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Psychosoziale Beratung


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Beziehung die Bereitschaft des Klienten für eine Traumaexposition erhöhen, sondern auch die Ressourcenorientierung, durch die der Klient sehen kann, was er schon alles kann oder bereits erreicht hat.

      Die Ausrichtung psychosozialer Beratung an allgemeinen Wirkfaktoren ermöglicht über die Äquifinalität unterschiedlicher Techniken sowohl eine konzeptionelle Begründung psychosozialer Beratungsstrategien als auch eine flexible Anpassung an die jeweiligen besonderen Bedürfnisse des Klienten. Weil allgemeine Faktoren einen hohen Anteil am Veränderungsprozess in der psychosozialen Beratung haben, können diese hier auch die Funktion von Meilensteinen im Zielerreichungsprozess übernehmen. Doch welche allgemeinen Wirkfaktoren sind die wichtigsten für die Beratung und Psychotherapie?

      Negative Effekte

      Auch wenn die bisherige Forschung keine Zweifel an der Wirksamkeit von Psychotherapie und Beratung aufkommen lässt, ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Klienten sich im Verlauf des Beratungsprozesses auch verschlechtern können. Die Studienlage über negative Effekte in der Psychotherapie ist zurzeit noch unterbelichtet, Lambert (2013) schätzt jedoch den Anteil von Klienten, die sich im Verlauf der Psychotherapie verschlechtern, mit immerhin ca. 8 % ein. Auch der Anteil der Klienten/Patienten von fast 57 %, die keine Veränderung erfahren, erscheint auf den ersten Blick zunächst einmal ernüchternd. In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder, dass die Verhinderung der Verschlechterung durch Psychotherapie bei bestimmten Patientengruppen als Erfolg gewertet werden kann. Eine ähnliche Situation finden Beraterinnen und Berater in ihren Tätigkeitsfeldern (z. B. Drogenberatung, Bewährungshilfe, betreutes Wohnen) vor, die oft nicht mehr erreichen können als ihre Klientel vor einer weiteren Verschlechterung ihrer Situation zu bewahren.

      1.4.2 Wirkfaktoren in der psychosozialen Beratung

      Seit der ersten Konzeption von Rosenzweig (1936) sind eine Reihe weiterer sich zum Teil überschneidender Taxonomien entwickelt worden. Wälte (2019) hat deshalb die wichtigsten allgemeinen Wirkfaktoren zusammengetragen und in ein drei-dimensionales Rahmenmodell für die psychosoziale Beratung eingefügt, in das auch die empirisch fundierten allgemeinen Wirkfaktoren von Grawe et al. (1994) sowie Aspekte des 7-Stufen-Modells von Kanfer et al. (2012) eingeflossen sind (image Abb. 1.5). Während die erste Dimension Beratung danach unterscheidet, ob sie präventive, akut intervenierende oder rehabilitative Funktionen erfüllt, erfasst die zweite Dimension die Adressaten, also z. B. den einzelnen Klienten, das Paar oder die ganze Familie. Die dritte Dimension bezieht sich auf eine Zusammenstellung von sieben allgemeinen Wirkfaktoren, die im Folgenden näher dargestellt werden. Es muss an diese Stelle jedoch auch betont werden, dass psychosoziale Beratung zur Optimierung der allgemeinen Wirkfaktoren alle Bereiche des Kompetenzmodells von Zwicker-Pelzer (2010) benötigt.

      1. Die Gestaltung einer professionellen Beziehung: Zu den wichtigsten Elementen einer effektiven psychosozialen Beratung gehören der Aufbau und die Gestaltung einer professionellen Arbeitsbeziehung zwischen Berater und Klient über den gesamten Verlauf des Beratungsprozesses. Die meisten bisher in der Psychotherapieforschung entwickelten Taxonomien betonen die Wichtigkeit einer vertrauensvollen Therapiebeziehung (z. B. Frank 1971, Garfield 1995, Orlinsky & Howard 1987, Omer & London 1989, Grencavage & Norcross 1990, Weinberger 1995, Miller et al. 2000, Luborsky 2003, Lambert 2013). Nach dem

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      7-Phasen-Modell von Kanfer et al. (2012) ist die ›Bildung einer kooperativen Arbeitsbeziehung‹ einer der Schlüsselvariablen für die Eingangsphase jeder Therapie und zielt auf die Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen für die weiteren sechs Therapiephasen ab. Dafür muss der Berater/die Beraterin eine Begegnungshaltung einnehmen, die auf der Basis von Präsenz (Gegenwärtigkeit) und Kongruenz (Authentizität und Transparenz) bedingungslose positive Wertschätzung und Empathie realisiert. Diese Haltung, die nicht unabhängig von der Persönlichkeit des Therapeuten/Beraters gesehen werden kann, ist der Nährboden dafür, dass sich die anderen Wirkfaktoren in der Interaktion mit den eingesetzten Techniken entfalten können.

      2. Analyse und Klärung der Probleme: Mindestens zu Beginn der Beratung steht eine sorgfältige Exploration der Probleme des Adressaten unter Berücksichtigung seiner Verhaltensweisen, Gefühle und Interaktionen in der sozialen Umgebung im Mittelpunkt. In dem Modell von Kanfer et al. (2012) wird dieser allgemeine Wirkfaktor durch die situative (Mikro-Ebene) und kontextuelle (Makro-Ebene) Verhaltensanalyse realisiert, die in ein funktionales Bedingungsmodell einmünden. Mit der Klärung und Analyse der Probleme wird das Ziel verfolgt, dass der Klient seine vergangene oder aktuelle Situation besser versteht und sich über sich selber klarer wird, damit er sich im Verlauf der psychosozialen Beratung besser annehmen kann. Einzubeziehen sind dabei auch die subjektiven Krankheitskonzepte des Klienten, die unter Umständen von den Erklärungskonzepten des Beraters abweichen können. Die Analyse und Klärung der Probleme ist eine wichtige Voraussetzung für die Analyse und Vereinbarung der Beratungsziele und der darauf bezogenen Interventionen. Im Laufe des Klärungsprozesses wird der Klient immer mehr zum Verständnis seiner Problemsituation angeregt, das nach dem ›Common Component Model‹ von Frank (1971) in ein plausibles Erklärungsschema einmünden kann und damit auf mögliche Lösungswege verweist. Die Entwicklung eines Erklärungsmodells weckt darüber hinaus Vertrauen in die Kompetenz des Therapeuten und regt den Patienten an, sich mit seinen Problemlagen intensiv zu befassen. In der Taxonomie von Grawe (1995) findet sich ein ähnlicher Wirkfaktor, der als ›motivationale Klärung‹ bzw. ›Intentionsveränderung‹ bezeichnet wird, und damit solche Therapieprozesse umschreibt, die den Patienten dabei unterstützen, dass er die Bedeutung seines Erlebens und Verhaltens vor dem Hintergrund seiner bewussten und unbewussten Ziele und Werte besser versteht.

      3. Analyse und Vereinbarung von Beratungszielen: Die gemeinsame Analyse von Beratungszielen bildet in dem 7-Phasen-Modell von Kanfer et al. (2012) die 4. Phase ab. Sie dient der Klärung der Therapieziele und soll in einen Konsens zwischen Beraterin und Klientin über die möglichen Zielperspektiven einfließen. Dafür deckt der Berater zunächst mögliche Differenzen zwischen Klient und ihm auf und bringt Klarheit darüber, welche kurz- und langfristigen Ziele der Klient mit seiner Unterstützung erreichen möchte. Insbesondere in Beratungssettings, bei denen ein Paar oder die ganze Familie teilnehmen, sind die Ziele auf die einzelnen Personen abzustimmen. Eine genaue Zielanalyse ermöglicht auch das Setzen von Prioritäten in der Beratung und schafft damit für beide Seiten einen transparenten Behandlungsfokus. Allerdings muss bedacht werden, dass die am Anfang erarbeiteten Zielvorstellungen sich im Laufe des Beratungsprozesses ändern können. Hier ist aber Vorsicht geboten, damit der Beratungsprozess nicht von einem Ziel zum anderen oszilliert und dann keines der Ziele erreicht wird. Insofern begleitet die Zielanalyse und Zielvereinbarung ähnlich wie die Problemanalyse den gesamten Beratungsprozess. Insbesondere die vom Klienten selbst erarbeiteten Ziele haben eine stärkere Auswirkung auf die Motivation als solche, die vom Berater festgelegt werden oder sogar von außen delegiert werden. Darüber hinaus haben sich solche Ziele bewährt, die konkret, spezifisch und verhaltensnah festgelegt werden (vgl. Miller et al. 2000).

      4. Motivation zur Veränderung: Nach dem Modell von Kanfer et al. (2012) knüpft der Aufbau von ›Veränderungsmotivation‹ direkt an die Eingangsphase an und dient der Reduktion einer möglicherweise vorhandenen Resignation des Klienten über seine Problemsituation durch Einsatz spezieller Motivierungsstrategien, die in eine vorläufige Auswahl der Problembereiche müden kann. Nach Miller & Rollnick (2015) wird die Motivation zur Veränderung der Problemlagen von den Komponenten Absicht (Wichtigkeit einer Veränderung), Fähigkeit (Zuversicht für eine Veränderung) und Bereitschaft (Priorität) beeinflusst. Um den Veränderungsprozess in der Beratung in Gang zu bringen, ist deshalb häufig eine motivierende Gesprächsführung angezeigt. Sowohl ungünstige soziale Ausgangsbedingungen als auch die Eigendynamik des Problems können dabei potentielle Hindernisse für die Umsetzung von Veränderungen beim Klienten sein. Freiwilligkeit zum Beratungskontrakt und die erlebte