»Die Gelegemutter«, sagte Peran-Gord, »hat beschlossen, persönlich mit euch zu reden. Ich weise darauf hin, dass eine Flotte aus acht Kampfkreuzern in der Nähe steht. Sollte Berega-Gan etwas zustoßen, wird ...«
»Ich bin sicher, sie haben verstanden.« Die Herrscherin der Topsider stand auf einer kleinen Antigrav-Schwebeplattform, die sie dicht über dem Boden dahintrug. »Wir kommen nur zu zweit, Advisor. Da der Resident neben dir für dein Volk spricht, kannst du alle anderen wegschicken.«
»Die Gelegemutter schätzt keine großen Zusammenkünfte«, ergänzte Tomasso Coen.
Homer G. Adams folgte der Aufforderung, und so saßen sie wenig später zu viert an den Tischen, die für weitaus mehr Personen konzipiert waren. Diesmal setzten sich die beiden Topsiderinnen auf die speziell angefertigten Sessel.
»Das Sternengelege strebt kein Bündnis mit den Terranern an«, erklärte Berega-Gan. »Allerdings auch keinen Krieg. Wir sind bereit, unsere Kultur zu öffnen und eurem Volk Einblicke zu gewähren, damit ihr lernen könnt. Zugleich«, fügte sie gönnerhaft hinzu, »werden wir euch ebenfalls studieren, um eure Handlungen in Zukunft besser zu verstehen.«
»Danke«, sagte Adams.
»Dies ist kein Friedensangebot«, präzisierte Resident Coen, der während der Reise offenbar bereits ins Bild gesetzt worden war oder die Bedingungen aktiv ausgehandelt hatte.
»Das Sternengelege ist die höhere Macht«, fuhr die Gelegemutter fort, »die euch zur Kenntnis nimmt und gewähren lässt, solange ihr seine Belange nicht stört. Ein ständiger Austausch von Botschaftern mag dazu dienen, dieses Verhältnis aufrechtzuerhalten.«
»Ich begrüße diese Idee«, sagte Adams. »Die Schiffe sind allerdings derzeit nicht in der Lage, diese Strecke sicher zurückzulegen.«
»Spiel eure Möglichkeiten nicht herunter«, forderte Peran-Gord. »Ihr habt das Beteigeuzesystem erreicht.«
»Das zweihundert Lichtjahre näher liegt als ...«
»Es wird euch gelingen«, unterbrach die Gelegemutter. »Zumal der erste Botschafter der Menschheit auf unserem Heimatplaneten die Reise bereits einmal angetreten hat und wieder mit uns zurückfliegen wird.«
Adams stutzte.
»Ich habe zugestimmt, dieses Amt anzunehmen«, sagte Tomasso Coen. »Ich danke als Resident ab und werde die Gelegemutter zurück nach Topsid begleiten.«
Diesmal läuft es so, wie Peran-Gord es sich schon für das erste Treffen vorgestellt hat, dachte Adams. Die Echsen präsentieren die Fakten, und wir stimmen zu.
Allerdings waren die Fakten nicht so übel wie befürchtet, und wichtiger war das Ergebnis, das ihn unendlich erleichterte.
Kein Krieg.
Kein Angriff der Topsider.
»Wer soll das Amt der topsidischen Botschafterin im Solsystem antreten?«, fragte Adams.
»Ich habe Peran-Gord von sämtlichen Pflichten freigestellt«, sagte die Gelegemutter. »Sie hat den Kontakt mit euch gesucht und weise entschieden, mich hinzuzuziehen, obwohl sie in meiner Autorität hätte sprechen und eure Zivilisation vernichten können.«
»Eine weise Entscheidung«, wiederholte der Advisor, und es kostete ihn Mühe, die folgenden Worte auszusprechen: »Willkommen, Botschafterin Peran-Gord.«
*
In den Erinnerungen des Nicht-Traums der Suspension sehe ich die ehemalige Militärkommandantin und spätere erste Botschafterin Peran-Gord vor mir. Die Bilder zeigen mir die schwierigen Phasen im Umgang mit ihr, aber auch den Kern an gutem Willen, den es in ihr gab.
Jahre später, als die ersten gegenseitigen Botschafter ihre Amtszeit beendeten, sagte Peran-Gord zu mir, dass sie nicht bereute, wie sie sich entscheiden hatte. Doch sie warnte mich, dass kommende Generationen die Lage womöglich anders beurteilen würden.
Ich höre wieder ihre Worte: Die eigentliche Retterin der Menschheit ist Berega-Gan, und die Gelegemutter ist alt. Der Krieg ist aufgeschoben, aber eine neue Mutter wird bald unser Volk anführen, und nach ihr eine dritte. Das Sternengelege vergisst nicht, und am Ende ist der Krieg unvermeidlich.
Aber der Krieg kam nicht, jahrhundertelang nicht. Der Konflikt brodelte stets unter der Oberfläche, und wer weiß – Perry Rhodans Ankunft verändert womöglich alles.
Das hat er an sich, der große Terraner.
Doch zuerst schwebe ich körperlos in den Erinnerungsbildern, und es gibt so viel, das ich noch nicht wieder durchlebt habe.
Die traurige Mission.
Den Bau des Gestänges aus den Trümmern des Pluto und den Wechsel des Instituts zur Erforschung des Dyoversums von Luna dorthin.
Der erste Vanothen-Resident Joakim Fabergé und der Rückzug des aktuellen Vano Porphyrio Dana in die Tiefen von Skiaparelli.
Jahrhunderte der Entdeckung und Forschung, Menschen, die gekommen und gegangen sind. Wunder und Enttäuschungen.
Ich gebe mich den Bildern hin und lasse mich treiben. Und wer weiß, wenn ich erwache, kann ich vielleicht alles Perry Rhodan erzählen.
7.
14. November 2046 NGZ
Was Perry Rhodan erlebte
Gorin Palotta saß in der Zelle, in den tiefen Untergeschossen des Tekener-Towers in Terrania, und starrte Perry Rhodan und Ghizlane Madouni an. Ein Energievorhang trennte den Verräter von seinen beiden Besuchern.
»Ich will es dir einfach machen«, sagte Rhodan. »Ich habe mit Sloud Silverman gesprochen. Dein Plan ist doppelt gescheitert. Die Entführung ist misslungen, und die Bombe, die du am Alkoven angebracht hast, ist nicht explodiert. Der Advisor ist in die Suspension zurückgekehrt.«
»Und was daran ist einfach?«, fragte Palotta.
»Dein Scheitern ist absolut. Es gibt keinen Grund für dich, auf etwas zu hoffen. Du kannst mit uns kooperieren.«
»Ich empfehle es dir ebenfalls«, forderte Ghizlane Madouni. »Ich werde der Residentin berichten, wie dieses Gespräch ausgeht. Sie wird sich nach meinen Worten entweder für dich einsetzen, oder Silverman überlassen, was mit dir geschehen soll.«
Der Verräter zog nur den rechten Mundwinkel hoch. »Du drohst mir?«
»Ich stelle Fakten dar.«
»Silverman ist viel zu edel, um ...«
»Das geht uns nichts an«, unterbrach Rhodan. »Wir führen dieses Gespräch, dann gehen wir. Auf mich wartet ein Treffen mit Botschafterin Zhrecter, Kommandantin Madouni wird mit der Residentin sprechen.«
»Was ich ihr mitteile, liegt ganz an dir«, ergänzte Ghizlane. »Den einzigen Gefallen, den ich dir getan habe und jemals tun werde, war, deinen Sohn nicht mitzubringen. Joel hat mit uns in der Klinik gekämpft. Es hat nicht viel gefehlt, und er wäre gestorben. Wie insgesamt siebenundachtzig andere Menschen.«
Sie legte eine kleine Pause ein.
»Siebenundachtzig«, wiederholte sie. »Und dass ich deinen Sohn von dir fernhalte, war kein Gefallen für dich, sondern für ihn. Vielleicht hätte er dich getötet, und das will ich ihm nicht zumuten. Du kannst dir sein Entsetzen nicht vorstellen.«
»Etwas, das er gesagt hat, hat meiner Enkelin übrigens geholfen, deinen Mordanschlag auf den Advisor zu vereiteln.«
»Als er acht Jahre alt war, ist seine Schwester gestorben«, sagte Palotta. »Ich wusste damals schon, dass es das falsche Kind getroffen hat.«
Die Worte und ihre brutale Hartherzigkeit versetzten Rhodan einen Stich mitten ins Herz. »Warum arbeitest du für die Topsider?«
»Tue ich das?«
»Lass die Spielchen«, herrschte Kommandantin Madouni ihn an.