Die optische Kontrolle erfasst die Teilbereiche Krone, Stamm, Wurzeln und das Baumumfeld.
Klassische Schadensindizien sind im Sommer v. a. welkes Laub und absterbende dürre Äste. Zu achten ist generell auf Pilzbefall, Faullöcher an Ästen und am Stamm, Verfärbungen, äußere Verletzungen, schlechten Allgemeinzustand, ungünstige Stellung, v-förmige Zwiesel usw. Im Sommer können Bäume aufgrund von Hitze oder Wassermangel ein lichtes Kronenbild oder Kronenverfärbungen aufweisen. Die Ursache hierfür kann aber auch in größeren Baumaßnahmen mit Aufgrabungen im Wurzelbereich liegen. Der Stammfuß ist ebenfalls zu untersuchen, wobei ggf. Moos, abgestorbene Rinde und Gras zu entfernen sind. Hierfür bietet sich die Kontrolle im Sommer an, da dies im Winter bei geschlossener Schneedecke nicht durchführbar ist. Damit der Kontrolleur nichts übersieht, empfiehlt sich die Verwendung einer Checkliste, anhand derer die einzelnen relevanten Punkte abgearbeitet werden können (vgl. z. B. FLL-Baumkontrollrichtlinien Abschnitt 5.3.2.1, S. 24). Bei Bäumen an Straßen sind zudem die Freihaltung des Lichtraumprofils sowie die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen wichtig.
Weiteres Vorgehen
Werden bei der Regelkontrolle keine Anzeichen für eine Gefährdung durch den Baum festgestellt, besteht kein weiterer Handlungsbedarf. Wenn dagegen Schadensindizien vorhanden sind, muss festgelegt werden, was weiter zu veranlassen ist. Ist zweifelhaft, ob die erkannten Mängel die Verkehrssicherheit beeinträchtigen oder besteht eine Unsicherheit hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen, ist eine eingehende fachliche Untersuchung des Baums erforderlich. Diese weitergehenden Maßnahmen stellen die zweite Stufe der Baumkontrolle dar und müssen von eigenen oder externen, besonders qualifizierten Fachleuten (Baumpfleger, Baumsachverständige) durchgeführt werden. Unter Umständen reicht aber auch eine weitere Sichtkontrolle z. B. mittels Hubsteiger aus, um das Ausmaß des Schadens besser beurteilen zu können.
Die bei einer Sichtkontrolle erkannten Mängel (insb. Totholz) müssen je nach Gefährdungslage unverzüglich bzw. in einem angemessenen Zeitraum beseitigt werden.
Dokumentation der Kontrolle
Die Gemeinde hat in einer gerichtlichen Auseinandersetzung ggf. nachzuweisen, dass sie ihrer Verkehrssicherungspflicht inhaltlich und zeitlich nachgekommen ist. Es ist deshalb unabdingbar, dass der Baumkontrolleur die Kontrolle dokumentiert. Dies sollte schriftlich mit Unterschrift geschehen, vorzugsweise mit entsprechenden Formblättern (z. B. Musterkontrollblatt der FLL-Baumkontrollrichtlinien, S. 49 ff.). Alternativ können mobile Erfassungsgeräte (Handhelds) mit speziellen Erfassungsprogrammen verwendet werden. Hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der Dokumentation ist zu unterscheiden: Liegen keine Anzeichen für eine mangelnde Verkehrssicherheit vor, ist die Kontrolle in Form einer Negativkontrolle ohne Einzelbaumerfassung zulässig. Es reicht ein Festhalten des Begehungstermins sowie des Orts bzw. die Bezeichnung des kontrollierten Gebiets (z. B. Straßenname, Spielplatz, Schulgelände). In jedem Fall muss ersichtlich sein, wer die Kontrolle durchgeführt hat. Sind an einem Baum jedoch Maßnahmen zur Verkehrssicherheit erforderlich, müssen genauere Angaben erfolgen. Neben Termin und Standort (Baumnummer, soweit vorhanden) sind aufzunehmen: Ergebnis der Kontrolle (festgestellte Schäden), weiteres Vorgehen (erforderliche Maßnahmen, weiterer Untersuchungsbedarf), nächster Kontrollzeitpunkt (ggf. mit Hinweisen für zukünftige Kontrollen). Ergänzend können aufgenommen werden die Baumart, der Stammdurchmesser, die Vitalität und die Baumhöhe.
Der Kontrolleur muss im Rahmen seiner Dokumentation entsprechende Zeitvorgaben machen, bis wann die erforderlichen Maßnahmen (auch eingehende Untersuchungen) durchzuführen sind. Die Dringlichkeit der Maßnahmen kann z. B. in den Stufen sofort, innerhalb von zwei Wochen, innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb der nächsten zwei Jahre festgelegt werden.
Durch eine entsprechende Organisation beim Bauhof muss sichergestellt werden, dass die Aufschreibungen auch tatsächlich durchgeführte Kontrollen repräsentieren und nicht nur „Phantomüberprüfungen" darstellen. Der Vorgesetzte der Baumkontrolleure hat insoweit eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Dringend zu empfehlen sind Dienstanweisungen, aus denen sich insbesondere ergibt, wer für die Kontrolle zuständig ist, wie der Kontrollnachweis geführt wird, wie zu kontrollieren ist, wie oft (Kontrollzeitraum), welchen Umfang die Kontrolle haben muss und wer was wann zu tun hat, wenn Mängel festgestellt werden.
Bei vorgeschädigten Bäumen mit hohem Gefahrenpotenzial empfiehlt sich die Führung einer eigenen Risikoliste, um die Vornahme regelmäßiger Sonderüberprüfungen überwachen und ggf. auch nachweisen zu können. Hier kann auch ein Baumkataster gute Dienste leisten, in dem die Bäume, soweit sie Dritte gefährden können, erfasst sind. Anhand dieses Katasters können dann je nach Alter der Bäume, Verkehrsbedeutung des Standorts usw. das Gefährdungspotenzial eingeschätzt und die Intensität der Kontrollen festgelegt werden.
Methoden der Baumkontrolle
Die Regelkontrolle erfolgt generell als Sichtkontrolle. Im Rahmen dieser Sichtkontrolle findet vielfach die von Mattheck begründete VTA-Methode (Visual Tree Assessment = visuelle Baumbeurteilung oder qualifizierte Sichtkontrolle) Anwendung. Sie stellt vorrangig auf das mechanisch gesteuerte Wachstum der Bäume mit seinen natürlichen Gesetzmäßigkeiten ab und zeigt zudem, auf welche Weise die Bäume bemüht sind, ihre Schäden zu reparieren. Die Defektsymptome der Bäume, wie z. B. Fäule, Risse usw., werden dabei als Warnsignale in der Körpersprache der Bäume begriffen. Die Rechtsprechung hat z. T. ausdrücklich die VTA-Methode als sachgerechte Methode anerkannt. In der baumfachlichen Literatur gibt es allerdings auch Vorbehalte, vgl. Schulz AUR 2009, 394. Der in der Literatur ebenfalls bestehende Methodenstreit zwischen VTA-Methode und den Methoden mit Zugversuchen zur Standsicherheitsbestimmung (z. B. Elasto-, Inclino-Methode) wirkt sich in erster Linie auf der zweiten Stufe bei den eingehenden Untersuchungen aus.
Fachliche Kenntnisse eines Baumkontrolleurs {Baumkontrolleur}
Die Regelkontrolle durch Sichtprüfung erfordert entsprechend geschulte und praktisch eingearbeitete Kräfte, jedoch nicht den Einsatz von Holz-, Baum- oder Forstfachleuten. Der Baumkontrolleur muss aber zumindest über ausreichende Fachkenntnisse verfügen (z. B. bietet die FLL einen Lehrgang zum „FLL-zertifizierten Baumkontrolleur“ an), die er regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen hat. Er muss Schäden und Schadsymptome in der Krone, am Stamm und im Bodenbereich erkennen und beurteilen können, ob eine Verkehrsgefährdung gegeben ist. Zudem wird verlangt, dass er in der Lage ist, einen Pilzbefall z. B. durch den Brandkrustenpilz zu erkennen. Aktuelle Baumkrankheiten wie das Eschentriebsterben müssen ihm geläufig sein. Die insoweit notwendige Fortbildung hat der Vorgesetzte bzw. die Gemeinde als Arbeitgeber dem Baumkontrolleur zu ermöglichen.
Die konsequente Beachtung der obigen Ausführungen hilft, Verletzungen der Verkehrssicherungspflicht und damit zivilrechtliche und strafrechtliche Haftungsfälle zu vermeiden.
Beachtung des Natur- und Artenschutzes
Bei der Baumkontrolle bzw. -pflege sind die Regelungen des Natur- und Artenschutzes zu beachten. Naturschutzrechtliche Vorgaben können sich zunächst einmal aus kommunalen Baumschutzregelungen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG ergeben (Baumschutzsatzungen/-verordnungen). Zu beachten sind weiterhin die Anforderungen des allgemeinen Artenschutzes insbesondere nach § 39 BNatSchG. Gemäß § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, Bäume, die außerhalb des Walds, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 01.03. bis zum 30.09. abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen. Im Verbotszeitraum generell zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 BNatSchG).
Der Begriff „schonende Form- und Pflegeschnitte“ wird im Bundesnaturschutzgesetz nicht definiert. Hier setzt die ZTV-Baumpflege 2017 an und legt fest, dass bestimmte Maßnahmen (insbesondere Jungbaumpflege, Kronenpflege, Lichtraumprofilschnitt und Totholzentfernung) den „schonenden Form- und Pflegeschnitten“ i. S. d. § 39 BNatSchG zuzuordnen sind. Die Einkürzung von Teilen der Krone oder der gesamten Krone stellt dagegen eine sog. „stark eingreifende Schnittmaßnahme“ dar.
§ 39 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG führt zudem Ausnahmen von den Verboten des Satzes 1 Nr. 2 auf. Danach gelten die Verbote nicht für behördlich angeordnete Maßnahmen (Nr.