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Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland


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abgesehen, hat es lange keine friesischsprachigen Kindergärten gegeben. 1991 startete auf Initiative des Friesenrates der Versuch, Friesisch stärker in Kindergarten und Schule zu etablieren. Auf der Grundlage eines von einem Mitarbeiter der Nordfriesischen Wörterbuchstelle der Universität Kiel ausgearbeiteten wissenschaftlichen Konzeptes konnte 1993 der BLK-Modellversuch „Erwerb friesischer Sprachkompetenz innerhalb und außerhalb der Schule“ beginnen, der zur Einführung und zum Ausbau von Friesisch in Kindergärten führte (Corinth/Martinen 1996).

      Mangels eines zusammenfassenden Überblicks zur Entwicklung von Friesisch im Kindergarten werden hier die Minderheitenberichte zu Rate gezogen.

Minderheitenbericht Jahr der Statistik Zahl der Kindergärten Zahl der Kinder
1996–2000 1999 281 keine Angabe
2000–2005 20032 17 keine Angabe
2005–2010 2006/073 16 ca. 660
2009–2012 2010/11 16 ca. 660
2012–2017 20164 17 ca. 660

      Tab. 6: Friesisch im Kindergarten

      7.3.2 Friesisch in der Schule

      Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nur wenige Schulen mit Friesischunterricht. 1957 erhielten 300 bis 350 Kinder Friesischunterricht an 17 Schulen, aber in den 1960er Jahren sank die Zahl weiter (Petersen 1979). Erst 1976 begann auf Sylt eine neue Initiative für Friesisch in der Schule, die sich schnell ausbreitete und bald ganz Nordfriesland erfasste. Im Schuljahr 1982/83 hat die Frisistik der Universität Kiel begonnen, Statistiken über den friesischen Schulunterricht zu führen, eine Aufgabe, die später vom Schulamt in Husum bzw. von dem Landesfachberater/der Landesfachberaterin für Friesisch übernommen wurde.

      Die Statistiken zeigen, dass die Zahl der Schulen, Lehrer, Schüler und Unterrichtsstunden zunächst stetig stieg. Bei den Schulen wurde 1989/90 der Gipfel erreicht, bei den Schülern 2002/03, obwohl in beiden Fällen die Zahlen anschließend einigermaßen konstant blieben. Der Einbruch im Schuljahr 2007/08 hatte wahrscheinlich zwei Ursachen: a) die Einführung des obligatorischen Englischunterrichts in den Grundschulen im Jahr 2006, so dass Eltern befürchteten, dass ihre Kinder mit zwei Fremdsprachen überfordert wären, und b) das Schulgesetz von 2007, das zur Schließung und Zusammenlegung verschiedener Schulen führte (Holm et al. 2011).

Schuljahr Lehrer Schulen Schüler Stunden
1982/83 14 18 574 74
1987/88 18 35 740 129
1992/93 23 37 1003 149
1997/98 23 26 1133 143
2002/03 29 25 1473 154
2008/09 24 24 925 106
2012/13 24 22 802 92
2015/16 26 21 979 104
2017/18 25 17 819 86,5
2018/19 25 18 760 81

      Tab. 7: Entwicklung des friesischen Schulunterrichts in Nordfriesland seit dem Schuljahr 1982/83

      Im Schuljahr 2018/19 erteilten 25 Lehrer 760 Schülern 81 Stunden Friesischunterricht an 13 deutschen und fünf dänischen Schulen. Der Unterricht fand an elf Grundschulen, einer Gemeinschaftsschule,1 zwei Gymnasien und fünf dänischen Schulen statt. In der Regel findet der Friesischunterricht als Fachunterricht eine oder zwei Stunden die Woche statt. Nur vereinzelt werden auch andere Fächer auf Friesisch unterrichtet (CLIL).2

      Seit 1962 wird am Gymnasium in Wyk auf Föhr Friesisch unterrichtet, seit 2008 als mündliches Abiturprüfungsfach mit Lehrplan. 2012 war Friesisch zum ersten Mal Teil einer Abiturprüfung (Roeloffs 2012b). Im Unterricht werden von den Schülern und Schülerinnen u.a. Schulbücher selbst produziert, von denen inzwischen zwölf erschienen sind (Faltings 2017).

      1981 wurde die Stelle eines „Beauftragten für den friesischen Schulunterricht“ eingerichtet (Steensen 2002), heute heißt die Amtsinhaberin „Landesfachberaterin für Friesisch“. In dieser Funktion ist sie dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) in Kiel zugeordnet und organisiert zwei- bis dreimal im Jahr Treffen mit den friesischen Lehrkräften. Zugleich verbunden mit dieser Funktion ist die Studienleitung Friesisch, die für die zweite Phase der Ausbildung von Friesischlehrkräften am IQSH zuständig ist. Seit 2019 gibt es auch an den dänischen Schulen eine Fachbeauftragte für Friesischunterricht.

      2015 ist ein „Leitfaden für den Friesischunterricht an Schulen in Schleswig-Holstein (Primarstufe)“ (Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein) erschienen, der Ziele für die Jahrgangsstufen definiert, Unterrichtsinhalte und Themen beschreibt und eine Literaturliste enthält, die u.a. vorhandenes Schulmaterial und Kinderbücher in den einzelnen Mundarten auflistet. Auf Grund der fehlenden Anerkennung des Friesischen als Grundschulfach stellt der Leitfaden jedoch keinen verbindlichen Lehrplan dar. Für die Sekundarstufe I und II wird dagegen derzeit an der Erstellung von Fachanforderungen Friesisch gearbeitet.

      Obwohl die Friesischlehrer und -lehrerinnen ihren Unterricht mit großem Engagement und Enthusiasmus vorbereiten und durchführen und regelmäßig mit ihren Schülern und Schülerinnen auf öffentlichen Veranstaltungen auftreten,