übel dran sind – sehr übel. Unsere Familien sind arm und elend. Wir sind außer Arbeit gekommen durch diese Maschinen und haben nichts zu tun, können nichts verdienen. Was sollen wir nun anfangen? Sollen wir schweigen und uns hinlegen und sterben? Nein! Ich kann nicht viele Worte machen, Mr. Moore, aber ich fühle, dass ein vernünftiger Mann nicht des Hungers sterben sollte wie unvernünftiges Vieh. Das soll nicht geschehen. Ich bin nicht fürs Blutvergießen, ich möchte weder jemanden umbringen, noch schädigen und bin nicht für das Fabrikverbrennen und Maschinenzerstören, denn wie Sie selbst sagen, sind das durchaus keine Mittel, Erfindungen aufzuhalten. Aber sprechen will ich – ich will so laut sprechen, wie ich nur kann. Erfindungen mögen recht sein, aber ich weiß, dass es nicht recht ist, arme Leute vor Hunger sterben zu lassen. Darum muss die Regierung Mittel und Wege finden, uns zu helfen und muss deshalb neue Gesetze machen. Sie werden sagen, dass das nicht so leicht sei – aber umso lauter müssen wir danach schreien und lärmen, denn umso rascher wird dann das Parlament uns gehörige Arbeit verschaffen.«
»Quält das Parlament, so viel ihr nur wollt«, antwortete Moore, »aber die Fabrikbesitzer zu quälen, ist töricht. Und wenigstens ich dulde es nicht.«
»Sie sind ein sehr harter Mann!« versetzte der Arbeiter. »Wollen Sie uns denn nicht ein bisschen Zeit verschaffen? Wollen Sie uns denn nicht zugestehen, Ihre Vorkehrungen etwas langsamer zu machen?«
»Bin ich denn die Gesamtheit aller Tuchmacher in Yorkshire? Antwortet!«
»Sie sind Sie selbst.«
»Und einzig ich selbst. Und wenn ich unterwegs einen Augenblick stehen bliebe, während die anderen vorwärts gehen, würde ich dann nicht von ihnen zu Boden getreten werden? Täte ich was ihr wünscht, wäre ich in einem Monat bankrott, und könnte mein Bankrott euren hungernden Kindern Brot in den Mund stecken? William Farren, ich werde mich weder euren, noch jemandes anderen Vorschriften unterwerfen. Sprecht mit mir nicht weiter über Maschinen. Ich werde meinen eigenen Weg gehen. Bis morgen werde ich neue Maschinen haben. Zerstört ihr diese, werde ich wieder andere haben. Nie werde ich nachgeben.«
Hier schlug die Fabrikglocke zwölf. Es war die Zeit zum Mittagsessen. Moore wandte sich plötzlich von der Deputation ab, und ging ins Kontorhaus.
Seine letzten Worte hatten einen harten, unangenehmen Eindruck hinterlassen. Er hatte nicht alles getan, was in seinen Kräften gestanden hatte. Hätte er freundlich mit William Farren gesprochen, der ein sehr ehrlicher Mann, ohne Neid oder Hass gegen begünstigtere als er selbst es war, der es nicht für Härte oder Ungerechtigkeit hielt, dass er von seiner Hände Arbeit leben musste, und sich geneigt fühlte, zufrieden zu sein, wenn er nur Arbeit bekam, hätte Moore sich einen Freund erworben. Es schien sonderbar, dass er sich von solch einem Mann ohne versöhnliche oder teilnehmende Worte abwenden konnte. Des armen Mannes Gesicht sah hager aus vor Mangel, er hatte das Aussehen eines Menschen, der nie gewusst hatte, was es heiße, wochenlang in Fülle und Wohlergehen zu leben, vielleicht monatelang, und doch lag keine Wildheit, keine Bosheit in seinen Zügen. Sie waren verlebt, gedrückt, finster, aber geduldig. Wie konnte Moore ihn so und mit den Worten: »Ich werde nie nachgeben«, verlassen, und keinen Laut guten Willens oder der Hoffnung oder der Hilfe hinzufügen?
Diese Frage stellte sich Farren, als er nach Hause in seine Hütte kam – einst in besseren Zeiten ein reinlicher, anständiger, angenehmer Wohnort. Jetzt aber, obgleich immer noch reinlich, sehr traurig, weil sehr ärmlich. Er folgerte daraus, dass der fremde Fabrikbesitzer ein selbstsüchtiger, gefühlloser und, wie er glaubte, auch ein törichter Mann sei. Ihm schien es, dass Auswanderung, wenn er nur die Mittel dazu hätte, dem Dienst eines solchen Herrn vorzuziehen sei. Er war sehr niedergeschlagen – fast hoffnungslos.
Bei seinem Eintreten tischte seine Frau sehr ordentlich das Bisschen an Mittagsessen auf, das sie ihm und den Kindern geben konnte. Es bestand bloß aus Suppe, und davon noch zu wenig. Einige der kleineren Kinder verlangten, als sie ihre Portion gegessen hatten, noch mehr – eine Bitte, die William sehr betrübte. Während seine Frau sie beruhigte so gut sie konnte, stand er von seinem Stuhl auf und ging an die Tür. Er pfiff ein lustiges Lied, was aber doch nicht verhinderte, dass sich ein oder zwei dicke Tropfen in den Winkeln seiner grauen Augen sammelten, und von da auf die Hausschwelle fielen, Tränen, viel eher den ›ersten eines Gewitterschauers‹ ähnlich, als denen, welche von den Augenlidern des verwundeten Fechters herabsanken. Er trocknete sein Gesicht mit dem Ärmel ab, und als die empfindsame Stimmung vorüber war, folgte eine sehr finstere.
Noch stand er so im Stillen brütend da, als ein schwarzgekleideter Herr des Weges kam. Ein Geistlicher, wie man gleich sah, aber weder Helstone noch Malone, noch Donne oder Sweeting. Er mochte etwa vierzig Jahre alt sein. Er sah schlicht aus, war von dunkler Gesichtsfarbe, und hatte fast schon graues Haar. Er hielt ein wenig im Gehen inne. Sein Gesicht zeigte, als er daher kam, eine nachdenkliche und beinahe schmerzliche Miene, als er jedoch näher an Farren herantrat, blickte er auf, und dann belebte ein herzlicher Ausdruck seine ernsten, nachdenklichen Züge.
»Sie sind es, William? Wie geht es Ihnen?« fragte er.
»Mittelmäßig, Mr. Hall, und wie Ihnen? Wollen Sie nicht hereinkommen und ein wenig ausruhen?«
Mr. Hall, dessen Name der Leser schon vorher erwähnt fand (und der allerdings Vikar in Nunnely war, in welchem Kirchspiel Farren geboren war, und von wo er vor drei Jahren nach Briarfield gezogen war, um Hollow’s Mill, wo er Arbeit erhalten hatte, näher zu sein) ging in die Hütte, grüßte die Frau und die Kinder und setzte sich. Er begann dann freundlich über die lange Zeit zu sprechen, seit er die Familie beim Wegzug aus seinem Kirchspiel nicht mehr gesehen hatte, und was ihr seitdem geschehen war. Er beantwortete die Fragen nach seiner Schwester Margaret, nach der man sich sehr teilnahmsvoll erkundigte, und endlich, nachdem er sich flüchtig und betrübt durch seine Brille (er trug sie, weil er kurzsichtig war) in der leeren Stube umgesehen hatte, und die mageren und bleichen Gesichter um sich her erblickt hatte – denn die Kinder hatten sich an seine Knie gedrängt, und Vater und Mutter standen vor ihm –, fragte er plötzlich: »Und wie geht es euch allen? Was triebt ihr?«
Mr. Hall war zwar, wie hier bemerkt wird, ein tüchtiger Gelehrter, sprach aber nicht allein mit starkem, nördlichen Akzent, sondern bediente sich bei Gelegenheit auch ohne Scheu nördlicher Ausdrücke der Landleute.
»Armut, Armut!« sagte William. »Wir sind alle arbeitslos. Ich habe fast meinen ganzen Hausrat verkauft, wie Sie sehen können, und was wir weiter anfangen werden, das weiß Gott.«
»Hat Mr. Moore euch fortgeschickt?«
»Er hat uns fortgeschickt, und ich kenne ihn jetzt so durch und durch, dass ich glaube, wenn er mich morgen wieder haben wollte, ich würde nicht für ihn arbeiten.«
»Ei, ei, William, das sollten Sie nicht sagen!«
»Ich weiß es, dass das nicht sein sollte, aber ich bin mit mir selbst uneins. Ich fühle mich ganz verändert. Ich würde mir gar nichts daraus machen, wenn nur Weib und Kinder genug zu leben hätten – aber sie gequält, gepeinigt zu sehen –«
»Ja, ja, mein lieber Mann, und Sie auch, Sie auch dazu. Oh, es sind schwere Zeiten. Ich sehe Not und Elend, wohin ich nur komme. William, setzen Sie sich. Grace, setzen Sie sich, wir wollen uns miteinander besprechen.«
Und um dies besser zu können, nahm Mr. Hall das kleinste Kind auf das Knie, und legte die Hand auf den Kopf des kleineren, als aber der kleine Kerl anfangen wollte zu plappern, sagte er »Pst!« zu ihm, und als er die Augen auf den Ofen richtete, sah er die Handvoll Asche, die dort halb verloschen glimmte.
»Traurige Zeiten«, sagte er, »und solange! Es ist Gottes Wille! Sein Wille geschehe! Aber er prüft uns sehr.«
Dann dachte er wieder nach.
Sie haben kein Geld, William, und Sie können nichts verkaufen, um eine kleine Summe aufzutreiben?«
»Nein. Ich habe den Kleiderschrank verkauft, und die Uhr, und das kleine Mahagonigestell, und das gute Teegeschirr meiner Frau und was sie sonst mitgebracht hat, als wir uns verheirateten.«
»Und wenn jemand Ihnen ein oder zwei Pfund borgte, könnten Sie sich damit helfen? Könnten Sie