Patricia Vandenberg

Dr. Norden Extra Staffel 1 – Arztroman


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mit Ihnen auch nicht. Ich will Sie hier nie wieder sehen, haben Sie verstanden?«

      In dem Moment kam Dorle. »Soll ich vielleicht die Polizei rufen?« fragte sie.

      »Ich gehe ja schon«, stammelte Sonja. »Sie haben mich mißverstanden. Ich wollte doch ganz vernünftig mit Ihnen reden!«

      »Dann hätten Sie es anders anfangen müssen. Wir haben uns nichts zu sagen. Ich kann für mein Kind selber sorgen. Wie wäre es, wenn Sie das auch versuchen würden?«

      Sonja Keller stolperte fast aus dem Haus. Und Cordula war so wütend, wie Dorle sie noch nie gesehen hatte.

      »Und jetzt wird der Baron von Ahlen eine Abreibung von mir bekommen, die sich gewaschen hat und die er nie vergessen wird. Hundertmal habe ich es mir schon vorgenommen gehabt, aber jetzt bin ich gerade in der richtigen Stimmung.«

      »Schaden kann es nicht«, sagte Dorle gemächlich, »und unsere Kleine hat wenigstens nichts mitgekriegt.«

      Ja, jetzt war auch sie froh, daß Nora nicht hier war.

      Cordula setzte sich in ihren Wagen und fuhr zu Baron von Ahlen, der nun zum zweiten Mal in dieser Woche den überraschenden Besuch einer Dame bekam. Aber das war eine wirkliche Dame, wie Gustl bemerkte, denn auch in allem Zorn vergaß Cordula ihren Stolz nicht.

      »Mein Name ist Cordula Mohl«, sagte sie eisig. »Ich wäre zwar berechtigt, auch den Namen von Ahlen zu tragen, aber ich lege keinen Wert darauf. Und ich bin nur gekommen, um Ihnen klipp und klar zu sagen, daß Sie mich nicht auf eine Stufe mit einer gewissen Sonja Keller stellen sollen. Ich verdiene meinen Unterhalt und den meines Kindes als Architektin und nicht auf schlüpfrigen Wegen, wie Sie anscheinend meinen. Wenn meine Ehe mit Leon nicht so verlief, wie ich es erhofft habe, so hat es nichts damit zu tun, daß Sie als Vater völlig versagt haben. Ich habe glücklicherweise einen Vater, auf den ich mich verlassen kann, den es sogar mehr schmerzt, daß Leon so unglücklich sterben mußte als mich. Das wollte ich Ihnen ins Gesicht sagen, Herr Baron, und wenn Sie etwas Diskriminierendes gegen mich und meine Familie sagen sollten, werden Sie es bitter zu bereuen haben. Dann werde ich mit einigen Wahrheiten aus Ihrer Vergangenheit aufwarten, die ich von Leon schwarz auf weiß habe und die auch ein Beweis dafür sind, warum er keinen Respekt vor Ihnen haben konnte. Nun wissen Sie Bescheid. Richten Sie sich danach.«

      Johann von Ahlen starrte sie voller Entsetzen an. Kein Wort kam über seine trockenen Lippen, und als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sank er ächzend in seinen Sessel zurück. Draußen schoß Cordula an Hanno vorbei, der gerade, von Gustl herbeigerufen, das Haus betreten hatte.

      »Cordula, was ist geschehen?« rief er.

      Mit zornig funkelnden Augen blickte sie ihn an. »Wir haben uns auch nichts mehr zu sagen«, fuhr sie ihn an. »Du bist genauso ein Feigling wie Leon. Nur hintenherum könnt ihr hetzen.«

      »Cordula, ich bitte dich, ich weiß überhaupt nicht, worum es geht!«

      »Frag deinen Vater. Ich dachte, wenigstens du wärest anders, aber ich habe mich getäuscht. Da war ja sogar Leon noch mutiger, indem er diesem Haus den Rücken kehrte, was immer er sonst auch getan haben mag.«

      Draußen atmete sie tief durch. So, jetzt hatte sie es gesagt, was schon so lange in ihr gärte, aber so ganz wohl fühlte sie sich trotzdem nicht, als sie sich in ihren Wagen setzte. Und sie fuhr nicht nach Hause, sondern zu ihrem Vater. Sie hatte das Bedürfnis, mit ihm zu sprechen.

      *

      Hanno saß seinem Vater gegenüber, der sich inzwischen halbwegs erholt hatte.

      »Jetzt sage mir, was passiert ist. Es muß etwas geschehen sein, daß Cordula persönlich hier erscheint.«

      »Ich habe doch überhaupt nichts sagen können«, murmelte Johann. »Sie hat mir keine Chance gegeben.« Und dann erzählte er schleppend, was er zu hören bekommen hatte.

      »Dann war diese miese Person also auch bei ihr«, sagte Hanno tonlos. »Ich möchte nur wissen, was sie eigentlich bezweckt. Aber ich kann mir auch vorstellen, daß sie von Cordula eine Abfuhr bekommen hat.«

      »Du scheinst sie wirklich gut zu kennen«, sagte Johann.

      »Ich sah sie früher öfter, als wir noch dachten, daß du dich mit Leon versöhnen würdest. Das hatte auch Mama gehofft, aber sie hat nicht gewagt, einen engeren Kontakt zu Cordula zu pflegen, weil sie zuviel Angst vor dir hatte. Deshalb glaube ich auch nicht, daß sie Kontakt mit Sonja Keller hatte. Begreifst du endlich, daß deine Frau Angst vor dir hatte, vor dir kuschte, um nicht deinen Zorn auf sich zu laden? Einmal muß es gesagt werden, Vater, daß niemand dich lieben konnte, weil du gar nicht bereit bist, Liebe zu geben, Verständnis für andere aufzubringen.«

      Und es gab keinen Widerspruch, wie er ihn erwartet hatte. Johann von Ahlen blickte zu Boden, und dann lief er mit auf dem Rücken verschränkten Händen im Raum auf und ab.

      »Ich möchte dich bitten, mit Frau Mohl zu sprechen«, sagte er heiser. »Sie soll keinesfalls bei der Meinung bleiben, daß ich sie mit dieser Keller auf eine Stufe stelle. Sie soll ihre Ansprüche anmelden, und du wirst alles regeln, Hanno.«

      »Nein, das werde ich nicht. Das ist deine Sache, Vater. Ich krieche nicht vor dir zu Kreuze, wie sie meint, und ich räume nicht aus dem Weg, was dir jetzt unbequem geworden ist. Außerdem würde Cordula keine Ansprüche geltend machen. Sie würde auch nicht dulden, daß du möglicherweise einmal Ansprüche auf Nora geltend machen könntest, wenn dich die Reue doch noch überkommen sollte. Aber ich sage dir noch eins, Vater. Sollte ich jemals eine Frau finden, mit der ich mir ein Leben vorstellen kann, und sollte ich Kinder haben, sie werden allein von mir erzogen, nicht deinem Einfluß ausgesetzt. Und wenn du jetzt sagst, ich solle auch verschwinden, dann gehe ich sofort.«

      »Hanno, ich bitte dich, ja, ich bitte dich um eine ruhige Aussprache. Ich will ja Zugeständnisse machen. Aber ich lasse mir von einer solchen Frau wie der Keller nicht die Pistole auf die Brust setzen. Es gibt doch gar keine Beweise, daß der Junge Leons Kind ist!«

      »Mir geht es auch nicht darum, sondern ich will nicht, daß Cordula einen Feigling in mir sieht. Sie ist bisher die einzige Frau, der ich je begegnet bin, vor der ich Respekt habe, eine Frau, um die ich Leon beneidet habe. Aber er hat das ja auch nicht begriffen, obgleich ich es ihm gesagt habe. Er hat sich als Sieger auf allen Ebenen gefühlt. Gerade deshalb glaube ich nicht, daß er ein ernstes Verhältnis mit der Keller hatte. Das war unter seinem Niveau. Eine Frau mußte auch schon etwas darstellen. Nun, diese Wahrheit werde ich herausfinden, denn sie ist bestimmt nicht die Frau, die nicht zumindest versucht hätte, zu seinen Lebzeiten seine Ehe zu stören, wenn sie irgendeine beweisbare Handhabe gegen ihn gehabt hätte. Wenn ich noch etwas für dich tue, dann nur deshalb, weil ich nicht will, daß Cordula durch solche Gemeinheiten belästigt wird. Schließlich geht es auch um ihr Kind. Und eins steht fest:

      Noras Großvater bist du, wenn du diesbezüglich auch auf ganzer Linie versagt hast. Du mußt mir schon gestatten, dir ein paar Wahrheiten zu sagen, da ich kein folgsamer Sohn bin und auch nicht war. Aber ich bin Mamas wegen geblieben, das sage ich nochmals. Sie hatte ja sonst niemanden mehr.«

      Johann wandte sich zum Fenster. »Ich muß dir noch etwas sagen, Hanno. Leon scheint seiner Frau da etwas unterbreitet zu haben, womit sie mir gedroht hat. Ein paar Wahrheiten aus meiner Vergangenheit wüßte sie, hat sie gesagt. Aber ich kann mir nicht erklären, was sie damit andeuten wollte. Wer weiß, was Leon alles gesagt hat in seinem Haß auf mich.«

      »Cordula würde nie etwas sagen, was nicht beweisbar ist«, erwiderte Hanno, und seine Augenbrauen schoben sich zusammen, als sein Blick voller Mißtrauen auf seinen Vater gerichtet war. »Also, was könnte es sein? Sag es, damit ich vorbereitet bin.«

      »Ich weiß es wirklich nicht. Sie kann doch nicht diesen Vorfall aus meiner Internatszeit meinen. Woher hätte Leon davon wissen können?«

      »Welcher Vorfall?« fragte Hanno. »Ich weiß davon nichts.«

      »Und ich kann mich so genau gar nicht mehr erinnern. Es war da ein Junge, der einen Revolver mitgebracht hatte aus den Ferien. Wir waren fünfzehn und fanden das toll. Keiner wußte, daß der