Frederik Weinert

Hexendoktor, Sniper oder Sexgöttin


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Reisesender „Sonnenklar.TV“ beendet den Vertrag mit den Geissens.

      Das Beispiel Carmen Geiss zeigt die Sogwirkung eines Shitstorms, und es macht deutlich, dass Imagetransfer nicht immer einen nützlichen Effekt hat. Deshalb ist es für Sie als Unternehmenspraktiker wichtig, die Stärken und Schwächen Ihres möglichen Kooperationspartners ganz genau zu kennen. Relevant ist der Content des Influencers, den Sie in den Sozialen Medien finden: Storys und Bilder auf Instagram, Videos und Vlogs auf YouTube sowie alle Inhalte auf Facebook und Snapchat etc. Interessant sind ebenso Interviews in der Presse und die Art und Weise, wie der Influencer mit seinen Fans umgeht und kommuniziert. Aus all diesen Informationen ergibt sich ein Gesamtbild, ein Gefühl, das Image.

       Jung, unvernünftig und erfolgreich

      Jeder Influencer ist erfolgreich – das zumindest ist das Bild, das vermittelt werden soll, vielleicht sogar vermittelt werden muss, um als Internetstar durchzugehen. Die Fans und Follower bewundern nämlich vorzugsweise erfolgreiche Menschen, die einen gewissen Glanz ausstrahlen. Sie fühlen sich geehrt, wenn der Star in den Sozialen Medien auf Kommentare persönlich antwortet und ihnen Beachtung schenkt.

      Da der Sniper immer an tollen Orten zu sehen ist und mit der Kamera versiert umzugehen weiß, schauen die Menschen zu ihm auf. Der Sniper verfügt also über Spezialkenntnisse. Das ist sein Alleinstellungsmerkmal, und das gibt ihm das Privileg, riskante, provokante und übertriebene Inhalte online zu stellen. Für den Sniper gilt: Quod licet Iovi, non licet bovi. (dt.: Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt).

      Der typische Sniper ist zwischen 22 und 33 Jahre alt, sportlich und in den meisten Fällen durchtrainiert. Der hübsche Body möchte natürlich in den Sozialen Medien gezeigt werden, also sind Hotspots in warmen Urlaubsländern ideal, und in den deutschen Sommermonaten darf es auch ein regionales Reiseziel sein.

      In Bayern gibt es beispielsweise den Königssee, der im Berchtesgadener Land liegt. Der Königssee ist ein beliebtes Reiseziel, weil das Panorama gigantisch ist. Das lockt natürlich auch die Influencer an, denn tolle Fotos am Königsbach-Wasserfall bringen ordentlich Likes. Im Juni 2020 reicht es dem Nationalpark Berchtesgaden allerdings und wehrt sich gegen die Instagram-Poser.

      Der Nationalpark spricht von „Selfie-Sucht in unserem Schutzgebiet“ mit dem Fazit: „Das kann doch nicht sein!“27 Warum reagiert der Nationalpark so verärgert? Weil im April 2019 zwei Männer aus Sachsen durch die Strömung und das starke Schmelzwasser ums Leben kamen. Natürlich reizt es den Sniper, sich dort fotografisch in Szene zu setzen, doch die drastische Reaktion des Nationalparks könnte einen erheblichen Imageschaden bedeuten. Nicht nur für den Influencer, sondern auch für die Stakeholder, die mit dem Sniper in einer geschäftlichen Beziehung stehen.

      Unvernünftige Aktionen in den Sozialen Medien kommen zwar nicht immer seriös rüber, das sollen sie im Übrigen auch gar nicht, sie stellen den Sniper aber als mutig dar. Der Sniper traut sich, Regeln zu brechen, und imponiert dadurch vor allem der jungen Generation. Dem Erfolg schadet das nicht, denn wer auf Plattformen wie Instagram auffällt, bindet Menschen an sich. Es gibt schließlich für alles und jeden einen Markt. Durchhaltevermögen zeichnet den Sniper aus, weshalb der Erfolg als Influencer langfristig ist.

      Das sollten Sie wissen!

      Ein Sniper, der zu Ihrem Unternehmen passt, ist ein zuverlässiger Partner, weil sein Erfolg in den Sozialen Medien keine Eintagsfliege ist. Die Aktionen des Snipers stellen jedoch eine risikobehaftete Variable dar, weil es jederzeit zu einem Imageschaden kommen kann. Der Sniper als Kooperationspartner eignet sich vor allem für Startup-Unternehmen, die es bunt und schrill mögen. Gemeinsamen mit dem Sniper bleiben Sie medial im Gespräch, und wer im Gespräch bleibt, gilt im Social-Media-Universum als bedeutsam!

      Sniper sind einerseits zuverlässige Geschäftspartner, die hochwertigen Content und eine starke Fanbase bieten, zeigen andererseits aber immer wieder sinusförmige Ausbrüche in Form von Aktionen, die einen Shitstorm auslösen können. Wichtig: Ein Shitstorm ist nicht immer schädlich, denn er ist eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Sind Ihre Produkte und Dienstleistungen hip, provokant und innovativ? Dann versuchen Sie die Kooperation mit dem Influencertyp Sniper.

      Überblick | prädominante Eigenschaften des Snipers

      imageselbstbewusst, entschlossen, von sich überzeugt

      imagetechnisch versiert, kreativ, (meistens) stilsicher

      imagereiselustig, mehrsprachig, überall auf der Welt zuhause

      imagerisikofreudig, mutig, pragmatisch

      imageeitel, wählerisch, opportunistisch

      imageanpassungsfähig, wandelbar, empathisch

      imagesportlich, fotogen, attraktiv

      imagedominant, setzt sich geschäftlich gerne durch

      imageprovokantes Auftreten, polarisiert gerne und steht dazu

      imageangeberisch, unnahbar, Tendenz zur Arroganz

      imagezeigt in den Sozialen Medien keine Schwächen

      imageVerhalten unberechenbar, Content von Dynamik geprägt

      imagewortkarg und reserviert in der geschäftlichen Kommunikation

      imageehrgeizig, deshalb beständiger und langfristiger Kooperationspartner

      imagedenkt ökonomisch und präferiert klare Zahlen und Fakten

      imagehat Gespür für Trends, ist ein wertvoller Ideengeber

       3.2Typischer Content in den Sozialen Medien

      Als zielsicherer Scharfschütze brilliert der Sniper natürlich in erster Linie mit schicken Bildern, hochauflösenden Videos und visuellem Storytelling. Der Sniper erzählt spannende Geschichten auch ohne viele Worte. Die Hashtags auf Instagram sind sparsam gesetzt. Hier mal ein #florida, dort mal ein #bellavita, das genügt dem Sniper! Seine Botschaft ist klar: Ich muss nicht viele Hashtags setzen, um in den Sozialen Medien gefunden zu werden!

      Den Fans und Followern gefällt das, denn sie fühlen sich privilegiert, dem Sniper virtuell folgen zu dürfen. Ihm gelingt es, sich als Spezialeinheit zu inszenieren. Alle anderen sind Fußsoldaten, der Sniper ist der King.

      Hochmut kommt vor dem Fall. Doch bis zum Fall ist es noch lange hin, davon ist der Sniper felsenfest überzeugt. Doch welcher Fels darf es heute sein? Da würde sich natürlich der Grand Canyon im Norden des US-Bundestaats