langsam. Hierauf wird im Abschnitt Dekompressionsmodelle noch ausführlicher eingegangen. An dieser Stelle soll nur kurz darauf hingewiesen werden, dass Körpergewebe bei der Berechnung von Dekompressionsmodellen als Flüssigkeiten betrachtet werden.
Ein Tauchgang kann aus dekompressionstechnischer Sicht in drei Phasen eingeteilt werden, Kompressions-, Isopressions- und Dekompressionsphase. Die Kompressionsphase zeichnet sich durch eine Zunahme des Umgebungsdrucks (Zunahme der Tauchtiefe) aus. Der zunehmende Umgebungsdruck bewirkt, dass vermehrt Inertgas in den Geweben gelöst wird. In der Isopressionsphase (Verweilen auf konstanter Tiefe) ist der Umgebungsdruck quasi konstant. Genau wie in der Kompressionsphase wird Inertgas als Funktion der Zeit in den Körpergeweben gelöst, wobei das treibende Potenzial der Partialdruckunterschied zwischen dem Inertgas in der Gasphase und dem bereits gelösten Inertgas ist. Mit zunehmender Tauchzeit wird diese Differenz immer geringer, wodurch sich die Aufnahme von Inertgas verlangsamt, bis sich ein stationärer Gleichgewichtszustand (Sättigung) einstellt. In der Dekompressionsphase (Verringerung der Tauchtiefe) sinkt der Umgebungsdruck, so dass der Inertgasdruck in der Lunge niedriger ist als der Gasdruck des Inertgases in der gelösten Phase. Dieser Druckunterschied bewirkt, dass Inertgas aus den Geweben diffundiert und über die Lunge abgeatmet wird. Ziel der Dekompressionsstopps ist es, das Blasenwachstum zu begrenzen bzw. durch gezielte Stopps in unterschiedlichen Tauchtiefen die Inertgaspartialdruckdifferenz zu minimieren, so dass genug Zeit besteht, entstandene Mikroblasen abzuatmen.
Abb. 4.1: Unterschiedliche Körpergewebe reagieren bezüglich Auf- und Entsättigung mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf eine Änderung des Umgebungsdrucks
4.1.2 Diffusion und Strömung
Um die Mechanismen des Gastransports verstehen zu können, sind die Begriffe der Diffusion und Strömung aus der Thermodynamik entscheidend. Zusätzlich bildet Perfusion die Grundlage vieler Dekompressionsmodelle.
Diffusion
Diffusionsprozesse sind Transportprozesse von Teilchen entlang der Konzentrationsunterschiede. Diese Konzentrationsunterschiede werden von den Teilchen unter Ausnutzung ihrer thermischen Bewegungsenergie ausgeglichen. Jedes Teilchen bewegt sich dabei in eine nahezu beliebige Richtung, wobei sich ein Nettofluss in Richtung des Konzentrationsgefälles ergibt. Dieser Prozess endet bei Erreichen eines Gleichgewichtszustands. Die Ausgleichsgeschwindigkeit von Konzentrationsunterschieden ist umgekehrt proportional zum Konzentrationsunterschied (Fick‘sches Gesetz), wobei leichte Gase schneller diffundieren als schwere. Diffusion ist der treibende Mechanismus für den Gastransport am Übergang Lunge-Blutbahn und verantwortlich für den Transport von gelösten Inertgasen zwischen den Geweben/ Kompartimenten.
Perfusion
Perfusion bezeichnet die Durchblutungsrate eines Körpergewebes. Je besser die Kapillarisierung eines Gewebes ist, desto besser ist es in der Regel durchblutet, und je stärker die Durchblutung eines Kompartiments/Gewebes ist, desto schneller reagiert es auf die Veränderung des Inertgaspartialdrucks. Bei der Gruppe der perfusionsorientierten Dekompressionsmodelle beruhen die Auf- und Entsättigungsgeschwindigkeiten der einzelnen parallelen Kompartimente auf der Perfusionsrate (s. Abb 4.4).
Strömung
Bei Strömungsprozessen bewegen sich die Teilchen entlang von Stromlinien. Dies hat zur Folge, dass sich alle Teilchen quasi in gleicher Richtung und mit annähernd gleicher Geschwindigkeit bewegen. Strömungsprozesse werden durch Dichteunterschiede gesteuert, die durch Temperaturgradienten oder Konzentrationsunterschiede entstehen können. Warme Luft hat z. B. eine geringere Dichte als kalte Luft und steigt auf. Strömungsprozesse können aber auch durch äußere Einwirkungen, z. B. durch Pumpen verursacht werden. So wird der Blutstrom durch die Herzpumpe angetrieben.
4.1.3 Mechanismen der Blasenbildung und des Blasenwachstums
Im Zusammenhang mit Dekompressionsaspekten ist die Blasenbildung um so genannte Blasenkeime (Nuklei) entscheidend. Blasen benötigen Störstellen/Keime als Basis für das Blasenwachstum, da die Gasspannungen im Gewebe zu niedrig sind, um ein spontanes Aufspringen von Gasblasen zu ermöglichen. Dabei dient oft ein minimaler Gasrest als Pfad für die Diffusion von weiteren Gasmolekülen in die Blase. Das Wachstum einer Blase aus einem Blasenkeim heraus wird als Nukleation bezeichnet. Gasblasen können aber nicht nur an Störstellen (wie z. B. an den festen Bestandteilen des Blutes) entstehen, sondern auch an Stellen lokalen Unterdrucks (Kaviation), wie sie z. B. in turbulenten Strömungen oder in Reibungsbereichen zwischen Grenzschichten herrschen. Diese Art der Blasenentstehung wird als Tribonukleation bezeichnet (Abb 4.2).
Abb. 4.2: a In einer Störstelle des Gewebes (Blasenkeim) wird eine kleine Menge Gas eingefangen. Die Gasoberfläche ist zunächst konkav. b Zusätzliches Gas diffundiert in die Gasblase, wodurch diese wächst. c Überschreitet die Gasblase eine Grenzgröße, löst sie sich vom Gewebe und wird mit dem Blutstrom abtransportiert
Hinweis. Nur ein sehr geringer Prozentsatz der Nuklei erreicht den kritischen Radius, der ein Anwachsen von stabilen Blasen ermöglicht. Der weit größere Prozentsatz der Nuklei kollabiert unterhalb des kritischen Radius. Da der Prozess der Blasenentstehung ein stochastischer Prozess ist, kann nicht exakt berechnet werden, wann und wo sich eine stabile Blase bilden wird. Vorhandene Gasreste, Kavitation und Störstellen jedoch unterstützen maßgeblich die Blasenentstehung und das Blasenwachstum.
Der Gasinnendruck einer Blase steht im Gleichgewicht zum umgebenden hydrostatischen Druck plus der Oberflächenspannung, die aus den umgebenden Flüssigkeitsmolekülen resultiert. Dabei sinkt der Einfluss der Oberflächenspannung mit zunehmender Blasengröße. Anschaulich lässt sich der Effekt der Blasenbildung an kohlesäurehaltigen Getränken diskutieren: In einer Sprudelflasche wird unter Druck Kohlendioxid zugesetzt. Nach dem Gesetz von Henry löst sich dieses Gas in der Flüssigkeit. Bei verschlossener Flasche ist der Druck über der Flüssigkeitsoberfläche konstant und das CO2 bleibt in Lösung. Wird die Flasche geöffnet und es kommt damit zu einem Druckabfall, wachsen die CO2-Blasen nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte. Zusätzlich steigt die Diffusionsrate von Gas in die Blasen sprunghaft an. Die entstandenen Gasblasen wachsen auf dem Weg zur Oberfläche, wobei Diffusion der entscheidende Mechanismus ist, d. h., die Blase wächst dadurch, dass sich die Masse an Gas im Inneren der Blase stetig erhöht. Die Veränderung der Blasengröße auf Grund der Abnahme des hydrostatischen Drucks auf dem Weg zur Oberfläche ist dabei vernachlässigbar. Die Flüssigkeitsoberfläche in der geöffneten Flasche hat einen Druck von 1 bar (Meereshöhe). In einer gewöhnlichen Flasche ist die Höhe der Flüssigkeitssäule ca. 30 cm, wonach am Flaschenboden ein Druck von 1,03 bar herrscht. Das Volumen der Blase vergrößert sich beim Aufstieg nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte um 3 %. Beobachtet wird allerdings ein Anwachsen des Volumens auf das Drei- bis Vierfache (300–400 %), was nur durch Diffusion erklärt werden kann. Ebenso kann das Entstehen der Blasen um Blasenkeime veranschaulicht werden; in der Regel entstehen Blasen an mikroskopischen Störstellen der Flaschenwand (Abb 4.3).
Abb. 4.3: Eine Gasblase wächst, wenn die Inertgasspannung im umgebenden Gewebe (Kurve Gewebe T N2) größer ist als der Blaseninnendruck (Gerade Blase p N2). Dementsprechend verkleinert sie sich, wenn die Inertgasspannung im umgebenden Gewebe kleiner ist als der Blaseninnendruck. Als Funktion der Zeit sind im oberen Bildteil die Zustände „Inertgasdruck im umgebendes Gewebe ist größer als der Blaseninnendruck“ (linkes Drittel) und „Inertgasteildruck kleiner als Blaseninnendruck“ (rechts) dargestellt. Der daraus resultierende zeitliche Verlauf des Blasenradius (untere Bildhälfte) hat das Maximum zum Zeitpunkt gleichen Blaseninnendrucks wie Inertgaspartialdruck im umgebenden Gewebe
4.2 Dekompressionsmodelle
4.2.1 Grundlagen der Modelltheorie
Dekompressionsmodelle lassen sich je nach Schwerpunkt des Modellansatzes in drei große Gruppen unterteilen, in Einphasen-, Zweiphasen- und statistische Modelle. Einphasenmodelle sind perfusionsorientiert. Sie beschreiben die Auf- und Entsättigung