Frederik Weinert

Hexendoktor, Sniper oder Sexgöttin


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sogar verbildlicht als Schutzschild im Unternehmenslogo. Das Unternehmen Haribo setzte über Jahrzehnte Spaßvögel wie Thomas Gottschalk und Michael „Bully“ Herbig als Testimonials ein. Wettanbieter wie Tipico zeigen in ihren Spots die Spieler als Krieger und Helden. Der Fußballer Thomas Müller ist der alltägliche Durchschnittstyp, der Marken wie Barilla und Müller-(milch) glaubwürdig bewirbt.

      Erinnern Sie sich noch an die „Dr.-Best“-Werbung aus dem Jahr 1993?16 Ein älterer Herr mit grau meliertem Haar präsentiert uns im Laborkittel eine neuartige Zahnbürste mit Schwingkopf. Dieser Schwingkopf verletzt das Zahnfleisch nicht, was der (so-)genannte Experte beweist, indem er mit dem beweglichen Zahnbürstenkopf gegen eine Tomate drückt, die das Zahnfleisch repräsentieren soll. „Die klügere Zahnbürste gibt nach“, lautet der Slogan passenderweise, denn in diesem Werbespot wird ganz klar auf den Archetyp des Weisen angespielt. Dieser Archetyp „liefert eine gute Identität für Marken, die Kompetenz und Know-how an ihre Kunden weitergeben“17. Der Weise wird deshalb oft als alter Mann dargestellt, der seinen Verstand nutzt, um die Welt zu verstehen und uns zu erklären.

       Image und Anziehungskraft der Influencer nutzen

      Jede starke Marke strahlt eine passende Kombination von Archetypen aus. Das gilt im Besonderen für Influencer, die in den Sozialen Medien Tag für Tag ihr Image schärfen. Diese Form der medialen Inszenierung löst bei den Fans „eine spezifische un- oder teilbewusste Faszination aus“18. Je größer die Faszination ist, desto charismatischer ist der Influencer als Marke. Diese Form der Unnahbarkeit ist enorm wichtig, um als Influencer Erfolg zu haben. Allerdings gilt zusätzlich diese Faustregel:

      „Starke Marken müssen eigensinnig sein und sich gleichzeitig dem Kunden [respektive Fan, Anm. d. Autors] hingeben, offen für ihn sein, ihn an sich binden, ohne sich jedoch bei ihm anzubiedern, ihm hinterherzulaufen […].“19

      Diese Regel hat nun zwei in der Praxis nutzbare Schlussfolgerungen:

      [1]Unternehmen profitieren von der Offenheit der Influencer gegenüber ihrer Community. Influencer-Marketing erhöht also deutlich die Kundenbindung, weil Influencer als hingebungsvolle Markenbotschafter zu verstehen sind.

      [2]Die Zusammenarbeit mit einem hochwertigen Influencer wirkt sich sowohl auf die Corporate Behavior als auch auf die Corporate Culture des Unternehmens aus – im besten Fall positiv! Beide Begriffe beschreiben sowohl das externe Kommunikationsverhalten als auch die Wertvorstellungen20, die das Unternehmen aufgrund der Zusammenarbeit mit einem Influencer nach außen trägt. Da der Influencer, wie bereits unter [1] ausgeführt, als Markenbotschafter eingesetzt wird, kommt es zu einem Imagetransfer.

      Definition | Image vs. Flash Image

      Image ist „das spontane, intuitive Bild“21 eines Unternehmens und digitalen Influencers. Gerade bei Influencern ähnelt das Image einem affektiven Vorstellungsbild, das für die Fans eine Art „Kompass“22 darstellt. Es gilt: „Leitvorstellungen wie Image und Reputation haben die Tendenz zu pauschalisieren und stereotypisieren.“23 Die Sozialen Medien sind Fastfood für die Sinne: Die Inhalte sind bunt, schrill und schnelllebig. Genau deshalb nehmen sich die Fans und Follower kaum Zeit, das Image eines Influencers argumentativ zu begründen. Dieses Low Involvement appelliert vorrangig an die Gefühle der Fans, um ausschließlich positive Sinneseindrücke zu vermitteln.24 Diese besonders rasche und unvermittelte Imagebildung in den Sozialen Medien wird deshalb als Flash Image erkannt und an dieser Stelle entsprechend terminologisiert. Das Flash Image entsteht blitzartig, bleibt jedoch lange im Gedächtnis. Das hat Vorteile, birgt allerdings auch Risiken – auch für Unternehmen, die sich auf windige Influencer einlassen!

       Wie Ihnen dieses Buch hilft

      Als Unternehmenspraktiker wissen Sie nun, dass es, um es salopp zu sagen, gute und schlechte Influencer gibt. Sie möchten natürlich mit großartigen Influencern zusammenarbeiten, die Ihrer bisherigen Corporate Identity guttun und diese im besten Fall durch gezielten Imagetransfer sogar verbessern!

      Neben dieser Imagebildung geht es selbstverständlich auch um wirtschaftliche Faktoren. Sie investieren in das Influencer-Marketing, um langfristig den Absatz zu erhöhen bzw. Ihre Kundenbasis zu erweitern. Sie wissen nun, dass sich Menschen zu bestimmten Archetypen hingezogen fühlen, also auch zu Influencern, die in gewisser Weise ‚magische‘ archetypische Züge haben – den Starappeal.

      Nun ist es ja auch bei unseren Film- und Kinostars so, dass nicht jeder Star dem anderen gleicht. Wir wissen zwar, dass es Helden, Rebellen, Spaßvögel, Sexbomben und Schönlinge gibt, doch diese Einordnung ist recht oberflächlich und eher intuitiv.

      Auch Influencer lassen sich in Kategorien einordnen, allerdings ist es aus marketingpraktischer Sicht wichtig, die Typologie wissenschaftlich und empirisch zu begründen; und vor allem ausführlich zu konkretisieren.

      Die in diesem Buch gewählten Metaphern lassen sich mit bestimmten Verhaltensweisen von Influencern sehr gut assoziieren. Sie besitzen eine prägende Wirkung und bleiben im Kopf des Lesers verankert.

      Als Unternehmenspraktiker erkennen Sie die Influencer, mit denen Sie beruflich zu tun haben, nun sofort. Und Influencer erkennen sich selbst, was helfen kann, das eigene Image und die eigene Marke in den Sozialen Medien zu schärfen.

      Grundsätzlich merkt sich der Leser einprägsame Bilder mit bekannten Motiven besser als zu lange und komplizierte Erklärungen. Auf der folgenden Seite erhalten Sie einen Überblick über die Influencertypen, die Sie in diesem Buch kennenlernen werden.

      Wichtiges zu den Influencertypen!

      Ganz bewusst unterscheidet der Autor zwischen männlichen und weiblichen Influencern, weil das Geschlecht bei der medialen Selbstinszenierung eine wichtige Rolle spielt.

      Die fünf männlichen Influencertypen sind:

      imageSniper

      imageAlien

      imageGuru

      imageClown

      imageHexendoktor

      Die fünf weiblichen Influencertypen sind:

      imageSexgöttin

      imageReisebloggerin

      imageTattoogirl

      imageSchamanin

      imageMamabloggerin

      Die durchaus provokanten Bezeichnungen sind so gewollt. Sie besitzen eine prägende Wirkung und bleiben in den Köpfen der Leser fest verankert. Mit der Darstellung der verschiedenen Influencertypen beabsichtigt der Autor keineswegs, manche Influencer als besser oder schlechter darzustellen.

      Der Influencertyp Clown ist nicht per se eine nicht ernst zu nehmende Witzfigur, sondern in den meisten Fällen ein raffinierter sowie humorvoller Selbstdarsteller. Die Sexgöttin spielt zwar mit ihren körperlichen Reizen, teilweise auch sehr offensiv, kann aber durchaus ein kluges Köpfchen