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Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland


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auf Sylt findet am Ende der winterlichen Volkshochschulkurse ein Abschlussabend mit friesischem Puppenspiel statt (Jessen 2016).

      7.6.4 Friesisch in der Musik

      Obwohl der Satz „Frisia non cantat“ oft zitiert wird, spielt Musik in Nordfriesland eine wichtige Rolle. Es gibt eine Vielfalt an Chören, die friesische, nieder- und hochdeutsche Lieder singen und die an mehrsprachigen Sängerfesten teilnehmen (Nordfriisk Instituut 2006, Hahn 2018). Ferner haben einzelne Vereine ihre eigenen Gesangsgruppen, zum Beispiel Da Frasche Loosche (‚Die friesischen Lerchen‘) und Da Latje Loosche (‚Die kleinen Lerchen‘) vom Frasche Feriin for e Ååstermååre in Risum-Lindholm, oder Da Säkstante1 (‚Die Sextanten‘) von der Friisk Foriining. Auf Festen tragen oft Schulkinder in Begleitung ihrer Lehrer und Lehrerinnen mehrsprachige Lieder vor, und schließlich ergreift auch das Publikum manchmal gerne die Initiative zum Singen.

      Eine ungewöhnlich hohe Zahl von Liederbüchern weist das Lied als die populärste Literaturgattung des Nordfriesischen aus. Von besonderer identitätsstiftender Bedeutung sind die Lieder, die quasi den Rang von Nationalhymnen angenommen haben, zum Beispiel „Üüs Sölring Lön“ (‚Unser Sylt‘) für Sylt, „Frinjer, Leet’s Bewaare Üsens Fering Spriik“ (‚Freunde, Lasst Uns Bewahren Unsere Friesische Sprache‘) auf Föhr, und „Min Öömrang Lun“ (‚Mein Amrum‘) auf Amrum (Wilts 2001c: 407). Inzwischen ist das auf dem Festland besonders beliebte Lied „Gölj, Rüüdj, Ween“ (‚Gold, Rot, Blau‘) als Kreishymne angenommen und in andere Sprachen übersetzt worden (Nordfriisk Instituut 2015b).

      Von den Musikgruppen mit friesischen Liedern im Repertoire dürften Kalüün2 von Föhr sowie das Dragseth Duo (Johannsen 2020)3 und die 30 Personen umfassende Gruppe Klångspal vom Festland am bekanntesten sein.4 Weitere Gruppen sind die Band Lembeck5 und neuerdings die Gruppe Frisia non cantat.

      Inzwischen gibt es ein gewisses Angebot an friesischer Musik und Erzählungen auf diversen Tonträgern, zum Beispiel Schallplatten, Kassetten, CDs und DVDs. Die ersten Schallplatten mit friesischen Liedern dürften „Ihr solltet mich nicht vergessen“ (1973) und „Leeder vun mien Freesenhof“ (1976) vom Liedermacher Knut Kiesewetter sein, die ersten Schallplatten mit ausschließlich friesischen Liedern dürfte Anke Moritzen aus dem Herrenkoog 1980 und einige Jahre davor aufgenommen haben (Holander 1980). 1986 ist auf Initiative der Schule in Fahretoft die Schallplatte „Bai üs tu hüs“ (‚Bei uns zu Hause‘) mit friesischen Liedern und Erzählungen erschienen (Johannsen 1987a). In den letzten Jahren sind mehrere CDs mit friesischen Liedern veröffentlicht worden, zum Beispiel „Hiimstoun“ (‚Heimat‘) vom Dragseth Duo zusammen mit Drones & Bellows (2004) und „Spöören“ (‚Spuren‘) von der Gruppe Kalüün (2014).6

      7.6.5 Friesische Wettbewerbe

      Im Laufe der Jahre sind mehrere Wettbewerbe entstanden, die der Förderung des Friesischen dienen.

      Um die spärliche Literaturproduktion in friesischer Sprache zu fördern, wurde 1989 ein friesischer Schreibwettbewerb vom Nordfriesischen Institut und der Ferring Stiftung initiiert (Johannsen 1989). Diesen Gedanken griffen 2001 der NDR 1 Welle Nord und das Nordfriesische Institut in Bredstedt mit dem Schreibwettbewerb Ferteel iinjsen! (‚Erzähl mal!‘) wieder auf (Pingel 2001a). Die gesammelten Geschichten werden entweder in Buchform herausgegeben oder erscheinen als einzelne Erzählungen in der Zeitschrift Nordfriesland. Im Jahre 2018 erfolgte bereits der 10. Schreibwettbewerb.

      2004 fand ein ähnlicher Schreibwettbewerb in den Sprachen Friesisch, Jütisch und Niederdeutsch statt. Der Wettbewerb hieß Schriw et ap! Schriev dat op! Skryv de op! (‚Schreib es auf!‘). Hier ging es darum, eine Zeitungsreportage über eine Person mit einem ungewöhnlichen Hobby zu schreiben. Die besten Artikel wurden prämiert und in den örtlichen Zeitungen veröffentlicht (Nordfriisk Instituut 2004).

      In Anlehnung an den niederdeutschen Lesewettbewerb „Schüler lesen Platt“ wurde 1987 der erste friesische Lesewettbewerb für Kinder von der 2. bis zur 13. Klasse durchgeführt (Johannsen 1987b). Für diesen und die folgenden Wettbewerbe wurden Hefte mit friesischen Texten in mehreren Mundarten herausgegeben. Der achte und scheinbar letzte Lesewettbewerb fand 2009 statt.

      Im Rahmen der Aktion „Sprachenland Nordfriesland“ (Peters-Bruhn/Bies 1998, Tadsen 2000) entstand 2001 der Wettbewerb „Sprachenfreundliche Gemeinde“. Hier werden in unregelmäßigen Abständen Gemeinden ausgezeichnet, die die regionalen Sprachen Nordfrieslands im öffentlichen Leben besonders fördern (Pingel 2002).

      2009 hat die Arbeitsgruppe „Sprache und Literatur“ des Nordfriesischen Instituts zwei Wettbewerbe ausgeschrieben. Beim ersten ging es darum, das schönste Wort des Jahres zu finden (Vanselow 2009). Beim zweiten handelte es sich um die erste „Tams-Jörgensen-Preisaufgabe“, die nach dem ersten Leiter des Instituts benannt ist. Hier sollte ein Rätsel gelöst werden (Laabs 2009). Bislang hat es vier solche Preisaufgaben gegeben.

      2010 wurde ein Musikwettbewerb ins Leben gerufen, dessen Ziel es war, mehr Menschen Mut zu machen, auf Friesisch zu singen. Der dritte Wettbewerb fand 2017 statt (Nordfriisk Instituut 2017b).

      2011 folgte ein Wettbewerb, in dem es um die Frage ging, wer der größte Nordfriese aller Zeiten wäre. Vorsorglich wurde darauf hingewiesen, dass lebende Personen nicht genannt werden durften (Kunz 2011, Steensen 2011b).

      7.6.6 Preise, die in Nordfriesland vergeben werden

      Der bedeutendste Preis im Kreis Nordfriesland ist der Hans-Momsen-Preis, der seit 1986 jährlich vom Kreis Nordfriesland an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich in besonderer Weise um das kulturelle Leben in Nordfriesland einschließlich der Sprachenvielfalt verdient gemacht haben.1

      In Erinnerung an die Verdienste des Chronisten Christian Peter Hansen wird auf der Insel Sylt seit 1960 der C.-P.-Hansen-Preis für besondere Leistungen in Bezug auf die Bewahrung der friesischen Sprache, der Kultur, des Brauchtums und der Natur vergeben.2

      Der Frasche Feriin for e Ååstermååre verleiht seit 2001 einen Kulturpreis für Einsatz und Engagement für die friesische Kultur und Sprache.

      Seit 2001 wird in unregelmäßigen Abständen der Christian-Feddersen-Preis für nordfriesische Schüler und Schülerinnen verliehen, die sich besonders mit der friesischen Sprache, Geschichte und Kultur befasst haben (Pingel 2001b). 2016 wurde der Preis das letzte Mal verliehen.

      Die Schleswig-Holsteinische Universitätsgesellschaft an der Universität Kiel vergibt jedes Jahr den Professor-Miethke-Förderpreis. In den Jahren 2015/16 hieß das Thema „Schleswig-Holstein: Ein Land mit vielen Sprachen“. 2015 erhielt die Nis-Albrecht-Johannsen-Schule in Lindholm den 2. Preis für das langjährige Projekt Friesisch in der Schule.

      7.6.7 Friesisch im Krankenhaus

      2008 erschien eine Schrift zum Thema Niederdeutsch und Friesisch im Krankenhaus und in der Pflege, die darauf aufmerksam machte, dass dieser Aspekt der Sprachenpolitik bei der friesischen Volksgruppe bislang kaum beachtet worden war (Bundesraat för Nedderdüütsch).

      8 Die soziolinguistische Situation

      8.1 Das Friesische

      Das Friesische ist eine westgermanische Sprache, die am nächsten mit dem Englischen verwandt ist. Sie besteht aus drei Zweigen: dem Westfriesischen in der niederländischen Provinz Fryslân/Friesland (ca. 400.000 Sprecher) (Gorter 2001), dem Ostfriesischen (Saterfriesischen) im Saterland in der Nähe von Oldenburg i.O. (ca. 2.000 Sprecher) (Fort 2001; vgl. Peters in diesem Band) und dem Nordfriesischen im Kreis Nordfriesland sowie auf der Insel Helgoland. Friesisch gehört zu den Minderheitensprachen, die keinen Nationalstaat haben.1

      Das Nordfriesische gilt als eine der am stärksten gefährdeten Sprachen Europas und landet in einer Untersuchung zur Vitalität von 48 Minderheitensprachen in Europa mit sechs von 28 möglichen