Susanne Kabatnik

Leistungen von Funktionsverbgefügen im Text


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      Tabelle 4:

      Deutsche und polnische Funktionsverbgefüge – Frequenz in DeReKo (2018-I)9

      Tabelle 4 zeigt Beispiele für deutsche und polnische Funktionsverbgefüge-Paarungen, die nach der Frequenz der deutschen Funktionsverbgefüge in DeReKo (2018-I) nach absteigender Häufigkeit sortiert sind. Die Frequenz ist in absoluten Treffern angegeben, aber auch in relativer Häufigkeit in Bezug auf die Korpusgröße durch die Angabe der Treffer pro Million Wortformen (pMW) (vgl. COSMAS II: Häufigkeitsmaße10; Keibel 2008, 200911). Relative Frequenzen, wie Treffer pro Million Wortformen erlauben es, einzelne Lexeme bzw. Wortkombinationen ihrer Häufigkeit nach in verschiedene Häufigkeitsklassen einzuteilen. Ein Lexem, wie Dadaismus, ist laut der Häufigkeitsklassen des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache mit einem pMW-Wert von 0,23 pMW als selten einzustufen. Dagegen gehören die Artikel der, die, das, des, dem, den mit 92.00 pMW zu den frequentesten sprachlichen Einheiten und werden der höchsten Häufigkeitsklasse zugeteilt (Keibel 2008, 2009). Das Funktionsverbgefüge Frage stellen kann mit einem Häufigkeitsmaß von 58.1 pMW demnach als sehr frequente Konstruktion eingestuft werden. Dass das Funktionsverbgefüge Frage stellen im Deutschen sehr frequent ist, deckt sich mit der von Kamber (2008) durchgeführten Korpusuntersuchung, in der Frage stellen das frequenteste Gefüge aller von Kamber untersuchten Konstruktionen darstellt (vgl. Kamber 2008: 107). Weiter häufig sind in Tabelle 4 die Gefüge Entscheidung treffen mit 22.7 pMW und Information geben mit 21.7 pMW; Beitrag leisten mit Antwort geben weisen mit 18.6 pMW und 15.0 pMW im Vergleich mit den anderen Gefügen in der Tabelle eine mittlere Häufigkeit auf. Relativ selten sind dagegen beispielsweise die Gefüge Versuch unternehmen (3.6 pMW), Vorbereitung treffen (2.57 pMW), Änderung vornehmen (2.4 pMW) und Zustimmung erteilen (0.8 pMW), d.h. vergleichbar mit Dadaismus mit 0,23 pMW.

      Von den aufgeführten generierten deutschen Funktionsverbgefügen mit hoher oder mittlerer Frequenz sind insbesondere drei Konstruktionen interessant, nämlich Frage stellen und Entscheidung treffen als häufigste Gefüge sowie Antwort geben:

      Fragen stellen und Antworten geben stehen miteinander in semantischer Relation (vgl. Aitchison 1997, Schwarz/Chur 2004: 58). Die Funktionsnomen Frage und Antwort bilden einerseits auf semantischer Ebene Antonyme, und zum anderen bezeichnen die Gefüge Frage stellen und Antwort geben Sprachhandlungen, die sequenziell aufeinanderfolgen und ein Adjazenzpaar bilden (vgl. Schwarz/Chur 2004: 58; Liedtke 2016: 28). Aber auch Fragen stellen, Entscheidungen treffen und Antworten geben können aus (sprach-)handlungslogischer und semantischer Sicht miteinander verknüpft sein, z.B. als aufeinanderfolgende Handlungen im Sinne von ‚zuerst Fragen stellen – dann Entscheidungen treffen – und schließlich Antworten geben‘, was für eine Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang, d.h. in Bezug auf textsemantische und -pragmatische Phänomene (vgl. Averintseva-Klisch 2018), nicht unwesentlich erscheint. Zudem bilden Fragen ein prominentes Untersuchungsobjekt in der Linguistik hinsichtlich inhaltlicher, formaler und pragmatischer Gesichtspunkte, beispielsweise in Bezug auf verschiedene Wortstellungsmuster, Intonationskurven, enthaltene Präsuppositionen und ihre Funktion, Gespräche zu lenken und Wissensasymmetrien auszugleichen (z.B. Khalil 2012, Yang 2003, Hayano 2013, Spranz-Fogasy 2014: 10; Schegloff 2007; MacMartin 2008, Stivers 2013, Heritage 2013: 386). Antworten bilden in Bezug auf kooperatives sprachliches Handeln und die sequenzielle Organisation im Gespräch den zweiten Teil des Frage-Antwort-Paares (vgl. Liedtke 2016: 28) und geben neben inhaltlich-explizitem Wissen Aufschluss über kulturell geprägte Präferenzen oder Vermeidungsstrategien zu gestellten Fragen (vgl. z.B. Pomerantz/ Heritage 2013, vgl. auch MacMartin 2008, Kabatnik et al. 2019). Entscheidungen werden als Prozesse in der Psychologie und der Soziologie untersucht, insbesondere hinsichtlich intrinsischer und extrinsischer Wirkfaktoren sowie individueller als auch kollektiver Entscheidungsprozesse (vgl. Kerndörfer 2013, Kirsch 2013), die mental wie verbal realisiert werden können. Jacob (2017) modelliert Entscheidungsprozesse als kommunikative Praxis aus funktionalpragmatischer und diskurslinguistischer Perspektive, die als „soziales und kommunikatives Geschehen“ aufgefasst (Stollberg-Rilinger 2015: 631f.), den menschlichen Alltag bestimmen und (beg-)leiten (vgl. Jacob 2017: 1).

      Aufgrund der statistischen Signifikanz der generierten Gefüge, ihrer Häufigkeit in DeReKo (2018-I) sowie ihrer alltagsweltlichen Relevanz entscheide ich mich für die Untersuchung von Leistungen von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang für die Funktionsverbgefüge Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen sowie für die polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie, da(wa)ć odpowiedź und podjąć/podejmować decyzję.

      In einem korpusbasierten Verfahren zur Generierung von weniger festen und lexikalisierten Funktionsverbgefügen mithilfe einer mit COSMAS II durchgeführten Kookkurrenzanalyse von dreizehn Funktionsverben wurden statistisch signifikante deutsche Funktionsverbgefüge ermittelt und polnischen Äquivalenten zugeordnet. Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit konnte auf diese Weise eingegrenzt und aus einer Vielzahl möglicher Konstruktionen konnten deutsche und polnische Gefüge ausgewählt werden. Die ausgewählten Gefüge Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen bezeichnen alltagsweltliche mentale und/oder verbale Prozesse, die von verschiedenen (sprach-)wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen erforscht werden. Aufgrund ihrer semantischen und pragmatisch-interaktionalen Verbindung zueinander sind diese Gefüge für die Untersuchung von Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang geeignet. Im nächsten Abschnitt wird für die vorliegende Studie eine geeignete Datengrundlage in Form von deutschen und polnischen Text-Korpora ausgewählt.

      2.2. Wahl der Korpora

      Den Untersuchungsstand der vorliegenden Arbeit bilden die Funktionsverbgefüge Frage stellen, Antwort geben und Entscheidung treffen sowie ihre polnischen Äquivalente zada(wa)ć pytanie, da(wa)ć odpowiedź und podjąć/podejmować decyzję. Für die Beantwortung der Forschungsfragen zu Funktionen von deutschen und polnischen Funktionsverbgefügen im Textzusammenhang soll im Folgenden eine geeignete und vergleichbare Datengrundlage in Form von deutschen und polnischen Korpora ausgewählt werden.

      Die Frage nach den Funktionen von Funktionsverbgefügen im Text bezieht sich auf die Kritik am Gebrauch von Funktionsverbgefügen seit Wustmanns Stilkunde aus dem Jahre 1891, die gegenwärtig auf Schreibblogs, in universitären Richtlinien zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten als auch in modernen Textanalysetools im WWW rezipiert wird (vgl. Wustmann 1891: 416ff.; Reiners 1943–2009; Mackowiak 2011: 72; Textwende: Schreibtipps1; TU Braunschweig: Gestaltungsrichtlinien2, Textanalysetool"3; s. Kap. 1.2.1). Funktionsverbgefüge werden dort als schlechter und unverständlicher Behördenstil abgetan (vgl. z.B. Reiners 2009: 72; Textwende: Schreibtipps4) und auch in der linguistischen Forschungsliteratur werden Funktionsverbgefüge, wie Frage stellen, mit einem öffentlichen und amtlichen Sprachduktus in Verbindung gebracht (vgl. grammis online 20195; Hoffmann 2017: 225; Heringer 2014: 115). Funktionsverbgefüge kommen zwar z.B. in Gesetzestexten (Seifert 2004, Crestani 2013, Storrer 2013), politischen (Panzer 1986), wissenschaftlichen (Richter 1988) und wirtschaftlichen Texten (Schaarschuh 1990, Marušić 2012) vor, sie werden aber auch in einer Vielzahl stilistisch unterschiedlicher Textsorten verwendet, wie z.B. in Zeitungstexten (Schmidt 1968, Popadić 1971), literarischer Prosa (Daniels 1963, Storrer 2013) und in der Online-Enzyklopädie Wikipedia