Kay Tetzlaff

Moderne Tauchmedizin


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beträgt dabei 2,0 l (2,0 kg/1,00 kg/l = 2,0 l). Neben Volumen und Gewichtskraft ist die Dichte des Mediums für die Berechnung wichtig. Man beachte, dass der gleiche Taucher im Salzwasser (Dichte ρ = 1,025 kg/l) Auftrieb hätte. Der Gewichtskraftverlust des Tauchers im Salzwasser beträgt 130 l × 1,025 kg/l × 10 m/s2 = 133,25 kg × 10 m/s2 = 1332,5 N) und ist damit größer als das „Gewicht“ des Tauchers an Land. Folglich resultiert eine nach oben gerichtet Kraft. Um wieder ein hydrostatisches Gleichgewicht zu erreichen, muss der Taucher zusätzliches (Blei-)Gewicht mitnehmen.

      Hinweis. Das Gesetz des Archimedes erklärt den Effekt, dass man sich als Taucher unter Wasser schwerelos bewegen kann.

      2.3 Gase

      2.3.1 Tauchgase

      Luft

      Das Gas, das beim Sporttauchen überwiegend Anwendung findet, ist normale atmosphärische Luft, die in Druckgaszylindern komprimiert wird. Luft besteht aus einem Gemisch unterschiedlicher Gase: 78 % Stickstoff (N2), 21 % Sauerstoff (O2), 0,03 % Kohlendioxid (CO2) und einem geringen Anteil Edelgase (Argon, Neon, Helium etc.). Für Berechnungen im Bereich Tauchen/Überdruckexposition reicht in guter Näherung die Betrachtung der Hauptkomponenten Stickstoff, Sauerstoff und CO2. Stickstoff nimmt nicht an den Stoffwechselprozessen im Körper teil und wird deshalb als inert bzw. Inertgas bezeichnet. Stickstoff wird aber in Abhängigkeit des Umgebungsdrucks in den Körpergeweben gelöst, Sauerstoff dagegen wird für metabolische Prozesse im Körper benötigt, wobei etwa 4 % des eingeatmeten Sauerstoffs in CO2 umgewandelt werden und wieder in die Ausatemluft gelangen. Kohlendioxid spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Atmung und des Atemreizes.

      Mischgase

      In den letzten Jahren erfahren Mischgase beim Tauchen immer größere Bedeutung. Dabei wird das Gasgemisch in der Regel aus unterschiedlichen Reingasen je nach Anwendung zusammengemischt. Bei größeren Tauchtiefen wird oft ein größerer Anteil an inertem Helium verwendet und der Sauerstoffanteil reduziert (Trimix). Gemische aus Sauerstoff und Stickstoff mit einem Sauerstoffanteil > 21 % (Nitrox) finden Verwendung bei Tauchgängen bis 40 m (s. Kap. 6, Nitroxtauchen).

      2.3.2 Gasgesetze

      Im Folgenden werden die für das Tauchen wichtigsten physikalischen Gesetzmäßigkeiten kurz erläutert.

      Boyle-Mariotte

      Das Gesetz von Boyle-Mariotte (nach Robert Boyle [1627–1691], britischer Naturforscher, und Edme Mariotte [1620–1684], französischer Naturforscher) besagt, dass für eine gegebene Gasmenge bei konstanter Temperatur der Druck im umgekehrten Verhältnis zum Volumen steht (s. Formel). Diese isotherme Zustandsänderung hat für das Tauchen große Bedeutung: Doppelter Druck (p) bedeutet halbes Volumen (V). Dies hat Auswirkungen auf alle volumenveränderlichen gasgefüllten Räume im Körper und der Tauchausrüstung. So dehnt sich eine gasgefüllte Blase (z. B. das Tarierjacket) mit abnehmender Wassertiefe aus, und durch das zusätzlich verdrängte Wasser erhöht sich der Auftrieb. Umgekehrt wirkt mit zunehmender Tiefe ein erhöhter Druck auf den Körper, d. h., es entsteht ein relativer Unterdruck im Mittelohr, wodurch sich das Trommelfell nach innen wölbt, da das Gas im Mittelohr komprimiert wird. Um eine Schädigung des Trommelfells zu vermeiden, muss zusätzliches Gas (also in der Regel Atemluft) ins Mittelohr gelangen (Druckausgleichsmanöver), so dass das Trommelfell in seiner natürlichen Position verweilt. Boyle-Mariotte gilt dabei nur für den Zeitraum, in dem die Gasmenge im Mittelohr konstant ist, da mit Durchführen des Druckausgleichs die Gasmenge verändert wird.

      (Erläuterung: Für das Verhältnis zweier Drücke [p1 und p2] gilt bei konstanter Temperatur, dass das Verhältnis der Volumina [V1 und V2] reziprok ist. Das Produkt aus Druck [p] und Volumen [V] ist eine Konstante, bzw. der Druck ist proportional zu 1/V.)

      Hinweis. Das Gasgesetz von Boyle-Mariotte ist eines der wichtigsten Gasgesetze beim Tauchen und Ursache für viele druckbedingte Schädigungen, z. B. das Barotrauma.

      Gay-Lussac

      Das Gesetz von Gay-Lussac (Joseph Louis Gay-Lussac [1778–1850], französischer Physiker) besagt, dass bei konstantem Druck das Volumen (V) einer abgeschlossenen Gasmenge in gleichem Verhältnis wie die absolute Temperatur (T) steigt (s. Formel). Die Bedeutung beim Tauchen beschränkt sich auf Gasmengen, die ihre Temperatur verändern.

      (Erläuterung: Für das Verhältnis zweier Volumina (V2 und V1) gilt bei konstantem Druck (p), dass dieses Verhältnis dem Verhältnis der absoluten Temperaturen (T2 und T1 in Kelvin) entspricht. Der Quotient aus Temperatur (T) und Volumen (V) ist eine Konstante, bzw. das Volumen ist proportional zur absoluten Temperatur (T).)

      Fallbeispiel. Zum Beispiel sinkt der Druck in einem mit 210 bar gefüllten Druckgastauchgerät, das eine Temperatur von 42 °C hat, beim Eintauchen ins Wasser (Abkühlung auf 12 °C) auf191 bar (210 bar × (12 K + 273 K) / (42 K + 273 K) = 191 bar).

      Henry

      Das Gesetz von Henry (nach William Henry [1775–1836], englischer Chemiker) besagt, dass die in einer Flüssigkeit gelöste Gasmenge direkt proportional zum Druck des Gases über der Flüssigkeit ist und zusätzlich vom Löslichkeitskoeffizienten und der Temperatur der Flüssigkeit abhängt. Das Gesetz von Henry beschreibt quasi-stationäre Zustände und bildet beim Tauchen die Grundlage für die im Kapitel Dekompression (s. Kap. 4) beschriebenen Mechanismen, da hiermit die Lösung der Inertgase in den einzelnen Geweben in Abhängigkeit des Umgebungsdrucks beschrieben werden kann. Die durch eine Veränderung der Tauchtiefe hervorgerufene zeitliche Veränderung des Umgebungsdrucks führt zu Auf- und Entsättigungsprozessen in den Geweben, und die symptomfreie Abgabe des gelösten Inertgases in der Auftauchphase ist die wichtigste Grundlage für die Berechnung der Kompressionsvorschriften (s. Dekompression, Kap. 4).

      Vereinfacht ausgedrückt, beschreibt das Gesetz von Henry die Auf- und Entsättigungsvorgänge im menschlichen Körper. Je höher der Anteil eines Inertgases, also eines am Stoffwechsel nicht beteiligten Gases, in der Einatemluft ist, desto höher ist sein Anteil in allen Körperflüssigkeiten. Mit zunehmendem Druck steigt die Menge des im Körper gelösten Gases, d. h., ein gesättigter menschlicher Körper auf 10 m Wassertiefe trägt die doppelte Menge Stickstoff in sich. Wird der Umgebungsdruck wieder gesenkt, muss das Inertgas wieder abgegeben werden. Geschieht dies zu schnell, wird also das Löslichkeitsprodukt überschritten, perlen Gasblasen im Gewebe aus. Sehr anschaulich kann dies beim Öffnen einer Sprudelflasche verdeutlicht werden: Mit Öffnen der Flasche wird der Druck zu schnell für das Löslichkeitsprodukt gesenkt und es entstehen Gasblasen. Würde man die Flasche über einen längeren Zeitraum sehr langsam öffnen, würden keine Gasblasen entstehen.

      Hinweis. Das Gesetz von Henry ist die Grundlage für die Entstehung der Dekompressionserkrankung.

      Dalton

      Nach Dalton (John Dalton [1766–1844], englischer Naturforscher und Lehrer), gilt der folgende Zusammenhang: Der Gesamtdruck p eines Gasgemisches setzt sich aus der Summe der Einzelpartialdrücke (pGas) der jeweiligen Gase zusammen. So gilt z. B. für Luft auf Meereshöhe (1 bar):

      Die Partialdrücke der einzelnen Gasbestandteile spielen beim Tauchen eine erhebliche Rolle. Die Partialdrücke der Inertgase sind für die Bereiche Dekompression und Narkose entscheidend, der Sauerstoffpartialdruck muss auf Grund seines toxischen Grenzwerts berücksichtigt werden.

      2.3.3 Ideales Gas – reales Gas

      Vernachlässigt man das Eigenvolumen der Gasmoleküle und die Wechselwirkung der Gasmoleküle untereinander, so erhält man den Begriff des idealen Gases, für das die oben formulierten Gesetze Anwendung finden. Bei der Betrachtung von idealen Gasen werden die Moleküle als ausdehnungslose Massepunkte gesehen, die sich als elastische Kügelchen im Raum bewegen. Die in der klassischen Tauchphysik relevanten Druck-, Temperatur-