Roy Palmer

Seewölfe Paket 19


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Brauerei.

      Sie lächelte und öffnete die Tür der Nachbarkammer. Caligula wartete schon auf sie. Sie trat ein, drückte die Tür hinter sich zu und entledigte sich ihres Lendenschurzes.

      „Hast du die neunschwänzige Katze hier?“ fragte sie leise. „Ich muß dich noch auspeitschen, vergiß das nicht.“

      Er lachte dunkel und heiser, dann streckte er die Hände nach ihr aus und zog sie zu sich auf die Koje. Manchmal, wenn sie sehr gute Laune hatte, belohnte sie ihn für all das, was er für sie tat. Und in dieser Nacht hatte die Black Queen ausgezeichnete. Laune – wegen ihrer Zukunftspläne.

      Sie wäre etwas weniger optimistisch gewesen, wenn sie geahnt hätte, was zu dieser Stunde auf der Insel Gran Cayman vor sich ging. Die Vorkehrungen, die dort getroffen wurden, galten ihr und ihren Kerlen und dem Eintreffen der „Caribian Queen“, der „Aguila“, der „Buena Estrella“ und der „Vascongadas“.

       7.

      Es hatte einiger Stunden Zeit bedurft, die recht verwickelten Ereignisse, die sich in El Triunfo vor und nach dem Angriff der Spanier zugetragen hatten, detailgetreu zu berichten. Erst beim Dunkelwerden verließen Siri-Tong und die vier Männer der „Le Vengeur III.“ wieder die „Isabella IX.“ und kehrten an Bord ihres Schiffes zurück. Desgleichen enterten auch die Wikinger in ihre Jolle ab und pullten mit kräftigem, energischem Schlag zum Schwarzen Segler.

      Der Plan, von Hasard entwickelt, war noch einmal durchgesprochen worden. Jeder wußte, was er zu tun hatte, es brauchten keine Fragen mehr gestellt, keine unnützen Rufe von Schiff zu Schiff gewechselt zu werden. Die Mannschaften waren auf ihren Posten, die Anker der „Isabella“ und des Schwarzen Seglers wurden gelichtet. Die „Vengeur“ blieb in der Bucht liegen. Alle drei Schiffe waren klar zum Gefecht.

      Durch das Auftauchen der „Le Vengeur III.“ hatten sich neue Konstellationen ergeben, die Hasard um jeden Preis ausnutzen wollte. Vorher hatte er vorgehabt, mit der „Isabella“ und „Eiliger Drache“ in der Todesbucht auf das Eintreffen der Black Queen zu warten. Jetzt zog er es vor, die Taktik zu ändern.

      Lautlos glitten die „Isabella“ und der Schwarze Segler aus der Bucht. Keine Laternen wurden gesetzt, kein Wort durfte gesprochen werden. Von jetzt an bestand stündlich die Möglichkeit, daß die Queen mit ihrem Verband von Galeonen erschien – und die Seewölfe und ihre Verbündeten durften sich durch nichts verraten.

      Die Silhouetten der beiden Schiffe verschmolzen mit der Dunkelheit. Nur eine schmale Mondsichel stand am Nachthimmel und spendete kaum Licht. Die „Le Vengeur III.“ schwojte leicht an ihrer Ankertrosse, letzte Vorkehrungen wurden an Bord getroffen. Alle Mann befanden sich an Deck, es herrschte ununterbrochene Gefechtsbereitschaft.

      Ein paar Geschütze wurden noch etwas justiert, Sand auf der Kuhl ausgestreut, Kugeln und Pulverfässer als Reserve aus der Munitionskammer an Deck gemannt. Alles verlief in tiefem Schweigen, nur das Plätschern des Seewassers an den Bordwänden und das Knarren im Rigg waren zu vernehmen. Auch auf der Insel war es totenstill, Gran Cayman schien ein Eiland ohne jegliches Leben zu sein.

      Die „Isabella“ und der Schwarze Segler segelten am Wind eine Meile nach Norden, dann kreuzten sie gegen den Wind nach Osten auf. Nach knapp einer Stunde hatten sie ihr Ziel erreicht – die Ostseite der Insel. Sie liefen ein Stück nach Süden ab, langten an der von Hasard vorher festgelegten Position an und drehten eine Kabellänge vom Ufer entfernt bei.

      Die Segel wurden ins Gei gehängt, die Anker rauschten aus. Auf der „Isabella“ wurde die kleine Jolle ausgeschwenkt und abgefiert. Jeder Handgriff saß, es war ein Routinemanöver, wie die Männer es Hunderte von Malen durchgeführt hatten.

      Der Seewolf trat zu Dan O’Flynn und Bill, die sich anschickten, in die Jolle abzuentern.

      „Es bleibt bei unserer Vereinbarung“, sagte er. „Wer die Schiffe der Black Queen als erster sieht, gibt ein Zeichen, bei Dunkelheit mit der Öllampe, bei Tageslicht mit einer Spiegelscherbe.“

      „Ich hoffe, daß sie nicht allzulange auf sich warten läßt“, sagte Dan grimmig. „Ich bin nämlich schon gespannt auf ihre neuen Schiffe. Die Siedler von El Triunfo werden sich noch wundern. Sie werden es bereuen, daß sie sich der Bande angeschlossen haben – bei dem heißen Empfang, den wir ihnen bereiten.“

      „Nicht zu sehr auf die Pauke hauen, Mister O’Flynn“, sagte Carberry. „Und das Wetter nicht vor dem Sturm loben. Die Queen ist keine blutige Anfängerin, sondern eine höllisch gefährliche Gegnerin, vergiß das nicht.“

      „Aber sie ahnt nicht, daß wir hier auf der Lauer liegen“, sagte Dan. „Ich mache mir keine Illusionen. Ich weiß nur, welchen Trumpf wir in den Händen halten.“

      „Was ist, wenn sie ohne Bordlaternen segelt?“ fragte Bill.

      „Sobald die Schiffe nah genug an der Insel sind, entdecke ich sie auch bei Nacht, keine Angst“, sagte Dan. „Es müßte schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Queen Gran Cayman ungesehen erreicht.“

      „An Bescheidenheit ist bei dir kein Mangel“, sagte der Profos mit wildem Grinsen. „Dann mal los, Mister O’Flynn. Auf was wartest du noch? Ich bin froh, wenn du endlich von Bord bist.“

      Dan und Bill enterten in die kleine Jolle ab. Sie waren ausreichend mit Waffen, Proviant und Kiekern versorgt. Eigentlich konnte nichts schiefgehen, was ihren Auftrag betraf. Sie lösten die Bootsleine, legten ab und griffen zu den Riemen. Dann pullten sie kräftig an und steuerten auf das Ufer zu.

      Die Brandung hob die Jolle hoch und ließ sie wieder fallen, im Gischt schnellte sie auf den Strand zu. Der Rumpf wurde in seiner Bewegung gebremst, ein Ruck noch, und das Boot saß fest. Sie stiegen aus, zogen es ganz an Land und versteckten es unter Gestrüpp, das nah am Ufer wucherte. Mit wenigen Griffen hatten sie sich ihrer Ausrüstungsgegenstände bemächtigt und begannen den Marsch ins Innere der Insel.

      Bald hatten sie die Felsen erreicht und stiegen in ihnen auf. Auf einer winzigen, plateauähnlichen Plattform verharrten sie und drehten sich um. Steil fiel das Gestein unter ihnen ab, die See dehnte sich tintenschwarz bis ins Unendliche aus.

      „Kannst du die ‚Isabella‘ und den Schwarzen Segler noch sehen?“ fragte Dan.

      „Nein“, erwiderte Bill. „Ich habe ungefähr den Ankerplatz im Kopf, aber ich kann ihre Umrisse nicht sehen, wirklich nicht.“

      „Ich erkenne sie noch“, sagte Dan. „Das soll keine Überheblichkeit sein, nur meine ich, daß wir wirklich alle Chancen haben, die vier Schiffe der Queen zu entdecken, wenn sie sich im Dunkeln anpirschen.“

      „Sicher. Du hast eben doch die schärfsten Augen.“

      Sie setzten ihren Weg fort, er führte sie immer höher in das Felsenland der Insel hinauf. Dan orientierte sich mühelos, es war, als kenne er jeden Yard, jeden Stein, jede Baumwurzel, über die man stolpern konnte. Bald hatten sie das „Auge der Götter“ erreicht. Wie eine Platte aus geschliffenem schwarzem Marmor lag der See im Dunkeln da. In seiner Tiefe schien die Antwort auf viele ungelöste Geheimnisse zu schlummern.

      „Hier möchte ich nicht begraben sein“, sagte Bill. „Ein Fluch scheint auf dem See zu lasten.“

      „Mit solchen Äußerungen könntest du schon mit meinem Alten konkurrieren“, sagte Dan und grinste. „Aber du hast recht. Der Platz lädt nicht zum Hierbleiben ein. Hörst du das?“

      Unterschwellig war ein Rumoren und Vibrieren zu vernehmen, das man weder auf See noch in den tiefergelegenen Bereichen der Insel wahrnehmen konnte. Der Vulkan schien vor sich hin zu murmeln, aber man brauchte nur an seine beängstigenden Aktivitäten zu denken, und schon lief einem ein kalter Schauer über den Rücken.

      „Hoffentlich bricht der Vulkan nicht ausgerechnet jetzt aus“, sagte Bill.

      Dan schüttelte den Kopf. „Er grummelt nur vor sich hin, keine Sorge. Er bereitet uns heute nacht bestimmt keine Schwierigkeiten. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre,