz, Cordula«, erwiderte er.

      »Das kannst du mir doch nicht weismachen! Ich lese genug über dich.«

      Nora war nun schon zu Resi in die Küche gelaufen. Der Kleinen gegenüber war die gute Resi nicht brummig, und sie strahlte über ihr ganzes rundes Gesicht, als Gaby kam.

      »Da ist ja unser Kleinchen«, sagte sie, »kannst auch gleich schlecken.«

      Draußen sagte Hans Mohl zu seiner Tochter: »Ich habe heute was in der Zeitung gelesen.«

      »Die Todesanzeige?« fragte Cordula.

      »Ja, nun ist sie auch gestorben. Es wird wohl das Beste für sie sein.«

      »Sag das nicht, Paps, sie hätte aus ihrem Leben viel mehr machen können. Gut, Leon war nicht gerade ein liebevoller Sohn, aber mit ihrem ständigen Flehen, er möge zurückkehren, hat sie doch gar nichts erreicht. Er hat seinen Vater viel zu sehr gehaßt. Aber wir wollen heute nicht über Leon sprechen, Paps.«

      »Ich denke oft, daß er sich vielleicht doch geändert hatte. Er war doch kein schlechter Kerl, Cordula.«

      »Nein, das war er nicht, nur ein ganz großer Egoist, und wenn er sich auch geändert hätte… unsere Ehe wäre nicht besser geworden. Ich hatte meine Illusionen bald verloren. Ich weiß, daß du ihm viel bedeutet hast, und wenn du sein Vater gewesen wärest, hätte er sich wohl ganz anders entwickelt.«

      »So siehst du das also!«

      »Ja, so sehe ich es, und nun wollen wir lieber deinen Geburtstag feiern.« Sie küßte ihn auf beide Wangen. »Sechzig Jahre und ein bißchen weiser«, sagte sie lächelnd. »Aber gut schaust du aus, Paps.«

      »Ich bin ja auch nicht mehr so gestreßt, und Resi versorgt mich gut. Dorle grollt wohl immer noch, oder?«

      »Sie ist stur, aber wir profitieren ja davon. Was würde ich denn ohne sie machen?«

      »Läuft es gut bei dir?« fragte er.

      »Ich kann mich wirklich nicht beklagen, aber Nora darf auch nicht zu kurz kommen. Jetzt verziehst du dich mal für einige Minuten, damit wir den Geburtstagstisch aufbauen können, sonst ist dein Enkelkind schwer beleidigt.«

      »Ihr sollt euch doch mit mir nicht soviel Mühe machen, Cordula«, wandte er verlegen ein.

      »Das ist doch keine Mühe! Eigentlich wäre ja ein ganz großes Fest fällig, aber nachdem du dich in deine Einsiedelei zurückgezogen hast, kann dich ja kaum noch jemand finden.«

      Doch darin sollte sie sich getäuscht haben, wie sie später erleben sollten. Vorerst hatte es Nora natürlich sehr wichtig, und sie murmelte auch noch mal das Geburtstagsgedicht vor sich hin, zu dem sie von sich aus etwas hinzugedichtet hatte. Diesbezüglich zeigte sie schon jetzt eine verblüffende Begabung.

      Nun stand die Torte auf dem Tisch, die schönen Blumen und die liebevoll hergerichteten Päckchen. Die Kerzen wurden angezündet, und ›Happy Birthday‹ wurde gesungen. Der Opi strahlte, aber man sah ihm auch die Rührung an. Und dann sagte Nora ihr Gedicht auf.

      »Lieber Opi, zu deinem Geburtstagsfeste wünschen wir das Allerbeste. Bleibe fröhlich und gesund, ich liebe an dir jedes Pfund.«

      Da mußte er natürlich lachen, und Cordula stimmte fröhlich ein. »Das hat sie sich selbst ausgedacht, Paps, ich hatte keine Ahnung.«

      »Gell, das habe ich gut ausgedacht, Opi?« freute sich Nora über ihren Erfolg.

      »Sehr gut, mein Liebling«, erwiderte er zärtlich.

      »Und jetzt mach’ ich hopp, hopp, hopp, und schenke dir den Blumentopp«, zwitscherte sie.

      Da drückte er sie ganz lange und fest an sich. »Es ist so schön, daß wir dich haben«, sagte er innig.

      »Und was meinst du, wie froh wir sind, daß wir dich haben«, sagte Nora.

      In diesem Moment vernahmen sie schon das Nahen mehrerer Autos, und gleich darauf wurde ein Hupkonzert veranstaltet.

      »Die Verrückten kommen«, sagte Resi.

      »Guter Gott«, murmelte Hans. Aber Cordula freute sich, daß man ihn doch nicht vergessen hatte. Die Kollegen kamen, und sie brachten von der Firmenleitung ein Geschenk, mit dem Hans wirklich nicht gerechnet hatte. Es konnte nicht ins Haus gebracht werden, es stand vor der Tür, metallig glitzernd im Sonnenschein.

      »Dein neuestes Modell, Hans«, sagte Lutz Fiebig. »Es wird bestimmt der Renner der Saison.«

      »Toll«, sagte Nora bewundernd, »wirklich toll und ganz neu!«

      Cordula gegenüber hatten die Besucher anscheinend einige Hemmungen, aber sie verstand es, diese zu überbrücken. Und sie organisierte auch gleich im ›Hirschen‹ ein Essen für die Gäste, während Hans noch überlegte, was man so vielen Leuten wohl vorsetzen könnte.

      Cordula freute sich ungemein darüber, daß ihr Vater nicht vergessen war, daß ihm solche Anerkennung zuteil wurde, daß sie auch an diesem Tag immer wieder hören konnte, wie nötig man seinen Rat, seine Hilfe brauche. Und Lutz Fiebig sagte dann, nur für Cordula bestimmt, daß sie alle hoffen würden, daß Hans, wie auch sie, den Schock über Leons Tod überwunden hätten.

      »Es war jedenfalls kein Konstruktionsfehler und nicht Vaters Schuld«, sagte sie leise, aber mit großem Nachdruck. »Es ist schön, daß Sie alle gekommen sind.«

      Es wurde viel gelacht an diesem Tag, und Nora war mitten drin und hatte immer wieder die Lacher auf ihrer Seite mit ihren drolligen Bemerkungen.

      »Den Wagen bekommst du«, sagte Hans am Ende dieses langen, fröhlichen Tages zu Cordula.

      »Kommt gar nicht in Frage, Paps«, widersprach sie