John Farndon

Big Ideas. Das Wirtschafts-Buch


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im Familienleben nach dem Kosten- Nutzen-Prinzip gefällt. So betrachtete er die Heirat als Markt und analysierte, wie wirtschaftliche Merkmale die Partnerwahl beeinflussen. Becker gelangte zu dem Schluss, dass Familienmitglieder einander nicht aus Liebe helfen, sondern weil sie sich finanzielle Vorteile versprechen. Er glaubt, dass Eltern deshalb häufig in Kinder investieren, weil diese Investition eine bessere Rendite verspricht als die traditionelle Altersvorsorge. Allerdings können Kinder rechtlich nicht gezwungen werden, ihre Eltern zu unterstützen, daher werden sie zu Pflichtgefühl und Liebe erzogen. Insofern könne man argumentieren, der Wohlfahrtsstaat schade den Familien, weil er die gegenseitige Abhängigkeit verringert.

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      Die (Bildungs-)Investitionen von Eltern in ihre Kinder sind laut Becker eine wichtige Quelle des Grundkapitals in einer Volkswirtschaft.

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      DIE UNSICHTBARE HAND DES MARKTES SCHAFFT ORDNUNG

      DIE FREIE MARKTWIRTSCHAFT

       IM KONTEXT

      SCHWERPUNKT

       Märkte und Firmen

      VORDENKER

      Adam Smith (1723–1790)

      FRÜHER

      1714 Der Niederländer Bernard Mandeville verdeutlicht die unbeabsichtigten Folgen des Eigennutzes.

      1755–1756 Der irische Bankier Richard Cantillon beschreibt eine Art »spontane Ordnung«.

      SPÄTER

      1874 Léon Walras zeigt, wie Angebot und Nachfrage zu einem Gleichgewicht führen.

      1945 Der österreichische Ökonom Friedrich von Hayek behauptet, Marktwirtschaften entwickelten eine effiziente Ordnung.

      1950er-Jahre Kenneth Arrow und Gérard Debreu beschreiben Bedingungen, unter denen freie Märkte zu einem sozial optimalen Ergebnis führen.

      Dem schottischen Denker Adam Smith zufolge hatte sich der Westen bereits vor dem 18. Jahrhundert auf dem Weg zu einer großen Revolution befunden, als sich die Nationen von Agrar- zu Handelsgesellschaften entwickelten. Im Mittelalter waren die Städte entstanden, die nach und nach durch Straßen verbunden wurden. Die Menschen brachten Waren und frische Erzeugnisse zu den Märkten. Der wissenschaftliche Fortschritt lieferte neue, verlässliche Maßeinheiten sowie neue Arbeitsmethoden und aus dem Flickenteppich von Fürstentümern, der Europa bedeckte, entstanden zentralisierte Nationalstaaten. Die Menschen erlebten eine neue Freiheit und begannen, Waren zum eigenen Gewinn auszutauschen.

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      Covent Garden Market in London 1774. Smith glaubte, Märkte seien der Schlüssel zu einer gerechten Gesellschaft, denn beim Kaufen und Verkaufen seien die Menschen »natürlich frei«.

      Smith untersuchte, wie die Handlungen freier Individuen zu einem geordneten, stabilen Markt führten. Wie war es ohne eine leitende Hand möglich, dass die Menschen produzieren, verkaufen und kaufen konnten, was sie wollten, ohne dass sich einerseits große Überschüsse und andererseits große Versorgungslücken ergaben? Mit seinem bedeutenden Werk Der Wohlstand der Nationen von 1776 lieferte er die Antwort auf diese Frage. Der Mensch werde in seiner Freiheit, in der Rivalität mit anderen und in seinem Gewinnstreben von einer »unsichtbaren Hand« geleitet. Unbeabsichtigt handle er zum Wohl der Gesellschaft.

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      In seiner Bienenfabel beschreibt Mandeville, wie der Einzelne dem Wohl der Gemeinschaft dient, wenn er seinem Eigeninteresse folgt – bei uns Menschen ebenso wie bei den Bienen.

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       Die Ökonomie des Laisser-faire

      Die Vorstellung einer solchen »spontanen Ordnung« hatte bereits der niederländische Autor Bernard Mandeville in seinem Gedicht Die Bienenfabel von 1714 dargestellt. Er erzählte von einem Bienenstock, dem es so lange gut erging, wie die Bienen eigennützig handelten. Als sie jedoch beschlossen, dem Wohl des Stocks zu dienen, ging er zugrunde. Smith betrachtete Eigeninteresse keineswegs negativ. Er ging davon aus, dass Menschen tauschten und handelten, um ihre Situation zu verbessern. Als soziale Kreaturen verhielten sie sich dabei moralisch aufrichtig und fair.

      Smith hielt es für richtig, dass sich Regierungen nicht in den Handel einmischten, eine Ansicht, die von anderen schottischen Denkern, etwa dem Philosophen David Hume, geteilt wurde. Der französische Autor Pierre de Boisguilbert hatte zuvor geschrieben: »Lasse die Natur nur machen« – was so viel heißen sollte wie: »Lasse die Wirtschaft nur machen«. Der Ausdruck »Laisser-faire« bezeichnet in der Wirtschaftslehre eine möglichst geringe Einmischung des Staates. Smith sprach der Regierung allerdings die wichtige Rolle zu, für die militärische Verteidigung, Rechtsprechung und bestimmte »öffentliche Güter« zu sorgen.

      Smith war im Wesentlichen ein Optimist. Der englische Philosoph Thomas Hobbes hatte zuvor behauptet, ohne eine starke Autorität sei das menschliche Leben »scheußlich, tierisch und kurz«. Der britische Ökonom Thomas Malthus betrachtete den Markt und sagte als direkte Folge des steigenden Wohlstands eine Hungersnot voraus. Später sollte Karl Marx prophezeien, Marktwirtschaft führe zur Revolution. Smith jedoch sah die Gesellschaft als funktional und die gesamte Wirtschaft als erfolgreiches System an. Zwar erwähnt er die »unsichtbare Hand« nur einmal in seinem fünfbändigen Werk, aber ihre Gegenwart ist häufig spürbar. Smith beschrieb, wie sein System der »vollkommenen Freiheit« zu positiven Resultaten führen könne. Erstens bietet es die Güter, die die Menschen brauchen. Ist die Nachfrage größer als das Angebot, rivalisieren die Verbraucher und der Preis steigt. Für die Hersteller ergibt sich die Möglichkeit, Gewinn zu machen, sodass sie darum konkurrieren, mehr von dem Gewünschten anzubieten. Dieses Argument hat die Zeit überdauert. In seinem Aufsatz Die Verwertung des Wissens in der Gesellschaft von 1945 legt der österreichische Ökonom Friedrich von Hayek dar, wie Preise auf die örtlich begrenzten Informationen und Wünsche der Individuen reagieren und so die nachgefragte Menge und das Angebot am Markt verändern. Ein zentraler Planer, so Hayek, könnte niemals so viele verstreute Informationen sammeln. Heute herrscht die Ansicht, dass der Kommunismus in Osteuropa zusammenbrach, weil die Planwirtschaft die Menschen nicht zufriedenstellen konnte. Smiths erster Punkt wird allerdings durchaus kritisiert, denn der Markt könnte z. B. nur Güter für reiche Menschen liefern und die Wünsche der Armen ignorieren. Außerdem reagiert er oft auch auf schädliche Wünsche – wenn er beispielsweise Drogenkonsum oder Fettleibigkeit fördert.

       Gerechte Preise

      Zweitens sagt Smith, das Marktsystem sorge für »gerechte« Preise. Alle Waren hätten einen natürlichen Preis, der genau den Aufwand ihrer Herstellung widerspiegele. Das Land, das der Erzeugung eines Produkts dient, soll seine natürliche Pacht verdienen. Das Kapital, das der Herstellung dient, soll seinen natürlichen Gewinn erwirtschaften. Auch die Arbeit soll ihren natürlichen Lohn erhalten. Marktpreise und Renditen können zeitweise von ihrem natürlichen Niveau abweichen, beispielsweise bei einer Knappheit. Dann ergeben sich Gewinnmöglichkeiten und die Preise steigen, aber nur bis neue Firmen auf den Markt kommen und die Preise wieder auf ihr natürliches Niveau fallen. Erlebt ein Industriezweig eine Rezession, sinken Preise und Löhne, aber ein anderer, aufstrebender Industriezweig kann den Arbeitern höhere Löhne bieten. Auf lange Sicht, sagt Smith, sind Marktpreis und natürlicher Preis dasselbe.