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Psychosoziale Beratung


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und Beziehungsperspektive. Basierend auf einer ausführlichen Diagnostik nutzt der Therapeut verschiedene zielführende Interventionen.

      Vorgehen in der Beratung

      Für die Psychotherapie ist eine auf die Konsistenztheorie aufbauende Fallkonzeption entworfen worden, anhand derer ersichtlich wird, wie Methoden aus verschiedenen Schulen eingesetzt werden können (Grawe 1999). Diese Fallkonzeption lässt sich auch für die Beratung nutzen:

      1. Bestimmung der wichtigsten Determinanten des psychischen Geschehens durch:

      a. Schemaanalyse,

      b. Problemanalyse und

      c. interpersonale Analyse.

      2. Um mögliche therapeutische Ansatzpunkte zu bestimmen, werden die sogenannten funktionalen Beziehungen zwischen den Attraktoren (Motivation, störungs-/problembezogenes, interpersonelles Geschehen) analysiert. Genutzt wird dazu

      a. die Inkonsistenzanalyse,

      b. die motivationale Problemanalyse,

      c. die Analyse der Probleminteraktionen und

      d. die interpersonale funktionale Analyse.

      3. Schließlich erfolgt die Therapieplanung mit konkreten Schlussfolgerungen und mit einem auf den Patienten zugeschnittenen Vorgehen.

      Transtheoretisches Modell nach James Prochaska und Carlo DiClemente

      Im Transtheoretischen Modell wird davon ausgegangen, dass Veränderungen am besten erreicht werden können, wenn der Berater/Therapeut sowohl den Zeitpunkt der Veränderung (Stadien) als auch die Wirkprinzipien, also wie eine Veränderung erzeugt wird (Prozessvariablen), vor Augen hat. Das Transtheoretische Modell unterscheidet sechs Stadien der Veränderung (vgl. Prochaska & DiClemente 2019), die (auch wiederholt) durchlaufen werden können: Precontemplation (Sorglosigkeit/Absichtslosigkeit), Contemplation (Bewusstwerden/Absichtsbildung), Preparation (Vorbereitung einer Handlung), Action (Handlung), Maintenance (Aufrechterhaltung) und Termination (Beendigung). Darüber hinaus werden zehn ›Wirkprinzipien‹ unterschieden: Consciousness Raising (Steigerung des Problembewusstseins), Self-Reevaluation (Selbstneubewertung), Self-Liberation (Selbstverpflichtung), Counterconditioning (Gegenkonditionierung), Stimulus Control (Kontrolle der Umwelt), Reinforcement Management (Selbst-Verstärkung), Helping Relationships (Nutzen hilfreicher Beziehungen), Dramatic Relief (emotionales Erleben), Enviromental Reevaluation (Neubewertung der persönlichen Umwelt) und Social Liberation (Wahrnehmen förderlicher Umweltbedingungen).

      In dieses Rahmenkonzept lassen sich die etablierten Interventionen nach Prochaska & Norcross (2010) einordnen und deren Einsatz prozesshaft steuern. Das Modell wird bereits in verschiedenen Bereichen genutzt, wie z. B. bei der sozialpädagogischen Arbeit mit Menschen im Zwangs- oder Pflichtkontext entsprechend den Veränderungsstadien (Klug & Zobrist 2016). In der Zukunft muss sich das Transtheoretische Modell für die Integration von psychotherapeutischen und beraterischen Konzepten allerdings noch weiter bewähren.

      Vorgehen in der Beratung

      Der Verlauf der Beratung ist entlang der Veränderungsstadien organisiert. Je nach Stadium und fokussierter Problemebene werden Techniken aus verschiedenen Verfahren angewandt. Im Verlauf der Beratung werden der Klientin dann kontinuierlich Rückmeldungen zu ihrer Entwicklung gegeben.

      Fallbeispiel: Transtheoretisches Modell

      Das Beispiel ist an einem Beratungsprozess angelehnt, welcher sich im Rahmen der Schulsozialarbeit an einem Gymnasium einer mittelgroßen Stadt abgespielt hat. Der vierzehnjährige Richard fällt mehreren Lehrenden immer wieder durch seine herablassende Art gegenüber Erwachsenen sowie durch unregelmäßige Leistungsverweigerung auf. Gespräche mit den Eltern und Richard wurden vom Vater mit dem Vermerk abgebrochen, dass die Schule ihren Job machen und seine Familie in Ruhe lassen solle. Schließlich willigte er aber in Gespräche zwischen Richard und dem Schulsozialarbeiter ein.

      Dem Transtheoretischen Modell folgend fanden sechs Beratungsgespräche statt. Analog zum Verhalten des Vaters befand sich Richard zunächst in den ersten beiden Phasen der Sorglosigkeit und der Bewusstwerdung. Dies wurde durch Aussagen ersichtlich wie »Ich weiß nicht, was ich hier soll (…) was wollen die (Lehrkörper) denn (…), so schaffe ich die Stufe nie.« Endsprechend wartete der Schulsozialarbeiter mit motivationaler Gesprächsführung auf und verbalisierte u. a. den anklingenden Missmut über Richards Rolle in der Klasse sowie dessen Beziehung zu den Lehrerinnen.

      Gegen Ende des zweiten Gespräches ließen sich Richards Aussagen entsprechend der Phase der Vorbereitung einordnen: »Ich muss gegenüber Frau X einfach mal auf die Zunge beißen und durchhalten, ist nur ein Nebenfach.« Eine kognitive Technik (automatische Gedanken identifizieren) wurde nun vom Berater angewandt: »Wenn Frau X dich so ansieht, welche Gedanken kommen dir zuerst (…), was fühlst Du (…), wie sähen alternative Gedanken aus?«

      Vor dem vierten Gespräch wurde ein Rückschritt auf vorherige Phasen ersichtlich, als Richard in der Pause zum Sozialarbeiter ging und vermerkte: »Frau X kann mich wirklich am Arsch. Ich sehe nicht ein, mich für so Eine zu verändern.« Beim Telefonat am Nachmittag konnte der Kollege nur die Mutter erreichen, welche ihren Sohn aber dazu anhalten konnte, den nächsten Gesprächstermin wahrzunehmen. Der Berater nutzte erneut motivationale Techniken. Im Anschluss wurde die aktuelle Auseinandersetzung mit Hilfe der »automatischen Gedanken« analysiert.

      In den Beratungsgesprächen fünf und sechs sind schließlich Methoden der Verhaltenstherapie und der Systemischen Beratung zur Anwendung gekommen. Verhaltensorientiertes Training zur Emotionsregulation bot sich als Übung zur Wahrnehmung aufkommender Wut und alternativer Verhaltensweisen (vornehmlich verbaler Art) an. Systemische Aufstellungsarbeit verdeutlichte Richard Wünsche und Ziele unterschiedlicher Protagonisten in seiner Klasse.

      Systematic Treatment Selection nach Larry Beutler

      Ein weiteres Konzept zur integrativen Behandlungsplanung ist das Konzept von Beutler et al. (2005). Sie haben jahrzehntelang Untersuchungen zur Passung zwischen Patienten (»Patientenvariablen«) und Beratungsmethoden durchgeführt. Die Passung ist dabei das zentrale Element des Konzepts, es folgt dabei einer ›technisch-integrativen‹ Herangehensweise und bezieht sich daher nicht auf einen neuen theoretischen Entwurf, auch wenn Beutel 1986 die ›Persuasion Theory‹ als ein auf der Basis von empirischen Beobachtungen entworfenes Rahmenkonzept vorgestellt hat.

      Vorgehen in der Beratung

      Für die Praxis der Psychotherapie wird eine strukturierte vierstufige Vorgehensweise zur Behandlungsplanung empfohlen, die sich auch für die Beratung nutzen lässt. Dabei wird die Wechselbeziehung zwischen Diagnostikprozess und Intervention betont:

      1. ausführliche Anamnese (Klientin, Problem, Umfeld),

      2. Auswahl des Settings,

      3. Aufbau einer stabilen, vertrauensvollen therapeutischen Beziehung,

      4. exakte Anpassung der Behandlung an den Klienten und seine Bedürfnisse anhand von vier Dimensionen:

      a. optimale Passung zwischen dem Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigung und der Behandlungsintensität,

      b. Auswahl von direktiveren bzw. weniger direktiven Techniken, die zu eher externalisierenden bzw. internalisierenden Bewältigungsmustern passen,

      c. auf der Basis der Evaluation des Widerstands des Klienten entscheidet sich die Beraterin für eine bestimmte Rollenausprägung: direktiv bei geringerem Widerstandsgrad vs. weniger kontrollierend und die Selbstverantwortung des Patienten fördernd bei höherem Widerstandsgrad,

      d. mit Blick auf den Leidensdruck des Klienten entscheidet die Beraterin zudem, ob sie unterstützend oder mehr konfrontativ auftritt.