Körper gehen auf Distanz und prallen dann wieder zusammen – zwei Stichflammen vereinigen sich zu einem Großbrand.
»Wie kommen wir jetzt weiter, Gipsy?« raunt er ihr ins Ohr.
»Deine Sache«, entgegnet sie.
»Alles erlaubt?« fragt er.
»Was gefällt.«
»Und was gefällt?«
»Das …«, versetzt die schwarze Madonna, » … solltest du selbst herausbekommen. Aber vergiß nicht, daß du morgen dem Kriegsminister Aug in Aug …«
»Kuß um Kuß«, erwidert er. »Eine ganze Nacht lang.« Er beugt sich zu ihr hinab, und sie wächst ihm entgegen.
»Übernimm dich nicht«, raunt ihm Gipsy zu.
»Laß dich überraschen«, entgegnet er. »Zu dir – oder zu mir?«
»Wie wär’s dir denn lieber?« Sie geht auf Steels Ton ein.
»Am liebsten wäre es mir sofort.«
»Du bist mir ein schöner Verführer«, entgegnet Gipsy.
Sie gehen zum Tisch zurück. Steel zeichnet die Rechnung ab. Der Lift schnellt sie nach oben, und aus dem Apartment Nummer 331, dessen Schwelle Bob, der Eroberer überschreitet, kommt heute kein Promotions-Direktor. Zwei, die sich anziehend finden, beginnen einander auszuziehen, zuerst langsam und kundig, dann ungestüm und ungeschickt.
Eng umschlungen, außer Atem, kippen sie auf das französische Bett, um wie Kannibalen übereinander herzufallen, wieder und noch, am Rande der Besinnung.
Was James A. Partaker, der eigentliche Macher bei der Agency, vom ersten Moment an befürchtet hat, tritt schlagartig ein. An mehreren Plätzen der USA werden Dollar-Duplikate geortet: in New York, Las Vegas, Miami und Los Angeles. Neben den bereits ausgemachten Fünfzig-Dollar-Blüten tauchen erstmals Greenbacks mit dem Nennwert Hundert und dem Bildnis des 1790 verstorbenen Staatsmanns und Puritaners Benjamin Franklin auf. Dieser Vielbegabte hatte einst auch den Blitzableiter erfunden.
Es erscheint dem Drahtzieher der Agency wie schierer Hohn, denn er und seine Männer sind nunmehr schutzlos dem Währungssturm ausgesetzt.
Die heimliche Hoffnung, der Täter sei ein unehrlicher Finder, der seine Zufallsbeute so nach und nach an den Mann bringe und damit aufhöre, wenn seine Bestände zu Ende seien, hat sich zerschlagen. Aus dem gleichzeitigen Vertrieb der Lardos an vier verschiedenen Orten muß geschlossen werden, daß eine Bande von Professionellen – Kriminellen oder Politischen – die Verteilung organisiert. Es ist zu befürchten, daß nach den ersten Testversuchen in der Schweiz die Falschmünzer jetzt eine Lardo-Lawine lostreten, die immer größer und unaufhaltsamer wird.
Vergrößern sie den Kreis der Mitwisser, was sich auf die Dauer nicht vermeiden läßt, gefährden sie die Geheimhaltung. Schweigen sie über die horrende Gefahr, könnten sie mitschuldig werden an einer bodenlosen Falschgeldaffäre. Computer, die eine Überwachung des Geldverkehrs erleichtern würden, stecken noch in den Kinderschuhen. Immerhin kann man ihre Vorläufer, riesige Hollerithmaschinen, zur Registrierung der Geldscheinnummern einsetzen.
Zunächst einmal verstärkt die Aufsichtsbehörde der Banken die Routinekontrollen der Barbestände, wobei die Beauftragten meistens den eigentlichen Zweck des Besuches gar nicht kennen. Sie registrieren einfach die Nummern von Geldscheinen; werden übereinstimmende Nummern an anderer Stelle notiert, weiß man, daß es sich um eine echte und um eine falsche Dollarnote handelt. Falls die Rechercheure allzu häufig bei den Banken auftauchen, zünden sie Unruhe und lösen Gerüchte aus. Gerede aber kann in einer Branche, die das Gras wachsen hört, tödlich sein.
Während die gemischte Kommission der Agency der US-Bundespolizei noch Gelassenheit vortäuscht, geraten die Mitglieder des Zentralen Bankrats, der obersten Geldbehörde der USA, außer Rand und Band. Dieses Instrument regelt den Geldumlauf, sorgt durch Verknappung oder mengenmäßige Anpassung dafür, daß die Währung stabil und resistent gegen Inflations-Tendenzen bleibt. Tauchen nunmehr von echten Noten nicht zu unterscheidende Dollarblüten auf, muß die Steuerung versagen und die Wirtschaft in ein Chaos treiben. Da Greenbacks die Leitwährung der westlichen Welt sind, zögen sie auch die Mark, das Pfund, den Franc, den Gulden, die Lira und weitere Währungen mit in den Strudel. Das könnte im schlimmsten Fall eine Moneten-Dämmerung bedeuten, die die westliche Wirtschaft ruinieren würde, ohne daß der Osten auch nur einen Schuß abfeuern müßte.
Schwarzer Freitag ante portas.
Craig Ginty untersucht die Verbindungen der fünf großen ›Cosa-Nostra‹-Familien New Yorks zur sizilianischen Mafia, von der sie abstammen. Er stellt zu seinem Entsetzen fest, daß fast alle Mafia-Häuptlinge, die Generalstaatsanwalt Dewey einst hinter Schloß und Riegel gebracht hatte, als Folge des Zweiten Weltkrieges wieder auf freiem Fuß sind.
Als ehemaligen OSS-Mitgliedern ist den beiden Experten bekannt, daß die US-Marine-Abwehr mit den Gangstern zusammengearbeitet hat. Nachdem Hitler den USA den Krieg erklärt hatte, waren in rascher Folge in amerikanischen Gewässern von deutschen U-Booten neunzig Schiffe versenkt worden. Damals kannte man die Reichweite der modernsten Unterwasserschiffe noch nicht, deshalb hatte die US-Marine in erster Panik angenommen, die Unterwasserschiffe würden von Saboteuren an entlegenen Küstenorten mit Brennstoff und Proviant versorgt.
Dieser Verdacht war unsinnig gewesen, Tatsache aber blieb, daß der New Yorker Hafen von Agenten und Spionen unterwandert und von der kriminellen Hafenarbeiter-Gewerkschaft beherrscht wurde. Beim III. Marine-Distrikt kamen schlau-bedenkenlose Abwehroffiziere auf den verzweifelten Gedanken, sich mit den Mafiosi zusammenzutun, um den Hafenbetrieb zu befrieden und das Auslaufen der Frachter künftig geheimzuhalten.
Der Boß der Bosse, Charles ›Lucky‹ Luciano saß seit neun Jahren im Gefängnis von Great Meadow wegen Zuhälterei eine Strafe von dreißig bis fünfzig Jahren ab. Auf einmal verwandelte sich seine Zelle in ein Boudoir ›patriotischer‹ Gangster, deren jeder mindestens ein halbes Dutzend Morde auf dem Schuldkonto hatte: Horror-Gestalten aus einem Gruselfilm wie Frank Costello, ›Little Man‹ Meyer-Lansky, Josef ›Socks‹ Lanza, Mikey Lascari und Willi Moretti gingen ein und aus und besprachen, wie man der bedrohten Marine helfen und gleichzeitig die eigenen krummen Geschäfte fördern könnte.
Beides gelang; aber die große Stunde des Obergangsters kam, als sich Churchills Forderung durchsetzte, ›Schläge gegen den weichen Unterleib Europas‹ zu führen. Die Amerikaner waren wenig begeistert, einen Kriegsschauplatz nach Italien zu verlegen; sie wollten bei der Invasion in Frankreich gewissermaßen auf der Dirittissima nach Deutschland vorstoßen – doch so weit waren sie noch nicht. Sie ließen sich auf das Abenteuer am italienischen Stiefel ein, und das hieß: zunächst Landung in Sizilien, einer Insel, die seit Jahrhunderten von der Mafia beherrscht wurde.
Benito Mussolini gehörte zu den Todfeinden des Geheimbundes, den er mit original faschistischen Methoden bekämpfte, indem er wahllos Schuldige wie Unschuldige zusammenfangen, erschießen, foltern oder deportieren ließ.
Gestützt auf die guten Erfahrungen mit New York, fragten sich die blauen Abwehroffiziere, ob Luciano nicht auch bei der Invasion in Italien wertvolle Hilfsdienste leisten könnte. Bald zogen sich Fäden vom Staatsgefängnis Great Meadow bis nach Sizilien. Die Mafiosi, die dort überlebt hatten und im Untergrund auf ihre Chance warteten, waren auf Lucianos Fürsprache hin sofort bereit, den Anglo-Amerikanern zu helfen und dabei wiederum Geschäfte in die eigene Tasche zu machen.
Sie spionierten die Befestigungsanlagen und die Stärke der Abwehrkräfte aus. Besonders erfolgreich jedoch waren sie dabei, die Masse der ohnedies wenig kriegsbegeisterten italienischen Soldaten anzusprechen und zum Überlaufen oder Desertieren zu bewegen. Daß General George Patton bereits zehn Tage nach der Landung in Sizilien Palermo, die heimliche Mafia-Hauptstadt, erobert hatte, verdankte er nicht nur seiner aggressiven Tüchtigkeit, sondern auch Verbrechern, mit denen er sonst nichts zu tun haben wollte. Bei der nächsten Landung in Salerno leistete die Mafia wiederum blutsparende Dienste.
Luciano triumphierte, wenn auch – vorläufig noch – hinter Gittern.
Selbst