Alfred Bekker

Ich hab mal einen Killer gekannt: 4 Action Krimis


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einsetzenden Regenschauers, dessen dicke Tropfen gegen die Scheiben klopften.

      Das Seltsame war, dass Tasha sie am Tag vor Brandon Carters Tod angerufen und nachgefragt hatte, ob sie vielleicht in den nächsten Tagen zu ihr ziehen könnte. Angeblich hätte es Schwierigkeiten zwischen ihr und dem dicken Fisch gegeben.

      Hatte sie vielleicht etwas mit dem Tod des Skandalreporters zu tun?

      Das Ganze erschien Doreen reichlich verworren. Ihr Gefühl sagte ihr allerdings, dass Tasha ihr gegenüber nicht mit offenen Karten gespielt hatte.

      In Doreens Hirn rasten die Gedanken nur so.

      Tasha Grath hatte ihre Sporttasche auf der Couch abgestellt. Ihre Sachen lagen daneben. Die Tasche war halb offen.

      Doreen trat näher heran und tat etwas, was eigentlich ihren Grundsätzen widersprach. Sie unterzog die Tasche einer kurzen Durchsuchung, wühlte die wenigen Sachen durch, die sich darin befanden. Was sie genau suchte, war ihr gar nicht klar. Irgendeinen Hinweis, der Licht ins Dunkel brachte.

      Sie fühlte etwas Hartes, metallisch Kaltes und zog es hervor.

      Ein kurzläufiger Revolver.

      „Leg das zurück, Doreen!“, sagte plötzlich eine Stimme.

      Doreen blickte auf.

      Tasha stand hinter der Tür. Sie hatte Doreens Kimono übergezogen. Das Duschwasser lief noch, deswegen hatte Doreen sie nicht bemerkt.

      „Tasha, was hat das zu bedeuten?“

      „Ich sagte, leg das Ding weg!“

      „Erst, wenn du mir erklärst, warum du eine Waffe hast!“

      Tasha näherte sich und nahm Doreen den Revolver aus der Hand. Sie legte die Waffe zurück in die Tasche. „Das kannst du dir doch denken. Zur Selbstverteidigung. Ich habe nicht die Zeit dazu, erst jahrelang irgendeinen Kampfsport zu trainieren, bis ich ohne mich zu fürchten durch eine dunkle Straße gehen kann!“ Ihr Lächeln wirkte etwas gezwungen. „Der Wasserhahn an der Dusche klemmt übrigens. Ich kann den Strahl einfach nicht abstellen!“

      „Ich weiß, das mache ich schon. Da gibt einen kleinen Trick.“ Sie reichte Tasha die Handtücher. Die junge Frau begann damit, sich die Haare zu trocknen.

      Doreen ging auf die Tür zum Bad zu, blieb dann aber stehen und fragte: „Ich möchte, dass du mir die Wahrheit sagst, Tasha.“

      Tasha blickte auf. „Ich habe dir die Wahrheit gesagt!“, beharrte sie. Ihre Stimme klang trotzig. Doreen war sich nun sicher, dass sie einen wunden Punkt erwischt hatte.

      „Tasha, gleichgültig, was es ist, ich halte zu dir. Aber ich will es wissen!“

      „Da gibt es nichts weiter zu wissen. Wenn du deine beste Freundin auf die Straße setzen willst – okay, dann tu das. Ich hatte dich eigentlich anders eingeschätzt und gedacht, dass man sich auf dich verlassen könnte, wenn man mal in Schwierigkeiten ist. Aber da habe ich mich offenbar vertan.“

      „So war das nicht gemeint!“

      „Ich hoffe, ich kann mich noch anziehen, bevor du mich raus wirfst!“

      „Ich sagte, so war das nicht gemeint, Tasha! Aber du musst zugeben, dass es da ein paar Ungereimtheiten in der Story gibt, die du mir erzählt hast. Erst fragst du an, ob du eventuell mal für kurze Zeit bei mir unterkriechen kannst, am nächsten Tag ist dein Freund tot, du tauchst hier mit einer Waffe im Gepäck auf und redest etwas von irgendwelchen Verwandten deines Freundes daher, die dich vor die Tür gesetzt haben! Ich weiß nicht, ob du mich für bescheuert hältst, aber ich habe das Gefühl...“

      Doreen stockte.

      Sie zögerte, ihre Gedanken wirklich auszusprechen.

      „Ja, was denn? Nun sag es schon!“

      „Was hast du mit Brandons Tod zu tun?“

      „Gar nichts! Er hat sich mit einem Mafia-Killer getroffen, mit dem wohl jemand eine Rechnung offen hatte. Das ist alles. Brandon war zur falschen Zeit am falschen Ort.“

      „Sag mir den wahren Grund dafür, weshalb du förmlich geflüchtet bist und nicht mehr in die alte Wohnung zurück kannst!“

      Tasha atmete tief durch.

      „Doreen, ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen, deswegen ist es besser, ich sage dir nichts darüber. Nachdem ich mich angezogen habe, bin ich weg und du siehst mich nicht wieder.“

      „Tasha!“

      „Ist schon in Ordnung, Doreen. Vielleicht war es einfach keine gute Idee, dich damit hineinzuziehen. Und jetzt stellst du am besten erstmal das Wasser ab, sonst gibt’s noch eine Überschwemmung!“

      Doreen verschwand im Bad.

      Tasha löste den Gürtel des Kimonos.

      In diesem Augenblick flog die Tür des Apartments zur Seite. Ein Mann in dunkler Lederjacke stürzte herein. Er hielt eine Automatik mit beiden Händen. Ein Schalldämpfer war auf die Waffe aufgeschraubt, deren Mündung in Tashas Richtung zeigte.

      Die junge Frau stand wie erstarrt da.

      Mit einem Absatz-Kick schloss der Eindringling die Tür und machte anschließend einen Schritt nach vorn.

      Das Prasseln des Duschwassers war inzwischen verstummt.

      Doreen kam aus dem Bad.

      Der Eindringling war für einen kurzen Moment abgelenkt. Er reagierte auf die Bewegung und feuerte. Doreen bekam einen Schuss in den Bauch, der sie wie ein Taschenmesser zusammenklappen ließ.

      Diese Sekunde nutzte Tasha. Sie griff zu dem Revolver in der Sporttasche, riss ihn hervor und schoss immer wieder. Die erste Kugel traf den Killer in die Schulter und riss ihn herum. Ein zweiter Schuss pfiff über ihn hinweg, der dritte ging in den Oberschenkel.

      Der Mann taumelte rückwärts gegen die Tür, riss seine Waffe hoch, kam aber nicht mehr zum Schuss, denn Tashas vierte und fünfte Kugel durchdrangen seinen Oberkörper. Er rutschte an der Wand hinunter und zog dabei eine blutige Schmierspur hinter sich her.

      Regungslos und mit starren, toten Augen blieb er dort sitzen, während Tasha der Puls zum Hals schlug.

      20

      Die Dämmerung setzte bereits ein als wir die Cumberland Road in Hoboken erreichten. Fantasielos wirkende, quaderförmige Wohnblocks reihten sich hier aneinander. Immerhin hatte man hier bei gutem Wetter in den oberen Stockwerken eine Aussicht, die bis auf die andere Seite des Hudson River reichte. Ansonsten hatten die Wohnungen hier vor allem den Vorteil, dass sie preiswert waren.

      Doreen Stafford wohnte in einem Block, der die Hausnummer 45 trug, wie wir mit Hilfe unseres Kollegen Dave Ontario von der Scientific Research Division herausgefunden hatten. Wir hatten ihn telefonisch kontaktiert und es war für ihn eine Kleinigkeit gewesen, die telefonischen Verbindungsdaten abzurufen. Der Anschluss gehörte zu einer Wohnung im zwölften Stock dieses Blocks und war auf eine gewisse Doreen Stafford eingetragen.

      Das musste Tasha Graths mysteriöse Freundin sein.

      Etwas erstaunt waren wir, als wir Dutzende von Einsatzfahrzeugen sahen, die rund um den Eingangsbereich