Yegor Melnyk

Abgerichtet ohne Gnade


Скачать книгу

sich über ihr die Haube des Kofferraums. »Wir sind da«, hörte sie Markus sagen. »Raus mit dir, Sklavin.«

      Mit einiger Mühe gelang es Sandra, aus dem Kofferraum herauszukriechen, wobei ihr Markus trotz ihrer gefesselten Hände kaum Hilfestellung gab. Damit machte er nur allzu deutlich, dass sie absolut nichts von ihm erwarten durfte.

      Sie sah sich um. Wo war sie hier gelandet? Offenbar auf irgendeinem abgelegenen Platz mitten im Nirgendwo. Über ihr befand sich der nachtdunkle Himmel, unter ihren nackten Füßen spürte sie winzige Steine, um diesen Platz herum sah sie bis auf ein paar einsame Straßenlaternen vor allem hohes Gras. Die nächsten Gebäude befanden sich kilometerweit entfernt.

      »Was … was haben Sie jetzt mit mir vor?« fragte sie mit vor Aufregung klappernden Zähnen. Der Nachtwind kühlte ihre erhitzte Haut.

      »Jetzt warten wir einen Moment«, teilte Markus ihr mit.

      So standen sie eine Zeit lang da, bis sie den Motor eines näher kommenden Wagens hörten.

      Wenig später konnte Sandra ihn auch sehen. Es handele sich um ein Pritschenwagen, der jetzt ebenfalls von der Straße auf diesen Platz abbog. Das Licht seiner Scheinwerfer erfasste Sandras Körper.

      Durch das heruntergelassene Seitenfenster erkannte Sandra den Fahrer: ein kantiger Kerl mit einem Stoppelbart. Er hob grüßend die Hand, als er Markus erblicke. Markus grüßte zurück.

      Dann stieg der Mann aus dem Wagen, wobei er den Motor laufen ließ. »Noch mehr Frischfleisch«, stellte er zufrieden fest und betrachtete Sandra so eindringlich, dass sie sich am liebsten zusammengekauert hätte. Sie empfand diese Situation, wo sie auf diese Weise von einem Mann zum nächsten weitergegeben wurde, als grenzenlos demütigend.

      »Ja, unser neuestes Stück«, sagte Markus. »Was meinst du, Karol? Was hältst du von ihr?«

      Karol leckte sich über die Lippen. »Alles andere als hässlich, würde ich sagen. Ich bin mir sicher, dass man mit der einigen Spaß haben kann. Wie ist sie denn so drauf?«

      »Frag sie doch selbst.«

      Karol lachte. »Klar.« Er wandte sich an Sandra. »Hast du schon kapiert, wie es hier abläuft?«

      »Ja, Herr«, presste Sandra hervor.

      »Und du bist bereit, uns deinen Luxuskörper benutzen zu lassen, wie es uns gerade Spaß macht?«

      »Ja, Herr«, wiederholte sie mit zitternder Stimme.

      »Anfangs werdet ihr garantiert die Peitsche brauchen, um sie unter Kontrolle zu halten«, sagte Markus seinem Kumpel voraus. Er griff in seine Jackentasche, nahm die Fernbedienung zu Sandra Halsband heraus und reichte sie an Karol weiter. »Jetzt bist du für sie verantwortlich.«

      »Ich hatte mit meiner Fracht noch nie irgendwelche Probleme«, erwiderte Karol. Er hielt die Fernbedienung spielerisch in Sandras Richtung und schien zu überlegen, ob er sie hier und jetzt schon dazu bringen konnte, ihm seine Wünsche zu erfüllen.

      Sandra stand nur da und versuchte, sich innerlich für alles zu wappnen, das er von ihr verlangen könnte.

      Dann aber entschied sich Karol dafür, erst einmal nur seinen Job zu erledigen »Dann komm mal mit, du geiles Flittchen«, sagt er zu ihr, packte sie am Arm und zog sie mit sich zu der Pritsche seines Lieferwagens, die von einer grauen, schmutzigen Plane bedeckt war.

      Karol ergriff ein Ende der Plane und schlug sie zurück.

      Sandras Augen weiteten sich ungläubig. Trotz der spärlichen Lichtverhältnisse an diesem Ort erkannte sie nur allzu deutlich, was hier vor ihr auf der Ladefläche lag.

      Es handelte sich um etwa ein halbes Dutzend weiterer nackter und gefesselter Frauen.

      11 Ihre Verabredung mit Markus war wohl nicht die einzige gewesen, die in dieser Nacht stattgefunden hatte.

      Die Frauen, die Sandra vor sich sah, waren auf andere Weise gefesselt als Sandra selbst. Sie lagen dicht nebeneinander in Fahrtrichtung auf dem Bauch, hatten ihre Arme nach vorne gestreckt, und ihre Handgelenke waren mit Handschellen an eine Metallstange gefesselt worden, die an der Vorderseite der Pritsche von der linken zu ihrer rechten Wand verlief. Mehrere Frauen wandten blinzelnd den Kopf, um zu sehen, wen sie als Neuzugang begrüßen durften.

      Wobei eine tatsächliche Begrüßung wohl ausfallen durfte, stellte Sandra fest. Sämtliche Frauen, in deren Gesichter sie jetzt blickte, waren geknebelt.

      »Rauf mit dir«, trieb Karol sie an und schlug klatschend auf ihren Hintern.

      Sandra stieg auf die Ladefläche des Wagens. Dort gab es kaum noch Platz für sie, so dass Sandra sich auf zwei nebeneinander liegende Frauen hinauf schieben musste. Die Berührung ihrer Haut ließ sie erschauern.

      Wir werden transportiert wie Vieh, dachte sie. Ja, es war sogar noch entwürdigender. Selbst Rinder schichtete man nicht übereinander, wenn man sie durch die Gegend karrte.

      Karol folgte ihr auf die Ladefläche. Er hatte keine Probleme damit, sich den nötigen Platz zu verschaffen, indem er die Beine mehrerer Frauen mit seinen Stiefeln zur Seite schob. Rücksichtslos drückte er Sandra herunter, bis sie zwischen einer Rothaarigen und einer langbeinigen Blonden zu liegen kam.

      Ein kurzer Blickwechsel. »H-hallo«, murmelte Sandra, die von dieser bizarren Situation völlig überfordert war. Wie begrüßte man andere Frauen, mit denen man in die Sklaverei verschleppt wurde? Sandra erinnerte sich plötzlich daran, dass es sich bei ihren Leidensgenossinnen um tatsächlich unterwürfige Frauen handelte, die sich auf dieses Abenteuer eingelassen hatten, weil sie sich davon sexuelle Lust versprochen hatten.

      Also doch ein freiwilliges Spiel? Sandra fiel es schwer, das zu glauben.

      Karol kettete jetzt auch ihre Handgelenke an die Metallstange und zog daraufhin ein Stück Stoff aus seiner Hosentasche, mit dem er Sandra den Mund stopfte. Auf des anderen Hosentasche holte er einen Ledergurt hervor, den er Sandra über den Mund zog, um ihn hinter ihrem Kopf festzuzurren. Schon saß auch ihr Knebel.

      »So, damit wäre diese Fuhre vollzählig«, stellte er zufrieden fest und lachte leise. Er stieg von der Ladefläche herunter und wandte sich wieder an Markus. »Das hat sich wirklich gelohnt. So viele habe ich noch nie auf einmal transportiert.«

      »Du fährst die ganze Nacht durch, nehme ich an?« erkundigte sich Markus.

      »Klar. Ich kann den Wagen schließlich schlecht für ein paar Stunden auf irgendeinem Autobahnparkplatz stehen lassen.« Karol lachte und schlug die Plane wieder über seine Fracht, woraufhin die Frauen Dunkelheit umfing.

      Sandra konnte nur noch einen letzten Satz von Karol hören: »Wenn alles so läuft, wie gewohnt, sind wir morgen früh in den Beskiden.«

      12 Bitte wo? dachte Sandra.

      Wohin sollte die Reise gehen?

      Sie hatte den Namen »Beskiden« noch nie zuvor gehört, was ihres Erachtens darauf hinwies, dass es sich um eine entlegene Gegend handelte. Andererseits war sie innerhalb mehrerer Stunden mit einem Lieferwagen erreichbar. Sie lag also offenbar nicht in Deutschland, aber noch innerhalb Europas, und Karol schien keine Probleme damit zu haben, seine Fracht über mehrere Landesgrenzen zu bekommen.

      Also noch innerhalb des Schengenraums? überlegte Sandra. Waren sie dann nach Spanien oder Portugal unterwegs? Oder war Karol einfach nur in der Lage, Grenzbeamte mit einer großzügigen Summe zu bestechen? Letzteres wies Sandras Einschätzung nach eher auf Osteuropa hin.

      In dieser Situation war es ihr unmöglich, den Gedanken an Menschenhandel zu unterdrücken. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass es den Frauen, auf denen sie lag, in dieser Hinsicht viel anders ging. Sie alle mussten doch unglaubliche Angst haben, dass sich dieses angebliche Spiel, auf das sie sich eingelassen hatten, zuletzt als etwas viel Gefährlicheres herausstellte.

      Inzwischen verfluchte sich Sandra für ihre Tollkühnheit. Aber sie hatte sich beim besten Willen nicht vorgestellt, weiß Gott wohin verschleppt zu werden. Und nicht zuletzt hatte es für ihre Bereitschaft,