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Psychosoziale Beratung


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allerdings hat die Mediation eine klare (eingeschränkte) Zielsetzung: »Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben« (§ 1 Abs. 1 Mediationsgesetz [MediationsG] in der Fassung vom 21.07.2012).

      Schließlich kann das Verhältnis zwischen Beratung und Supervision (›Beratung der Berater‹) insofern mit dem Ablegermodell erfasst werden, dass Supervision als Beratung von Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen aufgefasst werden kann, um diese bei Fragen und Problemen in ihrem Berufsalltag zu unterstützen. Die Unterstützung kann sich dabei auf fachliche Fragen zum Klientel der Supervisanden beziehen (z. B. Supervision einer Gruppe von Schulsozialarbeitern zum Umgang mit gewaltbereiten Jugendlichen), jedoch auch auf die Optimierung der Interaktion zwischen den Supervisanden (z. B. Supervision von Sozialarbeitern in einer Klinik zur Optimierung ihrer eigenen Interaktionen). Abbildung 1.3 fasst die Beziehungen zu den Begriffen kurz zusammen (image Abb. 1.3).

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      Weiterführende Literatur

      Nestmann, F. (2002). Verhältnis von Beratung und Therapie. Psychotherapie im Dialog, 3 (4), 402–409.

      Zwicker-Pelzer, R. (2010). Beratung in der sozialen Arbeit. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

      Sickendiek, U, Engel, F. & Nestmann, F. (2008). Beratung. Eine Einführung in sozialpädagogische und psychosoziale Beratungsansätze. Weinheim: Juventa.

      1.3 Schulenspezifische Beratungsmodelle und deren Integration

      Jan G. Thivissen † & Dieter Wälte

      1.3.1 Einleitung

      Obgleich in der Literatur zur psychosozialen Beratung die Ableitung von Beratungskonzepten bzw. -modellen aus den psychotherapeutischen Konzepten kritisch diskutiert wird, orientiert sich die Beratungspraxis nach wie vor sehr stark an den wichtigsten schulenspezifischen Konzepten der Psychologie und Psychotherapie (Nestmann 2013, Klemenz 2014, Hoff & Zwicker-Pelzer 2015). Da andere Bezugswissenschaften wie Erziehungswissenschaften, Soziologie, Philosophie, Theologie, Neurologie, Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Medizin psychosoziale Beratungskonzepte zwar bereichert haben, diese jedoch nicht so stark beeinflusst haben wie die Psychotherapieschulen, sollen im Folgenden die verschiedenen schulenspezifischen Modelle der Psychotherapie vorgestellt sowie deren mögliche Integration beschrieben werden.

      Hintergrund: Seitdem es die Psychotherapie als wissenschaftlich fundiertes Angebot zur Heilbehandlung gibt, flammen immer wieder Auseinandersetzungen darüber auf, welche Form von Psychotherapie für die Patienten die bessere sei. Differenzen erlebte bereits Sigmund Freud mit seinen Schülern über psychopathologische Konzepte und Methoden sowie über die Ideen, wie die Psyche am besten zu heilen sei. Da sich Freud und seine Schüler nicht einig wurden, entwickelte z. B. Carl Gustav Jung sein eigenes Therapiemodell. Konkurrenz von außen erhielt die Psychoanalyse dann von einer neuen Denkrichtung, dem behavioristischen Ansatz. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kamen immer mehr Modelle und Ansätze hinzu, die sich mal nur marginal von anderen unterschieden und mal gänzlich anders waren. Diese Vervielfältigung nimmt bis heute ihren Lauf. Weil sich die Vertreter der einzelnen Konzepte zu gerne voneinander abgrenzen, sind die ideologischen Gräben zwischen ihnen bisweilen tief. Seit Jahrzehnten spricht man daher von Grabenkämpfen oder, im Englischen, von »turf war«. Die Integration dieser Ansätze und die damit verbundene Überwindung der Gräben ist indes mit Blick auf Klienten und Patienten ein lohnenswertes und unabdingbares Bestreben.

      1.3.2 Überblick

      Mit »Schulen« sind die verschiedenen psychotherapeutischen Ansätze gemeint. Allgemein bekannt sind vor allem Psychoanalyse und Verhaltenstherapie. Jedoch ist die Anzahl der Konzepte weitaus größer, Herink (1980) identifizierte bereits eine Anzahl von mehr als 250 verschiedenen Ansätzen, die sich aus der Perspektive von Garfield (1982) allerdings um die Hälfte reduzieren lassen. In aller Regel lassen sich diese jedoch einer von fünf Grundrichtungen zuordnen und mit folgenden Adjektiven umschreiben:

      • Psychodynamisch,

      • Verhaltenstherapeutisch,

      • humanistisch-existentialistisch,

      • systemisch,

      • körperorientiert.

      Schon diese Aufteilung und die Zuordnung verschiedener Ansätze zu diesen Grundrichtungen sorgen für wissenschaftstheoretische Auseinandersetzungen. Dennoch wird im Folgenden eine Auswahl von vier Konzepten (aus den fünf Grundrichtungen) vorgenommen, die in der psychosozialen Beratung eine große Verbreitung gefunden haben. Die Beschreibung dieser vier Ansätze wird bewusst kurzgehalten, um den Leserinnen und Lesern einen ersten groben Überblick zu geben. Für weitergehende Literatur sei an dieser Stelle auf entsprechende Lehrbücher verwiesen, wie z. B. auf das Buch »Praxis der Psychotherapie« von Senf & Broda (2020).

      Psychodynamische/-analytische Beratung

      Entsprechend den zuvor beschriebenen Entwicklungen ist es nicht möglich, von ›der‹ psychodynamischen Beratung/Psychotherapie zu sprechen, da sich viele verschiedene Entwicklungsstränge innerhalb dieser Schule aufgetan haben. Ihre Wurzeln liegen jedoch in der Psychoanalyse von Sigmund Freud und ihren Weiterentwicklungen. Nach Freud lassen sich psychische Störungen aus den in der Lebensgeschichte entstandenen unbewussten Konflikten erklären (Mertens 2020). Diese entfalten sich im Wechselspiel, also der Psychodynamik der Persönlichkeit, von drei psychischen Systemen, dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Das Es liefert die gesamte Energie für das psychische Geschehen, das durch zwei Triebe gesteuert wird, dem Eros (Lebenstrieb) und dem Thanatos (Todestrieb). Entsprechend dem Lustprinzip sucht das Es nach unmittelbarer Befriedigung der Triebe (z. B. Sexualtrieb, Hunger). Im Laufe der kindlichen Entwicklung entstehen aus dem Es das Ich und das Über-Ich. Während das Ich diejenige psychische Instanz beschreibt, die durch selbstkritisches Denken nach einer Vermittlung zwischen dem Es und dem Über-Ich strebt, umfasst das Über-Ich denjenigen Teil der psychischen Struktur, der sich aus den verinnerlichten Normen und Wertvorstellungen der Umgebung (»Gewissen«) entwickelt hat.

      Störungsverständnis

      Psychische Störungen entstehen aus unbewussten intrapsychischen Konflikten zwischen dem Es und dem Über-Ich, die von dem Ich als vermittelnde Instanz nicht aufgelöst werden können. Der Arbeitskreis der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD) unterscheidet acht Grundkonflikttypen, die auf den folgenden Extrempolen eingeordnet werden können. Dabei lassen sich die Pole durch einen passiven (Resignation) oder aktiven (Abwehr) Verarbeitungsmodus unterscheiden:

      1. Abhängigkeit vs. Individuation: Personen können sich in Beziehungen zu anderen Menschen durch eine passive Haltung in eine (extreme) Abhängigkeit begeben oder in einem aktiven Modus Bindungswünsche (vollständig) unterdrücken, um emotional unabhängig zu sein.

      2. Unterwerfung vs. Kontrolle: In dem einen Extrem unterwirft sich die Person passiv ihrem Schicksal und zeigt Unterwerfung und Gehorsam, während im anderen Extrem aktive Kontrolle und Auflehnung im Mittelpunkt stehen.

      3. Versorgung vs. Autarkie: In dem Extrem der Versorgung wirkt die Person aufgrund von Geborgenheitswünschen anklammernd und passiv, während in dem Extrem der Autarkie alle Versorgungswünsche