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Psychosoziale Beratung


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des therapeutischen Handelns. Gespräche dienen der »Selbst«-Aktualisierung des Klienten in Richtung einer ›Fully Functioning Person‹. Die Beraterin begibt sich mit dem Klienten in einen offenen Suchprozess, um dessen Inkongruenz-Erlebnisse aufzuspüren. Dabei spricht sie den Klienten auch auf solche Gefühle und Wünsche an, die der Klient noch nicht äußern konnte. Indem sie sich in die Welt des Klienten einfühlt, versucht sie so gut wie möglich, die Bedeutungs- und Sinnzusammenhänge beim Klienten zu verstehen. Dem Klienten wird es dadurch möglich, Inkongruenzen im Selbst zu überwinden.

      Systemische Beratung

      Während mit der Psychoanalyse die Entstehung der Psychotherapie verbunden ist, die Verhaltenstherapie die meisten empirischen Befunde vorzuweisen hat, hat die Gesprächstherapie einen besonderen Beitrag in der Beziehungsgestaltung zwischen Klientin und Beraterin geleistet. Die systemische Beratung/Therapie zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Blick von der intrapsychischen auf die interaktionelle Perspektive erweitert hat. Gegenwärtige Konzepte Sozialer Arbeit sind eng mit den systemischen Ansätzen verbunden (Staub-Bernasconi 2007). Ähnlich wie bei den anderen Grundorientierungen hat sich der systemische Ansatz aus einer Reihe von Strömungen entwickelt, wobei von der wachstumsorientiert-humanistischen Familientherapie (z. B. Satir), den Konzepten des Mental Reserach Institut (z. B. Watzlawick), der strukturellen Familientherapie (z. B. Minuchin), der strategischen Familientherapie (z. B. Haley), der Mailänder Gruppe (z. B. Palazzoli), dem systemisch-konstruktivistischen Ansatz (z. B. Boscolo) und von der lösungsorientierten/hypno-systemischen Therapie (z. B. de Shazer) die wichtigsten Impulse ausgingen (von Schlippe & Schweitzer 2013).

      Störungsverständnis

      Störungen werden als Ausdruck von dysfunktionalen Beziehungen unter Systemteilnehmern verstanden. Nicht ein Einzelner, sondern das System und seine Kommunikation ›krankt‹. Das kann an der unterschiedlichen Wahrnehmung oder Definition von Beziehungsstrukturen liegen und/oder an mangelnder oder konflikthafter Interaktion. Der Problemdefinition des Systems selbst wird ein besonderer Stellenwert beigemessen. So ›entsteht‹ ein Problem erst dann, wenn es im System als solches kommuniziert wurde. Zunächst muss also mindestens eine Person ein Problem als solches wahrgenommen haben. Von Interesse ist auch, welche Funktion das Problem für das System möglicherweise hat. Z. B. kann die gemeinsame Sorge über das Störverhalten des Kindes die Eltern auf ihrer Paarebene (wieder) näherbringen.

      Vorgehen in der Beratung

      Ziel systemischer Beratung ist es, die sogenannte Homöostase oder das Fließgleichgewicht des Systems zu unterstützen. Die Beraterin hilft zunächst den Beteiligten (z. B. Paar, Familie) dabei, die ›Funktion‹ einer Störung im System zu erkennen. Dafür ist es hilfreich, dass alle Teilnehmer ihre Wirklichkeitskonstruktionen zum Problem einbringen können, die häufig schon auf bereits vorhandene Ressourcen und Lösungsmöglichkeiten im System verweisen. Durch die Erweiterung der Möglichkeiten und Handlungsspielräume der Klienten sollen problemaufrechterhaltende Prozesse durchbrochen werden.

      Systemische Interventionsstrategien basieren auf der theoretischen Erkenntnis, dass Systeme operational geschlossen und daher nicht von außen beeinflussbar sind und dass Entwicklungen einzelner Elemente immer Auswirkungen auf das ganze System haben. Klassische Interventionen sind z. B. (image Kap. 9.2):

      • Joining (Beziehungsgestaltung zwischen Berater und Klienten),

      • Reframing (Umdeutung oder Neubewertung des wahrgenommenen Problems, z. B. durch zirkuläre Fragetechniken),

      • Familienskulptur (Beziehungssysteme werden symbolisch dargestellt),

      • Familienanamnese (graphische Darstellung wichtiger Systeminformationen, z. B. durch Genogramm).

      1.3.3 Integrative Ansätze

      Obwohl die überwiegende Mehrheit der Praktiker wegen der Vielschichtigkeit der Probleme ihrer Klientel integrativ handelt (u. a. Orlinsky et al. 1999; Schindler & Schlippe 2006), sind Ansätze, die explizit als ›integrativ‹ entwickelt wurden, nicht so verbreitet und bekannt wie die zuvor beschriebenen Schulen. Integrativen Ansätzen ist der Versuch gemeinsam, die mit einer einseitigen Schulenorientierung verbundenen Einschränkungen in der Beratung und Psychotherapie zu überwinden, um den vielschichtigen Problemlagen der Klienten besser gerecht zu werden. Das Gros der Entwicklungen beinhaltet die Aufnahme von Modellen, Techniken oder Ideen, die außerhalb der eigenen Schule entwickelt wurden. Die oben beschriebenen Integrationswellen der Verhaltenstherapie sind ein passendes Beispiel dafür. Integrative Ansätze intendieren jedoch nicht nur eine eklektische Kombination von bereits entwickelten Interventionsstrategien, nach dem Motto ›viel hilft viel‹, sondern sie verstehen sich auch als eine Bewegung innerhalb der Psychotherapie/Beratung mit dem Ziel einer schulen- und methodenübergreifenden oder sogar schulenüberwindenden Psychotherapie/Beratung, welche die bestmögliche Intervention für den jeweiligen Klienten anstrebt. Aktivitäten, die mit diesem Ziel in Verbindung stehen, sind unterschiedlicher Natur. Sie nehmen oft ihren Ausgangspunkt bei der Beschreibung, wie Beraterinnen und Therapeutinnen vorhandene Ansätze in der Praxis bereits kombinieren, und münden in Forschungsaktivitäten, bei denen integrative Behandlungskonzepte einem wissenschaftlichen Diskurs unterzogen werden. Dieser Diskurs kann dazu beitragen, die Effektivität von Beratung und Psychotherapie zu steigern, allerdings nur dann, wenn der Integrationsversuch nicht wieder eine weitere Therapieschule ins Leben ruft (Thivissen 2014).

      Drei Konzepte integrativer Beratung und Psychotherapie

      Integrative Konzepte haben bisher verschiedene Wege eingeschlagen, um die Synergieeffekte verschiedener Schulen zu nutzen:

      • Adaptive Integration: Methoden werden bei der Integration an ein bestehendes Verfahren angepasst, wie es u. a. die Verhaltenstherapie praktiziert.

      • Technische Integration/technischer Eklektizismus: Strategien für die Auswahl von Methoden ohne Rücksicht auf deren Ursprungskonzept (z. B. die »Multimodaltherapie« von Lazarus 1986).

      • Orientierung an allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren: Unabhängig von spezifischen Schulen werden solche Faktoren identifiziert, die den Veränderungsprozess in Beratung und Therapie positiv beeinflussen. (z. B. das »Common Factor Model« von Weinberger 1995).

      • Theoretische Integration: Konzeptionen, die verschiedene Schulen (in Metatheorien) auch theoretisch zu verbinden suchen (z. B. die »Personenzentrierte Systemtheorie« von Kritz 2010).

      • Störungsorientierte Integration: Methoden werden hinsichtlich eines Krankheitsbildes/einer Problemstellung zu einem Verfahren zusammengetragen (z. B. die »Dialektisch-Behaviorale-Therapie« für Personen mit Borderlinestörung von Linehan 1996).

      Drei besonders gut ausgearbeitete Konzepte werden im Folgenden kurz skizziert. Das erste ist der theoretischen, die anderen beiden der technischen Integration zuzuordnen.

      Allgemeine Psychotherapie nach Klaus Grawe

      Grawe ist die Person, mit der im deutschsprachigen Raum integrative Psychotherapie am ehesten verbunden wird. Mitte der 1990er Jahre hat Grawe, aufbauend auf einer der umfangreichsten Metastudien zur Wirksamkeit von Psychotherapie, das Konzept der Allgemeinen Psychotherapie entworfen. Es wurde stetig weiterentwickelt und im Zuge dieser Entwicklung zunächst »Psychologische Therapie« (Grawe 1998) und dann »Neuropsychotherapie« (Grawe 2004) genannt. Das Konzept ist dabei als eine Art Leitbild zu verstehen, mit welchem Psychotherapie in Wissenschaft und Praxis umgesetzt werden sollte.

      Die verschiedenen Schulen werden dabei als sich ergänzend verstanden und mit einer Metatheorie in Beziehung gesetzt, die auch das Störungsverständnis ermöglicht. Sie wird Konsistenztheorie genannt und beschreibt die Entstehung von psychischen Störungen durch die Unvereinbarkeit von gleichzeitig aktivierten psychischen/neuronalen Prozessen (Lutz & Bittermann