Группа авторов

Psychosoziale Beratung


Скачать книгу

alt="image"/> image

      Weiterführende Literatur

      Heim, E. (2009). Die Welt der Psychotherapie. Entwicklungen und Persönlichkeiten. Stuttgart: Klett-Cotta.

      Hoff, T. (2015). Konzepte in der Beratung. In: Hoff, T. & Zwicker-Pelzer, R. (2015). Beratung und Beratungswissenschaft. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. 147–207.

      Norcross, J. C. & Goldfried, M. R. (2005). Handbook of Psychotherapy Integration. New York: Oxford Univ. Press.

      Senf, W. & Broda, M. (Hrsg.) (2020). Praxis der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch. 6., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme.

      Thivissen, J. (2014). Integrative Beratung und Psychotherapie. Woher sie kommt. Was sie will. Was sie kann. Tübingen: dgvt.

      Dieter Wälte

      Je ausgeprägter die Problemkonstellationen bei einzelnen Klienten, Paaren oder Familien in den verschiedenen Settings psychosozialer Beratung, wie z. B. Jugendamt, Erziehungsberatungsstelle oder Klinik sind, desto dringender stellt sich für die Fachkraft die Frage, mit welchen Interventionen eine möglichst schnelle Hilfe herbeigeführt werden kann: Welche Intervention ist bei welchem Klienten mit welchen Problemen wann am besten geeignet? Mit dieser differentiellen (Indikations-)Frage ist psychosoziale Beratung zwar täglich beschäftigt, die jeweiligen spezifischen bio-psycho-sozialen Fallkonstellationen erlauben jedoch kaum ein manualisiertes Vorgehen wie bei der Umsetzung von Kochbuchrezepten. Während man sich beim Kochen nach Rezept einigermaßen sicher sein kann, dass bei Beachtung der Zutaten und Gebrauchsanweisungen das gewünschte Gericht herauskommt, ist die Prognose bei schwierigen Fallkonstellationen in der psychosozialen Beratung nur mit erheblichen Unsicherheiten möglich. Diese Situation vermag bei komplexen Fällen nicht nur den Anfänger in der psychosozialen Beratung unter Druck zu setzen, sondern auch der in der psychosozialen Beratung Erfahrene kommt nicht selten an die Grenzen seiner Profession und schürt damit die Angst, dass »beim Fall etwas anbrennen könnte«. In dieser Situation können die Ergebnisse der Psychotherapieforschung weiterhelfen, da sie nach dem Überschneidungsmodell (image Kap. 1.2) im Wesentlichen auch auf den Bereich der psychosozialen Beratung übertragen werden können.

      1.4.1 Ergebnisse der Psychotherapieforschung

      Angetrieben durch den Leidensdruck der Klienten bemühen sich Psychotherapieforscher schon seit Jahrzenten um die Beantwortung der Frage, durch welche Faktoren eine positive Wirkung bei möglichst gleichzeitigem Ausschluss von unerwünschten Nebenwirkungen auf die Probleme und Störungen von Klienten erzielt werden kann. Allerdings hat sich die Hoffnung auf eine einfache Klärung der differentiellen Indikationsfrage bald zerschlagen und dabei die Wissenschaftler in zwei Lager gespalten, obwohl kein Zweifel mehr darin besteht, dass Psychotherapie und Beratung deutliche positive Effekte erzielen und damit Eysencks (1952) aufgestellte provokative These nach der Wirkungsgleichheit von Psychotherapie und spontanen Heilungsprozessen eindeutig widerlegt wurde (vgl. Lambert 2013). Die eine Gruppe lässt sich von der Spezifitätsannahme leiten, welche besagt, dass bestimmte Psychotherapietechniken bei den einzelnen Störungen eine besondere Wirksamkeit entfalten und daher störungsbezogene Therapierichtlinien gerechtfertigt sind. Nahrung hat das Spezifitätsmodell zum einen durch den Befund erhalten, dass z. B. Exposition (mit Reaktionsverhinderung) bei Phobien, Panikstörungen und Zwangsstörungen zu schnelleren und besseren Therapieerfolgen geführt hat als andere Psychotherapietechniken (vgl. DeRubeis et al. 2005), und zum anderen durch die Beobachtung, dass submissive (unterwürfig) Patienten besser von strukturiertem und autonome Patienten besser von non-direktivem Vorgehen profitieren (vgl. Beutler et al. 2004). Demgegenüber argumentieren Vertreter des allgemeinen Wirkfaktorenmodells, dass bisher nur geringe Wirksamkeitsunterschiede zwischen den Psychotherapieschulen oder einzelnen Techniken gefunden wurden. Die Wirkung von Psychotherapie wird nach diesem Modell hauptsächlich auf therapeutische Faktoren zurückgeführt, die implizit in allen Psychotherapieverfahren enthalten sind und nicht bloß einer Therapietechnik oder einer Therapieschule eigen sind (vgl. Luborsky et al. 1975).

      Nach der Übersicht zu den empirischen Befunden von Lambert (2013) erklären diese Faktoren (›common factors‹) grob geschätzt immerhin 30 % in der Summe aller Therapiefaktoren auf, hinter denen sich hauptsächlich die therapeutische Beziehung verbirgt (image Abb. 1.4). Demgegenüber entfalten Techniken (›techniques‹) lediglich 15 % der Varianz von Therapieeffekten, ebenfalls 15 % entfallen auf den Faktor ›Hoffnung‹ (›expectancy‹), also darauf, ob der Klient daran glaubt, dass seine Beratung/Therapie auch erfolgreich verlaufen wird. Am meisten Einfluss auf den Verlauf und das Ergebnis einer Psychotherapie haben jedoch Klienten- und Umgebungsfaktoren (z. B. Bereitschaft zur Veränderung und Mitarbeit) bzw. seine bisherigen Lebensereignisse (›client‹/›life‹). Genau dieser Befund spiegelt die alltägliche Situation in der Praxis der psychosozialen Beratung mit Klienten wider, die durch ihre Biographie (kritische Lebensergebnisse) und soziale Situation (z. B. Armut) unverschuldet in extreme Notlagen geraten sind und denen durch die einseitige Konzentration auf spezifische Beratungstechniken nur unzureichend geholfen werden kann. Schubert (2014a) fordert deshalb in diesem Zusammenhang ein erweitertes transaktionales Verständnis von Beratung, das den Klienten in seinen komplexen kulturellen und gesellschaftlichen Einbindungen begreift und ihn bei seiner Lebensgestaltung im Kontext gesellschaftlicher Problemlagen unterstützt, statt ihn vorschnell zu pathologisieren. Die Einbeziehung der Lebenswelt des Klienten mit seinen ökonomischen und ökologischen Beziehungen gehört zum genuinen Auftrag psychosozialer Beratung und setzt mit der Betonung der sozialen Komponente einen anderen Schwerpunkt als eine Richtlinienpsychotherapie, die stärker intrapsychische Aspekte beim Klienten fokussiert.

      Die Polarisierung der Psychotherapieforschung durch den Kampf um den Beweis des Spezifitätsmodells oder des allmeinen Wirkfaktorenmodell hat bisweilen den Blick dafür verstellt, dass es in der Praxis eine Interaktion zwischen den allgemeinen Wirkfaktoren und den spezifischen Techniken gibt, die nach dem ›Generic Model of Psychotherapy‹ (Orlinsky et al. 2004) lediglich verschiedene Ebenen des gesamten Beratungs- und Therapieprozesses beleuchten (vgl. Pfammatter et al. 2012). Die Interaktion zwischen den allgemeinen Wirkfaktoren und den Techniken lässt sich so darstellen, dass die allgemeinen Wirkfaktoren über spezifische Techniken realisiert werden und eine Technik nicht aus dem Kontext allgemeiner Wirkfaktoren herausgelöst werden kann. Bildlich gesprochen könnte man auch sagen, dass die allgemeinen Wirkfaktoren das »Feuer der Psychotherapie« ausmachen und die Techniken den »Brennstoff für die Psychotherapie« liefern. So kann z. B. der allgemeine Wirkfaktor ›Problemklärung‹ etwa durch verhaltenstherapeutische

Images

      Techniken der kognitiven Umstrukturierung oder durch die gesprächspsychotherapeutische Technik der Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte realisiert werden, jedoch wird der Klient sich nur ungern auf spezifische Techniken einlassen, wenn vorher nicht der allgemeine Wirkfaktor der therapeutischen Beziehung zur Entfaltung gekommen ist. Weiter lässt sich z. B. der allgemeine Wirkfaktor ›Problemaktualisierung‹ (unmittelbare Erfahrung der Probleme, die verändert werden sollen) etwa durch die verhaltenstherapeutische Technik der Exposition oder durch die Technik des Fokussierens (Gesprächstherapie) umsetzen, aber nur dann, wenn vorher die Basis für eine hilfreiche therapeutische Arbeitsbeziehung geschaffen wurde. Bei diesen beiden Beispielen wird auch deutlich, dass unterschiedliche Techniken verschiedener Therapieschulen äquifinal zur Optimierung eines allgemeinen Wirkfaktors beitragen können. Jedoch vermögen verschiedene allgemeine Wirkfaktoren auch die Grundlage dafür zu schaffen,