Muskulatur, verminderter Nervenleitfähigkeit und mangelnder Bewegungskoordination das Opfer in eine aufrechte Position im Wasser kommt und das Gesicht des erschöpften Opfers ins Wasser einbzw. untertaucht und dann zu seinem Ertrinken führt. Die Kernkörpertemperatur ist in diesen Fällen noch nicht kritisch gesunken! Mit einer geeigneten Auftriebshilfe, die den Körper in einer ohnmachtssicheren Lage hält (z. B. aufgeblasene Tarier- bzw. Schwimmweste mit Kragen), können deutlich höhere Überlebenszeiten erreicht werden. Unterkühlung kann aber auch von Vorteil sein, da das Gehirn im unterkühlten Zustand weniger Sauerstoff benötigt. Überlebt wurden beispielsweise Zeiten von bis zu 60 min unter Wasser, bis zu 390 min Dauer einer Herz-Lungen-Wiederbelebung und bis 13,7 °C Körperkerntemperatur (Gilbert et al. 2000).
Tabelle 3.1: Zeit, die bis zur Rettung vergehen kann bei einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 50 % (Oakley u. Pethybridge 1997)
Wassertemperatur | Molnar (1946) | Golden (1976) | Hayward (1975) | Tikuisis (1994) | Mit Auftriebshilfe |
5 °C | 1,0 h | 1,0 h | 2,2 h | 2,2 h | 17 |
10 °C | 2,2 h | 2,0 h | 2,9 h | 3,6 h | >24 |
15 °C | 5,5 h | 6,0 h | 4,8 h | 7,7 h | >24 |
Individuelle Einflüsse und Kofaktoren
Das Verhältnis zwischen Körperoberfläche und Körpermasse ist ein ganz entscheidender Faktor bei der Ausbildung einer Unterkühlung. Kinder haben beispielsweise eine relativ große Körperoberfläche im Vergleich zur geringen Körpermasse und kühlen daher wesentlich schneller aus. Taucher mit wenig Körperfett sind eher gefährdet zu unterkühlen als Taucher mit einem hohen Körperfettanteil.
Reglos im Wasser zu treiben bedeutet, einen geringeren Wärmeverlust zu haben als bei hektischen Bewegungen. Deshalb wird empfohlen, sich im kalten Wasser ohne Aussicht auf Selbstrettung möglichst nicht zu bewegen, sofern geeignete Auftriebsmittel zu Verfügung stehen.
Hinweis. Aus Einzelfallberichten Geretteter (Estonia-Katastrophe 1994) ist bekannt, dass diese einen Hauptgrund für ihr Überleben in ihrer starken mentalen Verfassung sahen, die mit dem unbedingten Willen verbunden war, bis zur Rettung durchzuhalten.
Menschen, die zum Zeitpunkt des einsetzenden Kältereizes stark alkoholisiert sind, spüren häufig noch ein Wärmeempfinden oder frieren nicht so stark. Diese Beobachtung führt leider immer wieder zu der Interpretation, dass Alkohol eine Hypothermie verhindern kann oder diese schneller beendet. An dieser Stelle sei betont, dass das wohlige Wärmeempfinden im Bauch bei der Aufnahme von hochprozentigem Alkohol keinerlei Erhöhung der Körpertemperatur herbeiführt. Die zentrale Wirkung des Alkohols basiert auf einer Veränderung der „Sollwertgröße“ im Hypothalamus des zentralen Nervensystems. Dieses körpereigene Temperaturkontrollzentrum wird durch Alkohol lediglich „verstellt“, so dass das Kälteempfinden und auch das Einsetzen des Zitterns verzögert bzw. ausgeschaltet werden. Dadurch wird die Phase der leichten Hypothermie von den unterkühlten Patienten nicht erlebt und diese werden infolgedessen nicht rechtzeitig nach wärmenden Möglichkeiten suchen. Im Falle des Tauchens würde das bedeuten, dass ein alkoholisierter Taucher einen Tauchgang wegen fehlender starker Kälteempfindungen nicht schnell genug abbrechen könnte und sich somit in die ernste Gefahr einer Hypothermie begibt.
Hinweis. Alkohol wärmt nicht und begünstigt das Entstehen einer gefährlichen Unterkühlung!
3.2.2 Wärmeprotektion beim Sporttauchen
Durch die hohe Wärmeleitfähigkeit von Wasser (25fach höher als die von Luft) und die hohe spezifische Wärme ist es notwendig, in einem Temperaturbereich zwischen 0 und 30 °C Maßnahmen zu treffen, die einen ausreichenden Wärmeschutz sicherstellen. Bei einem 60-minütigen Tauchgang in 30 °C warmen Wasser sind diese natürlich weniger wichtig als bei einem Tauchgang in sehr kaltem Wasser. Grundsätzlich gilt es dabei jedoch zu beachten, dass bei extrem langem Aufenthalt auch in relativ warmem Wasser eine Hypothermie entstehen kann.
Nasstauchanzüge sind die am häufigsten benutzten Tauchanzüge im Sporttauchbereich. Durch die im Neopren eingelagerten Luftblasen entsteht eine Isolationsschicht, die vor Auskühlung schützt. Zusätzlich entsteht durch das zwischen dem Anzug und der Haut vom Körper aufgewärmte eingeschlossene Wasser eine weitere Isolationsschicht. Nachteilig ist jedoch, dass gemäß dem Gesetz von Boyle-Mariotte die Gasblasen des Neoprens mit zunehmender Tauchtiefe kleiner werden und somit die Wärmeprotektion der Anzüge sinkt. Hersteller solcher Anzüge bieten diese in verschiedenen Dicken von 0,5–7 mm Neopren an.
Trockentauchanzüge sind am effektivsten zur Wärmeprotektion bei längerem Aufenthalt in sehr kaltem Wasser. Der Körper ist hier in einer eingeschlossenen trockenen Luftschicht und kann darüber hinaus noch mit warmer bzw. heizbarer Unterkleidung effektiv gegen Auskühlung geschützt werden. Das Tauchen mit einem solchen Anzug macht jedoch besondere Fertigkeiten und Kenntnisse des Tauchers notwendig, da die Luft im Anzug beim Ab- und Auftauchen abgelassen bzw. zugeführt werden muss.
Ein wesentliches Problem der Wärmeprotektion bei extrem langen Tauchgängen in Trockentauchanzügen ist durch die Urinausscheidung gegeben. Gelingt es nicht, den Urin durch spezielle Ventile aus dem Tauchanzug heraus bzw. in einem geschlossenen System zu halten, kommt es zur Feuchtigkeitsansammlung im Anzug und damit zu erheblichem Wärmeentzug.
Grundsätzlich sind beide Typen von Tauchanzügen geeignet, vor gefährlicher Hypothermie zu schützen. Im Ernstfall sichern die Anzüge über Stunden im eiskalten Wasser das Überleben, während ohne Wärmeschutz die Überlebenszeit nur kurz wäre.
Hinweis. Wichtig ist bei Kaltwassertauchgängen, auch die Hände ausreichend vor Auskühlung zu schützen, damit nicht durch Kälteeinwirkung die resultierende Gefühllosigkeit und die Bewegungseinschränkung der Hände zu Schwierigkeiten beim Bedienen der Tauchausrüstung führen.
3.2.3 Wie erkennt man eine Hypothermie?
Die Einteilung der Hypothermie in verschiedene Schweregrade ist einerseits sehr sinnvoll, da je nach Schwere der Hypothermie verschiedene Vorgehensweisen resultieren, andererseits ist eine Einteilung anhand der gemessenen Körpertemperatur vor allem im Bereich der notfallmedizinischen Maßnahmen am Unfallort häufig nicht praktikabel. Herkömmliche Fieberthermometer können nur eine Temperaturabnahme bis ca. 35,0 °C messen. Um einen Abfall der Kernkörpertemperatur auf wirklich gefährliche Werte nachweisen zu können, benötigt man geeignete Thermometer, die z. B. über die Temperatur des Trommelfells oder über elektronische Sonden (Magen, Darm, Harnblase) einen niedrigen Wert der Kernkörpertemperatur anzeigen können. Die Temperatur der Haut ist in diesen Fällen irrelevant.
Einteilung nach Schweregrad und Temperatur:
■ Leichte Hypothermie: | 35–33 °C |
■ Mittelschwere Hypothermie: | 33–30 °C |
■ Schwere Hypothermie: | >30 °C |
Für die Akutversorgung eines unterkühlten Patienten ist die Einschätzung anhand des klinischen Bildes (Symptome) wesentlich relevanter.
Ein wichtiges Kriterium in der Einschätzung des Schweregrades der Hypothermie ist das Kältezittern. Dieser physiologische Mechanismus zu Erhöhung der Körpertemperatur setzt nur ein bei einer leichten Abkühlung auf Werte unter 36 °C und ist nur möglich bis ca. 32–33 °C. Sinkt die Körpertemperatur weiter, verliert der Körper die Fähigkeit des Zitterns und damit die Möglichkeit, sich selbst zu erwärmen.
Hinweis. Unter dem Verdacht einer Unterkühlung ist ein Mensch, der nicht zittert, entweder warm oder lebensbedrohlich kalt!
Kompaktinformation
Einteilung der Unterkühlung nach Schweregrad und Symptomen
1. Leichte Hypothermie
– Vollständig bei Bewusstsein, kreislaufstabil
– Starkes