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Psychosoziale Beratung


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vs. Objektwert: Menschen können ihre Selbstwertkonflikte im Extremen auf zwei Arten lösen: Im passiven Modus erscheint das Selbstwertgefühl eingebrochen bzw. brüchig, während im aktiven Modus die Person den Anschein von Selbstsicherheit zu erwecken versucht.

      5. Über-Ich- und Schuldkonflikte: Bei dem einen Extrem neigt die Person zur (völligen) Schuldübernahme, während sie im anderen Extrem Schuld (völlig) von sich weist und auf andere Menschen attribuiert.

      6. Ödipal-sexuelle Konflikte: Im passiven Modus nimmt die Person ihre Erotik und Sexualität nicht wahr, während sie im aktiven Modus davon in allen Lebensbereichen okkupiert wird, ohne allerdings Befriedigung zu erlangen.

      7. Identitätskonflikte: Betroffene Personen können keine hinreichende Identität ihrer Person entwickeln. Im passiven Modus kopiert die Person Identitätsanteile anderer Menschen, während im aktiven Modus Brüche in der Identität überspielt werden.

      8. Fehlende Konflikt- und Gefühls-Wahrnehmung: Die Person kann Gefühle bei sich und anderen nicht wahrnehmen, Konflikte werden übersehen (passiver Modus) oder durch sachliche Beschreibungen ersetzt (aktiver Modus).

      Vorgehen in der Beratung

      In der Beratung geht es im Wesentlichen um die Aufdeckung und Bearbeitung der unbewussten psychischen Prozesse, eine Neu-Strukturierung der Persönlichkeitsanteile wird allerdings in der Regel nur in einer langfristigen Psychotherapie möglich sein. Die Prozesse zeigen sich dabei auch in der Interaktion zwischen Klient/Klientin und Berater/Beraterin. Durch eine professionelle Interaktion kann der Klient neue positive Erfahrungen machen, die sich korrigierend auswirken. In diesem Zusammenhang spielen auch die bekannten Konzepte von Widerstand, Übertragung und Gegenübertragung eine zentrale Rolle. Hierbei hat sich aus psychodynamischer Perspektive sowohl eine neutrale Haltung gegenüber den Aussagen des Ratsuchenden als auch eine Abstinenz gegenüber den durch die Gegenübertragung entstandenen Wünschen bewährt. In der Arbeit mit Kindern kommen vor allem spieltherapeutische Methoden sowohl als diagnostisches (z. B. der Sceno-Test) als auch als therapeutisches Mittel (z. B. das Sandspiel) zur Anwendung. Bei Jugendlichen orientiert sich die psychoanalytische Therapie im Besonderen am Entwicklungsstadium der Adoleszenz inklusive der Konflikte um die eigene Identitätsbildung und der Ablösung vom Elternhaus.

      Kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte Beratung

      Auch innerhalb der Verhaltenstherapie bzw. ›KVT‹ (Kognitive Verhaltenstherapie) gibt es eine Reihe verschiedener Strömungen, bei denen zumindest drei ›Wellen‹ unterschieden werden können. Die erste Welle ist mit der Einführung behavioristischer Erkenntnisse in die psychotherapeutische Arbeit Mitte des 20. Jahrhunderts verbunden und stark an den Lerntheorien ausgerichtet. Besonders bekannt ist hier B. F. Skinner, der als Ursache menschlichen Handelns das erlernte Verhalten sah, das bei Störungen durch Psychotherapie wieder modifiziert werden kann. Die zweite Welle (ab den 1970er Jahren), auch als kognitive Wende bezeichnet, integrierte das Konzept, das menschliches Verhalten stark durch Kognitionen (Wahrnehmen und Denken) beeinflusst ist. Die Hauptvertreter der kognitiven Wende wie Ellis, Beck und Meichenbaum haben die Verhaltenstherapie bis heute nachhaltig beeinflusst (Wilken 2018). Die dritte Welle schließlich beschreibt eine weitere Integration: die der emotionalen Konzepte, wie z. B. in der ›Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT)‹. Hier werden u. a. fernöstliche Lehren zur Meditation in die therapeutische Arbeit integriert (Einsle & Hummel 2015).

      Störungsverständnis

      Zu Beginn einer jeden Therapie und Beratung stehen die horizontale und vertikale Verhaltensanalyse, die darüber Aufschluss geben, welche Bedingungen das Problemverhalten kontrollieren und aufrechterhalten (image Kap. 5.4). Psychische Störungen sind dementsprechend eine Funktion von ungünstigen respondenten (klassische Konditionierung), operanten (operante Konditionierung) und kognitiven (dysfunktionale Kognitionen) Prozessen, die in der Lerngeschichte der Person ihren Ursprung genommen haben (Reinecker 2011).

      Vorgehen in der Beratung

      Für das verhaltenstherapeutische Vorgehen in Psychotherapie und Beratung hat sich das 7-Phasen-Modell von Kanfer et al. (2012) bewährt (image Kap. 2):

      1. Eingangsphase: Schaffung günstiger Ausgangbedingungen,

      2. Aufbau von Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Veränderungsbereichen,

      3. Verhaltensanalyse und funktionales Bedingungsmodell,

      4. Vereinbarung therapeutischer Ziele,

      5. Planung, Auswahl und Durchführung spezieller Methoden,

      6. Evaluation therapeutischer Fortschritte,

      7. Endphase: Erfolgsoptimierung und Abschluss der Therapie.

      Kognitiv-behaviorale Methoden (Phase 5) liegen für so gut wie jedes Störungsbild und Problemlagen von Klienten vor. Übliche Methoden (image Kap. 7 und 9.1) sind u. a. Rollenspiele, verschieden operante Verfahren (z. B. Verstärkerpläne), Methoden der Selbstkontrolle, kognitive Verfahren (z. B. sokratische Gesprächsführung) und Methoden zur Steigerung der Sozialkompetenz. Während in der Verhaltenstherapie hauptsächlich störungsspezifische Interventionen (z. B. systematische Desensibilisierung, konfrontative Verfahren, traumafokussierte Methoden) mit dem Ziel der Heilung von psychischen Störungen zum Einsatz kommen und in die Hände von ausgebildeten Psychotherapeuten gehören, bedient sich die verhaltenstherapeutisch orientierte Beratung im Wesentlichen dem störungsübergreifenden Methodenrepertoire (z. B. Verhaltensanalyse, Selbstmanagement).

      Klientenzentrierte Beratung/Gesprächspsychotherapie

      Begründet wurde die Gesprächspsychotherapie von Carl Rogers (Rogers et al. 2009, Eckert et al. 2012), dem es vor allem darum ging, die direktive und hierarchische Beziehung zwischen dem »wissenden« Therapeuten und dem »defizitären« Klienten gänzlich anders zu gestalten. Zudem wollte Rogers weg vom psychoanalytischen Interpretieren hin zu einem offenen therapeutischen Dialog, in dem Klient wie Berater an einem gemeinsamen Prozess Teil haben. Ihren besonderen Einfluss hat die klientenzentrierte Beratung durch die drei grundlegenden Bedingungen des psychotherapeutischen Handelns gewonnen, die heute zu den wesentlichen Komponenten einer professionellen Beziehungsgestaltung gehören: Empathie, positive Wertschätzung und Kongruenz (image Kap. 3.2). In der Gesprächspsychotherapie liegt der Fokus ganz auf dem emotionalen Erleben des Ratsuchenden. Erklärungen und Deutungen der Psychotherapeutin/Beraterin sind nicht das Ziel klientenzentrierter Gesprächsführung.

      Störungsverständnis

      Die Persönlichkeitstheorie dieses humanistischen Ansatzes befasst sich mit dem Selbst eines jeden Menschen, das die wesentliche innere Struktur des Menschen darstellt. Es entwickelt sich in der Interaktion mit der Umwelt und verändert sich als Folge von Erfahrungs- und Reifungsprozessen. Jeder Mensch besitzt eine Tendenz zur Selbstaktualisierung, d. h., er strebt nach Integrität, Autonomie und Wertschätzung des eigenen Selbst. Neue Erfahrungen werden mit dem Selbstkonzept vereinbart oder ggf. verändert, erweitert oder flexibilisiert. Gelingt dies nicht, kommt es zu Prozessen der Verleugnung, Verzerrung und Verdrängung. Man spricht hier von der Inkongruenz zwischen dem Selbstkonzept und den organismischen Erfahrungen.

      Vorgehen in der Beratung