führen (Walker 2010).
Schwerpunkte in der Forschung sind neben der Lexikographie die Grammatikforschung und neuerdings die Literaturwissenschaft, die die Dialektologie und Sprachsoziologie ersetzt hat. Ferner werden unbekannte friesische Texte herausgegeben und alte Texte orthographisch modernisiert, übersetzt und kommentiert. Der Thesaurus des Nordfriesischen ist eine elektronische Datenbank, in der Glossare, Bibliographien, Grammatiken, literarische und sonstige Texte zur Verfügung stehen (Hoekstra 2019).
Die Kieler Frisistik arbeitet mit dem Frysk Ynstitút der Universität Groningen, Niederlande zusammen, mit der sie eine gemeinsame Reihe Estrikken/Ålstråke herausgibt. Inzwischen sind 110 Bände in der Reihe erschienen.
Unter dem Dach der Nordfriesischen Wörterbuchstelle sind seit 1988 16 Wörterbücher der nordfriesischen Mundarten erschienen (Walker 2015b: 164f.). Zwei weitere befinden sich derzeit in Arbeit.
Das Friesische Seminar der Europa-Universität Flensburg
Traditionell hat die 1946 gegründete Hochschule in Flensburg4 ein ambivalentes Verhältnis zum Friesischen. Der Friesischunterricht fand 1963, 1967–1970 und 1971/72–1988 im Rahmen von Lehraufträgen statt. Erst im Jahre 1988 wurde eine C4-Professur für Friesisch eingerichtet, deren Inhaber, der Frisist Nils Århammar5, gleichzeitig Direktor des Nordfriesischen Instituts in Bredstedt wurde. Als Århammar 1996 in den Ruhestand trat, strich der Rektor der Universität die Professur. Dies führte zu Protesten, die in eine Landtagsdebatte mündeten. Trotz Verweisen auf die Landesverfassung, auf internationale Vereinbarungen, die die Bundesregierung eingegangen war, auf einen Beschluss des Landtages sowie auf die minderheitenpolitische Bedeutung dieser Frage6 ließ sich der Rektor mit Hinweis auf die Hochschulautonomie nicht umstimmen. Es kam schließlich zum „Hochschulkompromiss“, wobei ein bereits tätiger oder noch einzustellender Mitarbeiter des Nordfriesischen Instituts in Bredstedt neben seiner Tätigkeit am Institut auch die Frisistik an der Hochschule vertreten sollte. Als Ausgleich für diese Tätigkeit, die aus sechs Semesterwochenstunden bestand, sollte das Institut jährlich 60.000 DM erhalten. Mit der Wahl des zu entsendenden Mitarbeiters wurde der Vorstand des Vereins Nordfriesisches Institut beauftragt, der sich für den Leiter des Instituts entschied. Dies bedeutete, dass jetzt ein Regionalhistoriker für die Ausbildung der Friesischlehrer zuständig war. Später erhielt dieser eine Honorarprofessur für die „Geschichte und geschichtliche Landeskunde Nordfrieslands“.7 2014 wurde an der Universität eine Professur für „Nordfriesisch, Minderheitenforschung und Minderheitenpädagogik“ ausgeschrieben, die seit August 2016 von dem Linguisten Nils Langer wahrgenommen wird (Nordfriisk Instituut 2016).8
Obwohl die Hochschule für die allgemeine Ausbildung der Friesischlehrer für Grund- und Gemeinschaftsschulen zuständig ist, kann Friesisch nur im Rahmen des Germanistikstudiums studiert werden. Alle Lehramtskandidaten im Fach Germanistik sind, wie auch in Kiel, verpflichtet, im 3. und 4. Semester des Bachelor-Studiums ein Modul Friesisch oder Niederdeutsch zu belegen. Diejenigen, die das Modul Friesisch gewählt haben, können im 5. und 6. Semester Friesisch als Schwerpunkt studieren. Im Anschluss daran haben diese Studierenden die Möglichkeit, eine Zusatzqualifikation für die Tätigkeit als Friesisch-Lehrkraft zu erlangen. Dafür wird ein Zertifikatsstudium auf Masterniveau angeboten, das auch weiteren Interessenten mit entsprechenden Vorkenntnissen sowie aktiven Lehrkräften offensteht.9
Etwa 100 Studierende haben im Wintersemester 2018/19 das Friesischmodul im 3. und 4. Semester und 15 Friesisch als Schwerpunkt im 5. und 6. Semester gewählt. Den Zertifikatskurs haben fünf Studierende belegt.
Das Personal des Friesischen Seminars besteht aus einem Professor, einem Honorarprofessor, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern mit jeweils einer halben Qualifikationsstelle, einem Stipendiaten sowie drei Lehrbeauftragten (Sprachkurse).
Schwerpunkte der Forschung sind die Sprachenpolitik, Minderheitensprachen und Identität in der Diaspora, Historische Dialektologie und Soziolinguistik, Soziale Medien und der Gebrauch des Nordfriesischen sowie die Sprachengeschichte Schleswig-Holsteins.
Eine Zusammenarbeit zwischen dem Friesischen Seminar der Universität Flensburg und dem Nordfriesischen Institut war durch eine Personalunion gewährleistet, da der Leiter des Nordfriesischen Instituts gleichzeitig Honorarprofessor in Flensburg war (s.o.). Das Nordfriesische Institut ist auch ein „An-Institut“ der Universität Flensburg. Dagegen hat es in den letzten gut 20 Jahren nur eine begrenzte Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Institutionen und dem Fachbereich Frisistik der Universität Kiel gegeben.10 Bei der Bewältigung sprachwissenschaftlicher Probleme, etwa bei der Erstellung von Sprachkursen, hat das Institut allerdings wohl Hilfe von der Kieler Frisistik erhalten.11 Eine gute Zusammenarbeit besteht seit langem zwischen der Frisistik in Kiel, der Ferring Stiftung auf Föhr, dem Quedens Verlag auf Amrum und dem Ruheständler Nils Århammar.
7.3.4 Friesisch in der Volkshochschule
1983 und 1986 hat die Nordfriesische Wörterbuchstelle der Universität Kiel in der Publikation Nordfriesische Sprachpflege Statistiken über die Zahl der im Rahmen der Erwachsenenbildung in Nordfriesland durchgeführten friesischen Sprach- und Heimatkundekurse veröffentlicht. Nach der Einstellung dieser Publikation 1988 übernahm 1997 das Nordfriesische Institut diese Aufgabe.1 Seitdem erscheint einmal im Jahr eine entsprechende Statistik in der Zeitschrift Nordfriesland. Die letzte Statistik bezieht sich auf den Winter 2015/16. Hier haben 105 Personen an elf Kursen teilgenommen.
7.4 Friesisch in der Kirche
Gemäß dem derzeitigen Stand der Forschung fand vermutlich der erste Gottesdienst in friesischer Sprache 1924 in Klanxbüll statt (Steensen 1986: 360).1 Ansonsten war die Amtssprache auch Kirchensprache. In der Folgezeit wurden verschiedentlich die Jahresversammlungen des Nordfriesischen Vereins mit friesischen Gottesdiensten eingeleitet. Seit dem Zweiten Weltkrieg finden friesische Gottesdienste im Rahmen von friesischen Festen, Kongressen u.ä. statt. Unterstützung fanden die örtlichen Pastoren nach 1950 durch einen westfriesischen Geistlichen, der im Rahmen der Wiederaufnahme und Fortsetzung interfriesischer Beziehungen aktiv war (Dahl 2012).
Problematisch ist der Mangel an muttersprachlichen Friesischkenntnissen bei den meisten Pastoren. Ein von der Insel Föhr stammender, aber in Niedersachsen wohnender Pastor hält gelegentlich friesische Gottesdienste ab. 2003 hat er ein Treffen mit allen Pastoren organisiert, die Friesisch im Gottesdienst gebrauchen (können), um Möglichkeiten für Friesisch in der Kirche auszuloten (Dahl 2003).
Teile der Bibel sind in einzelne friesische Mundarten übersetzt worden. Das Neue Testament und die Psalmen wurden zum Beispiel 1870 ins Sylterfriesische übersetzt, aber erst 2008 veröffentlicht (Clemens 2008). Lange Zeit galt, dass nur die Matthäus- und Markusevangelien in der Mooringer Mundart, neben vereinzelten verstreuten Texten, veröffentlicht worden waren. 2006 erschien eine weitere Übersetzung des Neuen Testaments in Sylterfriesischer Sprache (Frank 2006, 2008 und 2010).
Der o.g. Pastor von der Insel Föhr brachte ein friesisches Kirchen-Gesangbuch in mehreren Mundarten (Dahl 2000) sowie ein Heft mit fünf Predigten in der Mooringer Mundart heraus (Dahl 1994). Ferner hat er Texte von Gottesdiensten in Föhrer und Amrumer Mundart 1926–2001 (Dahl 2001a), in Sylter Mundart 1995–2001 und in Helgoländer Mundart 1991–2001 zusammengestellt (Dahl 2001b).
7.5 Friesisch in den Medien
7.5.1 Friesisch in Radio und Fernsehen
Das Thema Friesisch in Radio (und Fernsehen) lässt sich bis in das Jahr 1976 zurückverfolgen (Friedrichsen et al. 1999: 18) und hat zu einer Reihe von Publikationen und Kommentaren geführt (z.B. Alcock/O’Brien 1980, Nordfriisk Instituut 1987, Hingst 1990, Riecken 1991 und 1999, Funck 2013, Haug 2013 und Ketels 2013).
Das wichtigste Anliegen der friesischen Volksgruppe ist die Aufnahme regelmäßiger Sendungen in nordfriesischer Sprache im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (NDR). Diese Forderung wurde stets seitens des NDR mit Argumenten wie der friesischen Dialektvielfalt und der geringen Sprecherzahl abgewiesen. Es wurde darauf hingewiesen, dass