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Psychosoziale Beratung


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der Probleme und Ziele einen positiven Einfluss auf die Veränderungsmotivation des Klienten nehmen, da er erkennt, wofür er sich einsetzt. Motivierend dürfte schließlich eine positive Erwartung eines Therapieerfolges sein, die von Weinberger (1995) als einer der fünf wichtigsten allgemeine Wirkfaktoren bezeichnet wird und auch in anderen Taxonomien zu den allgemeinen Wirkfaktoren wie etwa in dem Quartett von Omer und London (1989) einen Platz gefunden hat, hier jedoch zusätzlich auch die Erwartungshaltung des Therapeuten impliziert, dass seine Therapie funktioniert.

      5. Problemaktualisierung: Grawe und Casper (2012, 35) gehen davon aus, dass »die problematischen Bedeutungen, die das Leiden des Patienten ausmachen, dann am wirksamsten verändert werden können, wenn diese Bedeutungen in der Therapie real zum Erleben gebracht werden«. Ähnliches postuliert Weinberger (1995) ›Konfrontation‹ als einen allgemeinen Wirkfaktor, der sich durch die Auseinandersetzung des Patienten mit seinen Problemen konstituiert, während Karasu (1986) mit dem Begriff des ›affektiven Erlebens‹ stärker die Folgen von Konfrontation betont. Auch der Wirkfaktor ›emotionales Abreagieren‹ aus der Liste von Jørgenson (2004) passt in den Bedeutungshorizont des Konzeptes der Problemaktualisierung, weil es hier um die Freisetzung emotionaler Blockaden geht. Je umfassender das jeweilige Problem aktualisiert wird, desto besser kann es bearbeitet werden. Für eine möglichst effektive Beratung ist es notwendig, dass der Klient seine Probleme in der aktuellen Hier-und-Jetzt-Situation des Beratungsprozesses erleben und zur Steigerung seiner Selbstwirksamkeit bewältigen kann.

      6. Ressourcenaktivierung: Die Diagnostik der Probleme, Konflikte und Schwierigkeiten beim Klienten kann mit einer zu starken Fokussierung auf seine Schwächen und Defizite einhergehen mit der Gefahr einer Destabilisierung und dem Erleben von Insuffizienzgefühlen. Um diesen negativen Effekten entgegen zu steuern, ist nach Grawe (1995) ein besonderes Augenmerk auf die Aktivierung der Ressourcen des Klienten, wie auf die besonderen Fähigkeiten und positiven Eigenschaften, zu legen, damit er besser mit belastenden Lebensumständen und persönlichen Problemkonstellation umgehen kann (vgl. Willutzki 2008). Die Ressourcenaktivierung bewirkt, dass die Aufmerksamkeit weg von den Defiziten und Schwächen des Klienten hin zu seinen eigenen Stärken gelenkt wird mit der Folge einer positiven Grundstimmung für den weiteren Beratungsverlauf. Außerdem kann nach Fiedler (2004) eine gezielte Wissensvermittlung und die Erweiterung der Bewältigungskompetenzen dazu beitragen, dass der Klient eigenständig neue Ressourcen erschließen kann.

      7. Hilfe zur Problembewältigung: Im Rahmen der Hilfe zur Problembewältigung wird nach Grawe (1995) der Klient von dem Berater/der Beraterin durch den Einsatz geeigneter Methoden und Techniken darin unterstützt, seine vorhandenen Probleme, Schwierigkeiten und Konflikte zu überwinden oder zumindest besser mit ihnen fertig zu werden. Hilfe zur Problembewältigung korrespondiert mit der 5. Phase des Modells von Kanfer et al. (2012), da es hier neben der Planung und Auswahl auch um die Durchführung spezieller Methoden mit dem Ziel der aktiven Bewältigung von Schwierigkeiten und Lösung von Problemen geht. Die Hilfe zur Problembewältigung kann dabei auf verschiedenen Ebenen erzielt werden, die an verschiedenen Stellen in den bisherigen Taxonomien zu den allgemeinen Wirkfaktoren aufgeführt werden. Dazu zählt im Wesentlichen

      – die kognitive Bewältigung, bei der die Veränderung dysfunktionaler Kognitionen angestrebt wird (vgl. Karasu 1986). In einem weiteren Sinn ist damit auch die Förderung der Mentalisierung angesprochen, die den Klienten dazu befähigen soll, eigene mentale und emotionale Zustände bei sich und bei anderen zu erkennen (vgl. Jørgensen 2004). Auf einer noch höheren Stufe kann das auch zur ›Selbstnarration‹ führen, bei welcher der Klient eine Neufassung seiner Lebensgeschichte und Identität konzipiert (vgl. Jørgensen 2004);

      – die Verhaltensregulation, die auf eine verbesserte Verhaltenskontrolle oder neue Verhaltenskompetenzen abzielt (vgl. Karasu 1986);

      – die Exposition und Desensibilisierung mit den Effekten der Abschwächung der physiologischen Reaktion und des Vermeidungsverhaltens (vgl. Jørgensen 2004);

      – die Korrektur emotionaler Erfahrungen im Anschluss an Exposition und Desensibilisierung, dadurch dass die gefürchteten Konsequenzen nicht eintreten (vgl. ebd.);

      – die Emotionsregulation mit dem Ziel der Kontrolle über emotionale Prozesse (vgl. ebd.).

      Der Faktor ›Hilfe zur Problembewältigung‹ kann nur dann erfolgreich realisiert werden, wenn er auf eine kontinuierliche Erfolgsoptimierung ausgerichtet ist, die in dem Modell von Kanfer et al. (2012) zwar mit »Erfolgsoptimierung und Abschluss der Therapie« bezeichnet wird, jedoch wegen der Rekursivität des Modells auch auf die vorhergehenden Phasen Anwendung findet. So sind etwa die Stabilisierung und der Transfer therapeutischer Fortschritte sowie das Erlernen von Selbstmanagement nicht lediglich Ziele der Endphase der Therapie oder Beratung.

      Entsprechend dem Modell von Kanfer et al. (2012) könnte man für die psychosoziale Beratung vielleicht noch die »Evaluation der Fortschritte in der Beratung« als einen 8. allgemeinen Wirkfaktor in Erwägung ziehen, bei dem es um die kontinuierliche Bewertung des Beratungsprozesses geht, wodurch eine Steuerung der Therapieabläufe optimiert werden kann. Allerdings liegt dieser Faktor auf einer anderen logischen Ebene, da hier nicht die unmittelbare interaktionelle Arbeit mit dem Klienten im Mittelpunkt steht, sondern die Beurteilung der Ergebnisse des Beratungsprozesses auf der Metaebene. Aus konstruktivistischer Perspektive gelangt man damit wie bei der Supervision in eine Kybernetik 2. Ordnung, da die Evaluation sich nicht auf sich selber bezieht, sondern auf das Ergebnis und den Prozess der Psychotherapie. Diese Beobachtungsperspektive 2. Ordnung kann wichtige Impulse für den gesamten psychosozialen Beratungsprozess liefern, ist aber ebenfalls selbstreferentieller Natur und kann ihr eigenes Operieren nicht selber beobachten, so dass sich der mögliche blinde Fleck der Beobachtung lediglich verschiebt, jedoch auf keinen Fall aufheben lässt.

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      Weiterführende Literatur

      Grawe, K. & Caspar, F. (2012). Allgemeine Psychotherapie. In Senf, W. & Broda, M. (Hrsg.). Praxis der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch. Stuttgart: Thieme. 33–46.

      Lambert, M. J. (2013). The Efficacy and Effectiveness of Psychotherapy. In: Lambert, M. J. (Hrsg.). Bergin and Garfield’s Handbook of Psychotherapy and Behavior Change. 6. Auflage. Wiley: New Jersey. 169–218.

      Luborsky, L. Singer, B. & Luborsky, L. (1975). Comparative Studies of Psychotherapies: Is It True That »Everyone Has Won and All Must Have Prices«? In: Archives of General Psychiatry, 32 (8), 995–1008.

      Pfammatter, M., Junghan, U. M. & Tschacher, W. (2012). Allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie: Konzepte, Widersprüche und eine Synthese. Psychotherapie, 17, 1, 17–31.

      2 Prozessmodell der Beratung

      Michael Borg-Laufs & Dieter Wälte

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      Was Sie in diesem Kapitel lernen können

      Das Sieben-Phasen-Modell von Kanfer et al. (2012) ermöglicht aus einer Makroperspektive die Strukturierung eines psychosozialen Beratungsprozesses vom Anfang bis zum Ende. Es orientiert sich an einem integrativen Beratungskonzept und lässt sich für unterschiedliche Interventionen auf verschiedenen Systemebenen (Einzel-, Paar-, Familienberatung) nutzen. In diesem Kapitel können Sie erfahren,

      • in welcher Reihenfolge verschiedene Phasen des Beratungsprozesses im Mittelpunkt der beraterischen Bemühungen stehen sollten;

      • wie sie einzelne Beratungssitzungen