Adam Smith
Wettbewerb ist unerlässlich, wenn die Preise gerecht sein sollen. Smith wandte sich gegen die Monopole unter dem merkantilistischen System, in dem der Staat den Außenhandel kontrollieren sollte. Wenn es nur einen Anbieter gibt, kann er den Preis ständig über dem natürlichen Niveau halten. Mit 20 Metzgern auf dem Markt ist der Wettbewerb größer als mit zweien. Bei funktionierendem Wettbewerb und niedrigen Marktschranken sind die Preise niedriger. Viele Ökonomen teilen diese Ansicht vom Wettbewerb, auch wenn es Abweichler wie Joseph Schumpeter gibt, der später sagen sollte, auch Innovation könne die Preise sinken lassen, selbst ohne Wettbewerb. Wenn Erfinder Produkte von höherer Qualität zu einem niedrigeren Preis anbieten, zerstören sie bestehende Firmen in einem Sturm der »schöpferischen Zerstörung«.
Smith beschrieb, wie Arbeitskräfte, Landeigentümer und Kapital (hier in Pferde und Pflug investiert) zusammenwirken, damit das Wirtschaftssystem in Bewegung bleibt und wächst.
Gerechte Einkommen
Smith glaubte auch, Marktwirtschaften sorgten für gerechte Einkommen – Geld, das in einem nachhaltigen Kreislauf für Waren ausgegeben werden könne: Die Löhne zirkulieren zurück in die Wirtschaft, wenn die Arbeiter für Güter bezahlen, nur um wieder Lohn zu erhalten – und so weiter. Kapital, das in Produktionseinrichtungen investiert wird, erhöht die Produktivität, was bedeutet, dass die Arbeitgeber höhere Löhne zahlen können. Und das werden sie auch tun, weil sie in einem Wettbewerb um die Arbeitskräfte stehen.
Im Hinblick auf das Kapital sagte Smith, der Profit, der durch Investitionen zu erwarten sei, entspreche in etwa dem Zinssatz. Das liegt daran, dass die Arbeitgeber miteinander um Kredite konkurrieren, die sich profitabel investieren lassen. Mit der Zeit sinkt die Gewinnrate in allen Bereichen, wenn sich Kapital ansammelt und die Chancen auf Profit erschöpft sind. Die Mieten steigen, wenn die Einkommen steigen und mehr Land benötigt wird.
Smiths Einsicht in die Zusammenhänge zwischen Land, Arbeit und Kapital war ein echter Durchbruch. Ihm fiel auf, dass Arbeiter und Landeigentümer dazu neigen, ihre Einnahmen zu verbrauchen, während Arbeitgeber sparsamer sind und in ihr Grundkapital investieren. Er sah, dass Löhne je nach Fähigkeit, Geschicklichkeit und Urteilsvermögen variieren, und dass es zwei Formen von Arbeit gibt: »produktive« (in der Landwirtschaft oder Herstellung) und »unproduktive« (Dienstleistungen, die die »wichtige« Arbeit unterstützen). Die höchst unsymmetrischen Ergebnisse der heutigen Marktwirtschaft liegen allerdings weit von Smiths Vorstellungen entfernt.
Wirtschaftswachstum
Smith glaubte, die unsichtbare Hand selbst stimuliere das Wirtschaftswachstum. Er machte einen zweifachen Ursprung des Wachstums aus. Erstens steigt durch Arbeitsteilung die Effizienz: Ökonomen sprechen hier vom »Smith-Wachstum«. Werden mehr Produkte hergestellt und verbraucht, wachsen die Wirtschaft und die Märkte ebenso wie die Möglichkeiten zur Spezialisierung.
Die Nachfrage auf einem Markt kann sich aus vielerlei Gründen ändern. Der Markt reagiert darauf mit einer Veränderung des Angebots. Das geschieht spontan – es gibt keinen Grund für Eingriffe in einen Markt, der auf dem Wettbewerb unter eigennützigen Leuten beruht.
Der zweite Wachstumsmotor ist die Anhäufung von Kapital – durch Sparen und Gewinnmöglichkeiten. Allerdings sieht Smith auch, dass sich Wachstum verringern kann: durch geschäftliche Fehlschläge, fehlende Mittel zur Erhaltung des Anlagekapitals, ein inadäquates Geldsystem und einen hohen Anteil unproduktiver Arbeitskräfte. Smith zufolge ist Kapital in der Landwirtschaft produktiver als in der Herstellung, die wiederum produktiver ist als der Handel und das Transportwesen. Letztlich wächst die Wirtschaft, bis sie einen wohlhabenden, stabilen Zustand erreicht hat. Damit unterschätzte Smith die Rolle von Technologie und Innovation – das oben beschriebene Schumpetersche Wachstum.
»Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers oder Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen.«
Adam Smith
Klassisches Erbe
Smiths System war umfassend. Im Wesentlichen etablierte er die Parameter der »klassischen« Ökonomie, die sich auf die Produktionsfaktoren – Kapital, Arbeit, Land – und ihre Erträge konzentriert. Später nahm die Theorie der freien Marktwirtschaft mit der allgemeinen Gleichgewichtstheorie eine andere, »neoklassische« Form an, die zeigen wollte, wie die Preise in einer Gesamtwirtschaft einen Zustand des stabilen Gleichgewichts erreichen können. Mithilfe der Mathematik fassten Léon Walras und Vilfredo Pareto Smiths Behauptung neu, die unsichtbare Hand wirke sich sozial zum Guten aus. Kenneth Arrow und Gérard Debreu zeigten, wie freie Märkte das tun, aber sie zeigten auch, dass das unter strengen Bedingungen geschieht, die nicht viel mit der Realität zu tun haben. Damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel das Laisser-faire in einen Winterschlaf. Doch es kehrte zurück, als in den 1970er-Jahren keynesianische Ideen von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft in die Brüche gingen. Die Saat für diese neue Blüte findet sich in den Werken Milton Friedmans und der österreichischen Schule, insbesondere Friedrich von Hayeks. Sie waren skeptisch, was die Vorteile staatlicher Eingriffe anging, und meinten, sozialer Fortschritt ließe sich durch unregulierte Märkte erreichen. Auch die Keynesianer wussten um die Macht der Märkte – aber für sie mussten Märkte angestoßen werden, um Höchstleistungen zu erbringen.
»Nichts lernt eine Regierung so rasch von einer anderen wie die Kunst, Geld aus den Taschen der Leute zu ziehen.«
Adam Smith
Regionale Märkte wie hier in Kerala (Indien) verhalten sich genauso wie Smiths freier Markt: Angebot und Preis passen sich auf natürliche Weise der Nachfrage an.
Der Ansatz der freien Marktwirtschaft erhielt einen wichtigen Auftrieb durch Theorien der 1960er- und 1970er-Jahre, die von Rationalität und rationalen Erwartungen ausgingen. Die Neue Politische Ökonomie betrachtet z. B. Politiker als eine Gruppe egoistischer Individuen, die rücksichtslos Eigeninteressen verfolgen und sich und andere – unproduktiv – bereichern (»Rent-Seeking«). Die neue klassische Makroökonomie geht von Smiths Annahme aus, dass die Märkte ihre Probleme immer allein lösen, und fügt hinzu, dass die Bevölkerung die Auswirkungen staatlicher Eingriffe voraussehen könne und wisse, wie die Wirtschaft funktioniert. Daher hätten staatliche Eingriffe kaum Erfolg. Dennoch – heute glauben die meisten Ökonomen, dass der Markt versagen kann. Sie sehen vor allem Informationsunterschiede zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern als Grund an. George Akerlof thematisierte dies 1970 in seinem Aufsatz The Market for Lemons. Verhaltensökonomen halten die Rolle der Vernunft bei menschlichen Entscheidungen für überbewertet und betrachten dies als Grund für das Scheitern der Märkte.
Die Ungleichheiten, die aus den freien Märkten in ihrer heutigen Form entstehen, konnte Smith nicht vorhersehen. An Börsen und auf Geldmärkten spielt »Fairness« praktisch keine Rolle.
Am Thema der Laisser-faire-Ökonomie scheiden sich die Geister. Die politische Rechte ist für das Laisser-faire, die Linke stellt sich hinter keynesianische Interventionen. Diese Diskussion ist heute noch von zentraler Bedeutung.
Die Finanzkrise von 2007/08 hat dieser Auseinandersetzung neue Nahrung gegeben. Die Anhänger